Erschienen in Nikolassee & Schlachtensee Journal Juni/Juli 2022
Das Bekleidungsgeschäft von Stephan Siggel unweit des S-Bahnhof Schlachtensee steht für Trendfashion und Shoppingspaß, gleichzeitig aber beweist der Modeunternehmer ein großes Herz für die Kunst, begeistert „vom lebendigen Miteinander und von der Strahlkraft von Mode und Kunst“. So hat er 90 Quadratmeter der Ladenfläche und ein Schaufenster nun dem Kunstverein Schlachtensee e. V. zur Verfügung gestellt, im Alltag mit diesem neuen Treff und seinen Projekten die Menschen auf der Straße inspirierend anzusprechen und zu begeistern.
Eine wichtige Rolle bei diesem Format spielt das Ende vorigen Jahres zur „Berlin Black Box (B3)“ umgebaute, zur Altvaterstraße hin ausgerichtete Schaufenster, das eine duale und pandemiegerechte Aufführungspraxis zulässt: „Inside und out“ können Künstler und Zuschauer dabei agieren, schützend getrennt durch die Fensterscheibe. Mediale und reale Figuren begegnen einander interaktiv und in gleichzeitig mehreren audiovisuellen Ebenen.
„B3“ wird als Kooperationsprojekt des in Krefeld ansässigen und auch in Berlin agierenden Kunstvereins „Raumordnung – Gesellschaft für urbane Kunst und Gestaltung e. V.“ und des in Berlin gegründeten „Kunstverein Schlachtensee e. V.“ durch die DTHG (Deutsche Theatertechnische Gesellschaft e. V.) gefördert. Den Kunstverein Schlachtensee e. V. förderte die Berliner Volksbank Ende 2021 mit 3.500 Euro für dessen Gesamtvorhaben, das nach gelungenem Start nun weitere Ausstellungen, Installationen, Kunstvermittlungsprojekte und Performances vorsieht.
An der kunstvermittelnden Spitze des noch jungen Kunstverein Schlachtensee e. V. stehen die Bildende Künstlerin und Kuratorin Claudia Marx und ihr Mann, Medienkünstler und Projektkoordinator Manuel Schroeder. Und auch die Fraktion der Kunstfreunde ist mit Kunstsammler Reinhard Grasse an der Vereinsspitze hochrangig vertreten. Jährlich bis zu acht Ausstellungsprojekte plant der Verein. „In Kooperation mit regionalen und internationalen Institutionen und Künstler*innen sollen darin soziale und kulturelle Gegenwartsprozesse in Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Künsten realisiert werden “, erklärt Manuel Schroeder die Vereinsziele. Führungen, Filme, Symposien und Künstlergespräche begleiten die Projekte. Schroeder, studierter Schlagzeuger und aktiver Percussionist, bringt für den Verein wertvolle Erfahrung und ein umfangreiches Netzwerk aus seiner langjährigen Praxis unterschiedlicher Formate von Kunstpräsentationen und medialen Performances mit zeitgenössischem Schauspiel und Tanz mit. Als ausgebildeter Schriftsetzer und Reprofotograf fand Manuel Schroeder schnell Zugang zur Künstlerischen Fotografie und Videokunst, perfektionierte sich in Freiem Zeichnen und Malen. Einzel- und Gruppenausstellungen folgten ebenso wie Publikationen, Kunstwerke in privaten und öffentlichen Kunstsammlungen: Gründung und Leitung von regionalen und internationalen Kunst- und Kulturprojekten, Video- & Klanginstallationen in öffentlichen Räumen, crossmediale Projekte mit Performancekünstlern und Kunstvermittlung an Universitäten, Akademien und Schulen schufen dem vielseitigen Künstler interessante Arbeitsverbindungen, auch in Lettland und Belarus. An seiner „kreativen“ Seite steht die studierte Bekleidungstechnikerin Claudia Marx, die aus Modedesign und Produktentwicklung für Modelabels sowie aus ihrer eigenen künstlerischen Arbeit mit Schwerpunkt Collage das richtige Händchen für die Projektarbeit des Vereins und die Kunst mitbringt.
Unter ihrer inhaltlichen und konzeptionellen Gestaltung wollen die Beiden mit künstlerisch-kulturellen Programmen neue multifunktionale Präsentations- und Veranstaltungsorte in Berlin-Schlachtensee und der Berliner Umgebung erkunden. Möglichkeiten dürfte es da etliche geben; sie zu entdecken, ist eine spannende Herausforderung für die Vereinsmitglieder. „Wir wollen jungen Menschen dabei helfen, ein kulturelles und künstlerisches Bewusstsein zu entwickeln, egal aus welchem sozialen Umfeld sie kommen“, beschreibt Manuel Schroeder, der in seine Werke häufig die Vielfalt des Urbanen Lebens einfließen lässt, dieses wichtige Vereinsziel der Kunstvermittlung. Dazu seien Kreativräume und Symposien zu zeitgenössischen Themen im Kontext mit der zeitgenössischen Kunst zu schaffen.
Gelungenes Beispiel dafür ist ihre „Berliner Black Box“ in Schlachtensee, die als ausgewählte, ganz besondere Location Arbeitsplatz, Motivquelle und Ausstellungsfläche in einem verbindet – angepasst an äußere Umstände, wie sie die Pandemie geschaffen hat. Besser geeignet für eine Pop-Up-Gallery dürfte wohl kaum ein Ort sein, als dieser so wandelbare Raum inmitten von Mode, welche die Strahlkraft der Kunst unterstreicht, ohne dabei selbst an Bedeutung zu verlieren. Dabei bietet er beste Möglichkeiten für Gemäldehängung und Performance im Inneren, mit als Bühne nutzbarer Schaufensterfläche, durchdachter Technik und einer Außenfläche, die ungestörten Publikumsverkehr erlaubt, Menschen mit einbezieht und Künstler aktiv auf sie zugehen lässt – nicht zuletzt dank der verständnisvollen Vermieterin und des kunstverständigen Modeunternehmers. Vieles haben der Kunstverein Schlachtensee e. V. und sein Mäzen Stephan Siggel noch vor mit ihrem spannenden Kunstprojekt, das auch anderswo Schule machen könnte. – Wobei beide dieser vielversprechenden Verbindung von Mode und Kunst noch stärkere Projekt-Aufmerksamkeit schenken werden, beispielsweise mit profitänzerischen Mode-Präsentationen. Bereits sehr gut angenommen wurden die ersten Projekte, die auch weniger kunstaffine Menschen für die Kunst begeistern konnten. Sei es mit vom Innenraum des Modegeschäftes professionell nach außen produzierten Lesungen, Tanzperformances oder Ausstellungen und Lichtinstallationen.
Nach kurzer „Kunstpause“ ist „B3“ nun wieder täglich von 7.00 bis 0.00 Uhr „kunstbereit“ und lädt aktuell mit „Me.Reflections.“ des Malerei und Grafik integrierenden lettischen Künstlers Maris Cacka zum Stehenbleiben, Schauen und Begreifen – haptisch, die Sinne ansprechend und hin zu emotionaler Harmonie.
Weitere Informationen unter www.kunstvereinschlachtensee.com
Jacqueline Lorenz
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