Erschienen in Gazette Wilmersdorf Juni 2022
In dieser Jahreszeit spazieren wir gerne durch die Parks unserer Stadt, freuen uns am Vogelgesang und an spielenden Kindern. Doch umsurren uns dabei Wespe oder Fliege, hält sich die Begeisterung meist in Grenzen. – Zu Unrecht, meint Jan Olschewski, der mit seiner Kunst ein Statement für das Leben und die Kraft der Variation setzen und uns damit die Augen für die Schönheit und faszinierende Vielfalt der für die Natur so wichtigen Insektenwelt öffnen will.
Auf Spaziergängen mit seinen zwei kleinen Töchtern durch die Parks und Grünanlagen unserer Stadt hat der unweit des Dahlemer Erlenbusch wohnende Naturfreund meist Bilder seiner gemalten und gezeichneten Arbeiten in Postkarten- und Kleinformat bei sich, die er u. a. auf der Rundbank im Erlenbusch zum Mitnehmen auslegt oder gerahmt und mit rückstandsloser Klebetechnik fixiert in den Parks platziert. Sie sollen sein freundlicher Fingerzeig sein, diese faszinierende Tierwelt und deren Schutz stärker in unser alltägliches Bewusstsein einzubeziehen. Und auch der Regenwurm als „Nichtinsekt“ doch mindestens ebenso wichtiger Naturbewohner, bekommt da vom Künstler mit Pinsel, Stift oder Feder die Aufmerksamkeit, welche ihm zusteht. Meist sind die von Olschewski ausgelegten Karten und gerahmten Mini-Werke schnell vergriffen, und nicht selten melden sich einzelne „Finder“ bei dem Künstler – erstaunt, begeistert und dankbar zugleich.
Vom Menschen bis zur Fliege sei es gar nicht so weit, erklärt der gebürtige Niedersachse Jan Olschewski: Auf unserem Planeten entstehe einerseits der Homo sapiens, andererseits auch die Fliege: Beide unterschiedlich, in vielem gleich, auf jeden Fall aber ungeheuer faszinierend. In seinen vielfältigen und dabei fantastischen Arbeiten – sei es als Ölmalerei, Bild oder Grafik – ist immer auch ein Stück von ihm selbst zu finden: Optimist, Autodidakt und Artenschützer, Menschen- und Tierfreund Jan besitzt ein beträchtliches Maß philosophischen Denkens, mit dem er und seine Kunst dem Wandel und der Variation auf der Spur sind und ihr viel Aufmerksamkeit schenken. „Transmutations“ sind dabei der Leitgedanke seines künstlerischen Schaffens, das sowohl technische als auch inhaltliche Ebenen umfasst. Insekten sind für den Künstler Idealbeispiele für das Variative, für Entwicklung und Veränderung, und das sowohl im einzelnen Lebenszyklus als auch auf evolutionärer Ebene. Dies spiegelt sich in seiner „Art by Jan Olschewski“ wider, die eine spannungsgeladene Mutations-Spielfläche bietet zum Experimentieren, Ausloten und Entdecken, und die dem sinnstiftenden Prozess des Variierens viel Raum gibt.
Nicht von ungefähr kommt die Beschäftigung des Künstlers mit der Insektenwelt und seine Faszination für Variation: 1980 in Celle geboren und in Niedersachsen aufgewachsen, wurde Jan auf dem großväterlichen Bauernhof die Natur nähergebracht. Er erzählt: „Mein aus Masuren stammender Opa brachte mir am Beispiel der Kartoffelkäfer bei: Nur weil wir Menschen etwas gegen Schädlinge unternehmen, heißt das nicht, dass diese keinen Stellenwert auf der Welt haben.“ So erwachte bei dem Jungen schon früh das Verständnis für die eher ungeliebten Insekten und das Bewusstsein für diese faszinierende Tierwelt, der er als Künstler mithilfe seiner Werke nun zu mehr Respekt und Achtung verhelfen will. – Angesichts des dramatischen Rückgangs der Fluginsekten in den vergangenen 30 Jahren eine überaus wichtige Mission: Da ist die Wespe, die genauso wie die Biene ein wichtiger Nützling ist: Als Bestäuber und effiziente Schädlingsbekämpfer ebenso notwendig für ein ausgewogenes Ökosystem wie die Fliege, die mit ihrem rastlosen durchs Zimmer Schwirren zwar nerven kann, aber mit ihren Räumtrupps dafür sorgt, dass tote Lebewesen und Fäkalien nahezu rückstandslos beseitigt werden. Dabei dient sie außerdem als wichtige Nahrung für Spinnen, Fische und Vögel, und als nektar- und pollenfressende Schwebfliege der Bestäubung.
Damit sind die Insekten nicht weniger wichtig als der ebenfalls in Jans Arbeiten erwähnte Regenwurm, um dessen Wohl auch seine achtjährige Tochter stets besorgt ist; kann man sich doch keinen besseren Untermieter im Garten wünschen als ihn, der ganz freiwillig umgräbt und dabei den Boden belüftet, der Laub kompostiert und mit seinem nährstoffreichen Kot den Garten düngt.
Diese faszinierende Insektenwelt paart sich in Jan Olschewskis Kunst mit seiner Liebe zur Variation: Nach Abitur und Zivildienst folgten musikbetonte Jahre mit Dirigier- Klavier- und Musikpädagogikstudium, Engagements und Auftritten als freiberuflicher Künstler/Musiker u. a. mit Coral Society Dublin, NDR-Hannover, Oper Hannover und Polizeichor Hannover sowie die Künstlerische Leitung der Musik- und Kunstakademie Klosterschule Roßleben und eine Dozentenstelle für Dirigieren und Probentechnik. 2020 wurde Jan Olschewski Schulleiter der Musik- und Kunstschule Clara Schumann Brandenburg und ist nun seit 2021 pädagogisch unterwegs, indem er junge Künstler auf ihrem Weg zur Bühne begleitet. Aktuell pendelt er als Campusleiter des Rahnschulen Campus im Stift Neuzelle regelmäßig zwischen Neuzelle und Berlin-Steglitz, wo er mit seiner Familie lebt. Auch privat findet er immer wieder zur Musik zurück: Johann Sebastian Bachs intellektuelle Musik hat es ihm angetan, elektronische Musik wählt er als Kontrastprogramm. Den so faszinierenden Variantenreichtum der Musik hat er in seine Kunst übernommen. Das Ergebnis ist eine Vielfalt an begehrten Werken: Gemälde in klassischer Ölmalerei, fantastische Bilder farblich veränderter Digitalfotos und auch hier wieder variationsreiche Techniken, die oftmals die Insektenwelt mit diesem Ansatz verknüpfen und dem Betrachter zurufen „Oh Mensch, werde zum Getier!“
Zur Malerei fand Jan Olschewski als junger Teenager, brachte sich die verschiedenen Techniken selbst bei und erklärt heute: „Die Reise zu meiner Kunst, wie sie heute ist, war lang, nicht immer unsteinig und hatte viele Schleifen und Umwege. Auch ist sie gewissermaßen die Essenz all dessen, was ich auf diesem Weg aufgesammelt und erfahren habe und ist beeinflusst von eben so Vielem.
Besonders geprägt haben mich dabei vor allem u. a. die Musik, Faszination für Biologie, meine pädagogische Arbeit, das Vatersein und die damit verbundene Erkenntnis, wie stark die Kraft der Entwicklung ist.“
Und so wünscht sich der Musiker, Maler, Pädagoge und Insektenfürsprecher, dass zukünftig die Menschen im Erlenbusch und anderswo angeregt durch seine Arbeiten ihren krabbelnden, kriechenden und summenden Mitbewohnern mehr Aufmerksamkeit schenken und deren Stellenwert für die Natur besser erkennen.
Weitere Informationen zum Künstler und seinen Arbeiten unter www.janolschewski.de
Jacqueline Lorenz
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