Erschienen in Gazette Steglitz Juni 2022
Entspanntes Theatererleben nach Corona-beeinträchtigten Monaten ist endlich auch zurück im Schlosspark Theater, das gerade jetzt im Sommer mit seinem prächtig blühenden und neu gestalteten Garten zusätzlich sicheren Raum für Begegnungen bietet.
Vier Jahre nach „Monsieur Claude & seine Töchter -Teil 1“ geben sich Monsieur Claude (Peter Bause) und seine Frau Marie (Brigitte Grothum) als altbewährtes Bühnenehepaar mit ihrer Multikulti-Familie auf den Brettern des Steglitzer Traditionshauses wieder einmal die Ehre – diesmal mit dem zweiten Teil der nach dem gleichnamigen Film für die Bühne von Stefan Zimmermann adaptierten Komödie, welche die Auswanderungsüberlegungen der Kinder und Schwiegerkinder sowie die problematischen Hochzeitsvorbereitungen von Viviane Koffi (Robin Lynn Gooch) und ihrer Bräutigamin Nicola (Deborah Weigert) thematisiert.
– Und mit einem ganz besonderen Gast: Für die Rolle des André Koffi – Claudes Freund und Widerpart und Vivianes gestrenger Herr Vater – hat Hausherr Dieter Hallervorden den Entertainer und Sänger Roberto Blanco gewinnen können, der nun in diesem Stück auch an seinem 85. Geburtstag am 7. Juni auf der Bühne des Steglitzer Traditionshauses steht. An der Seite der von ihm hochgeschätzten Brigitte Grothum, mit der er bereits auf dem Kreuzfahrtschiff „MS Europa“ spielte.
Für Regisseur Philip Tiedemann und sein Team, das bereits im ersten Teil der Komödie um interkulturelle Toleranz und Familiengerangel erfolgreich für Bühne, Kostüm und Musik zuständig war, sind die Verneuils längst alte Bekannte, die man humorvoll in Szene zu setzen weiß. Die für so viele Darsteller eher kleine Drehbühne wird in allen Ebenen gut genutzt und lässt auch ohne großes Bühnenbild (über)rasche(nde) Szenenwechsel überzeugend zu. So reist man mit dem Ehepaar Verneuil wie mit einer bunten Laterna Magica im Zeitraffer durch die Länder ihrer Schwiegersöhne, musikalisch angeheizt und mit kleinen Gags amüsiert. Das 14-köpfige Schauspieler-Ensemble, von dem immerhin sieben Mitglieder Teil-1-Erfahrung mitbringen, lässt es nicht langweilig werden, nachdem leichte schauspielerische Anlaufschwierigkeiten in der ersten Hälfte des Stückes überwunden sind. So richtig los geht es dann nach der Pause: Flotte Sprüche und musikalische Gesangseinlagen, von temperamentvoll bis leise, wenn Viviane und Nicola sich verliebt anschmachten. Diese bunte Mischung ist es, die das Stück gerade in diesen Zeiten zu einem entspannenden Abendspaß werden lässt und für ein friedliches Zusammenleben ohne Vorurteile über Hautfarbe, Herkunft und Nationalität plädiert. Der rhythmische Applaus am Ende des Stückes beweist, dass es dem Publikum mindestens genauso viel Spaß macht wie dem Ensemble selbst.
Roberto Blanco, mit bald 85 Jahren noch immer berückend augenrollender Stimmungsgarant, ist vom Regisseur im Stück gezielt und geschickt platziert, so dass die anderen Ensemble-Mitglieder hinter seiner Präsenz nie zu stark zurückbleiben. Dabei beweist der vielseitige Künstler, dass ihm neben der Showbühne auch die Theaterbühne alles andere als fremd ist, bringt er doch einiges an Theatererfahrung aus seinem langen Bühnenleben mit: Roberto spielte u. a. in Baden-Baden, in der Schweiz und auf Theater-Tourneen. Auf der Steglitzer Bühne hält er nun mit unverwüstlichem Rhythmus und Temperament gut Schritt bei Gesang, Tanz und flotten Sprüchen, mit denen er hier und da sich und seine dunkle Hautfarbe auf die Schippe nimmt. – Denn die war noch nie sein Problem, sondern eher „sein Glück“, um die ihn sogar Vico Torriani beneidet habe, wie Roberto gerne mit einem Augenzwinkern erzählt: „Meine Hautfarbe war meine beste Public Relation mit hohem Wiedererkennungswert.“ „Ob schwarz, ob weiß“ hieß demzufolge auch sein erster Gesangstitel im Jahr 1957. Unzählige Plattenerfolge, Filmrollen und eigene Shows reihten sich für den in klassischer Musik ausgebildeten, doch für jeden Musikstil offenen Sänger aneinander. Der gebürtige Tunesier mit kubanischen Wurzeln, der seine Karriere bei Josephine Baker startete, wuchs in Beirut und Madrid auf und sagt von sich: „Ich brauche die Sonne, das spanische Essen und die Sprache.“ So lebt Roberto Blanco mit seiner kubanischen Frau Luzandra, die über ein ähnlich showaffines Bauchgefühl verfügt wie er und mit der er seit acht Jahren verheiratet ist, abwechselnd in der Schweiz und in Spanien. Viel ist er herumgekommen und musste, nicht zuletzt aus beruflichen Gründen, häufig umziehen. Der kommende 7. Juni 2022 ist nun ein guter Grund für den so viel Freundlichkeit und Ausgeglichenheit ausstrahlenden Künstler, Resümee zu ziehen: „Ich habe die beste Zeit des deutschen Showbusiness erleben dürfen“, umschreibt er seine Dankbarkeit für das Erreichte. „Dabei habe ich hart gearbeitet und bin nie gesponsert worden. Weil das Publikum mich will, konnte ich meinen Erfolg Stück für Stück auf- und ausbauen.“ An diese „beste Zeit“, die für eine Fernseh-Show noch eine ganze Proben-Woche ansetzte und die Künstler während dieser Tage wie eine Familie zusammenwachsen ließ, erinnert sich Roberto aber auch mit Wehmut angesichts der Tatsache, dass dieses Business heute deutlich schnelllebiger geworden ist, mit stetem Blick auf niedrige Kosten. Einschaltquoten mit 17 und mehr Millionen Zuschauern, wie Roberto sie bei seinen regelmäßigen Abend-Shows gewohnt war, sind heute illusorisch.
Im Garten des Schlosspark Theaters erzählt der Künstler aus seinem Showleben. Mit seiner Frau kann er während seines derzeitigen Engagements in Steglitz die Einliegerwohnung über dem Theater nutzen. Schnelle Wege zur Probe und die Einkaufsmeile direkt vor der Tür, und bis zu den Freunden aus jahrzehntelangem Showgeschäft in die ParisBar ist es auch nicht zu weit – eine bequeme Unterbringung also für Roberto und seine Luzandra, die er als „ein Geschenk Gottes“ bezeichnet. Sie kommt wenig später zum Gespräch dazu, hat schnell noch die für Robertos Frühstück unverzichtbaren Orangen in der Schloßstraße besorgt: Berlin finden beide herrlich grün, wollen gerne, wenn es ihre Zeit erlaubt, noch mehr vom Umland kennenlernen. „Zum Einkaufen nimmt mich meine Frau nicht gerne mit, weil sie gerade in Corona-Zeiten vermeiden will, dass mir meine Fans bei Selfies zu nahe kommen und mich infizieren könnten“, erklärt Roberto die Sorge seiner jüngeren Frau um ihn. Dass sie voll hinter ihm steht, in geschäftlichen wie privaten Dingen, ist unübersehbar. Sie managet ihren Mann, macht seine Verträge, ist stets in seiner Reichweite, auch wenn er ihr an manchen Erfahrungen um einige Jahre voraus ist. Roberto erklärt dazu: „Erfahrung kann man nicht kaufen, man muss sie sammeln. Wir ergänzen uns und bauen uns gegenseitig auf.“
Wie es kommt, dass er mit fast 85 Jahren noch so energiegeladen ist? Robertos Antwort: „Mein Vater ist ja auch über 90 geworden. Außerdem höre ich immer auf meinen Körper. Wenn da irgendetwas nicht in Ordnung ist, lasse ich nachschauen.“ – Wenn ein Auto klappert, gehe man ja schließlich auch zur Werkstatt zum Nachsehen. Und dann ist da der Sport: Tennis ist bis heute Robertos Lieblingssport, den er immer intensiv betrieb, dabei sogar mit Steffie Graf spielte und bei allen großen Turnieren in erster Reihe saß. – Und da ist eben diese Zufriedenheit, mit der er sagt: „Ich habe doch alles erreicht: Galas, Shows, Erfolg, habe viel gesehen. Was sollte ich mir noch wünschen außer Gesundheit?“ Und dann ist da wieder dieses spitzbübische Lächeln: „Toll wäre es allerdings, wenn an einem der Showpaläste in Las Vegas ein Plakat mit der Aufschrift hänge: Las Vegas präsentiert Roberto Blanco – und quer darüber stände Ausverkauft.“ Doch da dies wohl bis zum 85. Geburtstag kaum noch klappen dürfte, hat Roberto Blanco, der über 60 Jahre im Showgeschäft ist, für seine Fans und sich rechtzeitig ein ganz besonderes Geschenk parat:
Einen Tag vor seinem Geburtstag erscheint am 6. Juni 2022 seine neue Doppel-CD, die den aussagekräftigen Titel „Jetzt erst recht“ trägt. Das Doppel-Album wurde in Los Angeles aufgenommen, stimmt auch nachdenkliche Töne an. Zwei Jahre hatte sich der Sänger dafür im Tonstudio Zeit genommen, denn: „Das Album sollte etwas ganz Besonderes werden.“ Man hat also noch einiges von dem Entertainer zu erwarten, der mit seiner am 20. Mai erschienenen Single musikalisch verkündet: „Also ich würds wieder tun.“
Jacqueline Lorenz
„Monsieur Claude & seine Töchter – Teil 2“ wird im Schlosspark Theater bis zum 19. Juni 2022 gespielt. Weitere Informationen unter www.schlossparktheater.de
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