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Streiter für gewachsene Stadtquartiere

100 Jahre Hardt-Waltherr Gustav Hämer

Hardt-Waltherr Gustav Hämer wäre am 13. April dieses Jahres 100 Jahre alt geworden. Foto: lnge Zimmermann
Hardt-Waltherr Gustav Hämer wäre am 13. April dieses Jahres 100 Jahre alt geworden. Foto: lnge Zimmermann
Erschienen in Gazette Charlottenburg Mai 2022
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Wenn der neue Berliner Bausenator Andreas Geisel laut eigenem Bekunden den Wohnungsbau als das entscheidende Mittel erachtet für den so dringend benötigten sozialen Zusammenhalt der Hauptstadt, dann folgt er damit auch den Leitsätzen von Hardt-Waltherr (genannt Gustav) Hämer, der am 13. April 100 Jahre alt geworden wäre.

Behutsame Stadterneuerung

Hämer war in seinem langen Leben vieles. Er war Architekt – unter anderem baute er die Paderhalle in Paderborn und das Theater in Ingolstadt, Hochschullehrer an der damaligen HfbK- Hochschule für bildende Künste Berlin, er war der Retter des Studentendorfs Schlachtensee – vor allem anderen aber war er der Mitbegründer der behutsamen Stadterneuerung in Berlin. Denn Hämer wusste um die politische Dimension der Architektur und ihre Sozialverantwortung, er stritt erfolgreich für eine Fortschreibung der Stadt aus dem sozialen Bestand und eben auch aus den Erfahrungen der Menschen heraus. Nachdrücklich forderte er die Berliner Politik auf, Verantwortung zu übernehmen und wiedergutzumachen, was Kahlschlag, Leerstand und Spekulation, besonders in den Sechziger- und Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts, angerichtet hatten: die bedenkenlose Verdrängung von Bewohnerinnen und Bewohnern.

Lösungen für lebenswerte Quartiere

Gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern, mit Stadtteilaktivisten, Planerinnen und Planern machte sich Hämer an einen anderen Umgang mit der Stadt und an eine behutsame Weiterentwicklung historisch gewachsener Quartiere. Ohne sein engagiertes Streiten für die gewachsen Stadtquartiere würden heute so beliebte Wohnquartiere in Charlottenburg und Kreuzberg ein ganz anderes Gesicht zeigen. Er unterstützte die Mieterinitiative Sanierungsgebiet Klausenerplatz, die sich gegen Abriss und Vertreibung aus ihrem Kiez engagierte. Daran erinnert der Film „Menschen und Steine“. Als Co-Direktor der Internationalen Bauausstellung (I BA-Alt) hat er seinem Verständnis von Innenstadtentwicklung entsprechend neue Lösungen für lebenswerte Quartiere angeregt und eine Stabilisierung der Kiezgemeinschaften ermöglicht. Eine seiner letzten Wirkungsstätten war das Studentendorf Schlachtensee, zu dessen Rettung er seit 1998 maßgeblich beitrug. Am 27. September 2012 starb Hämer in Ahrenshoop.

Titelbild

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