Erschienen in Gazette Charlottenburg Juli 2022
In dreieinhalbjähriger Bauzeit haben die Berliner Wasserbetriebe das neue Abwasserhauptpumpwerk Charlottenburg fertiggestellt. Außerdem hat das neue Werk auch einen 7.000 Kubikmeter großen Abwasser-Zwischenspeicher bekommen, der bei Starkregen Überläufe in die Spree vermeidet. Mit Inbetriebnahme der neuen Anlage ging auch das letzte personell besetzte Pumpwerk vom Netz. Die Berliner Wasserbetriebe steuern und überwachen nun alle 163 Berliner Abwasserpumpwerke vollautomatisch.
Das neue Pumpwerk an der Sophie-Charlotten-Straße wurde auf einem Grundstück des früheren Güterbahnhofs Charlottenburg errichtet. Nachdem das direkt gegenüber gelegene Altwerk in der Einlaufphase des neuen noch als Rückfallmöglichkeit erhalten blieb, geht der Betrieb jetzt endgültig auf die neue, vollautomatische Anlage über.
„Das neue Werk beendet in unserem Haus nach 146 Jahren die Ära der personell besetzten Abwasserpumpwerke in Berlin, komplettiert unser Abwasser-Steuerungssystem LISA und schützt mit seinem Speicher die Spree bei Starkregen“, so Frank Bruckmann, Vorstandschef der Berliner Wasserbetriebe.
Der Neubau war in mehrfacher Hinsicht technisch herausfordernd: So liegt der Saugraum des Werks, in dem das Schmutz- und Regenwasser aus der Kanalisation zusammenfließt, 14 Meter unter Gelände und damit tief im Grundwasser, dessen Spiegel die benachbarte Spree markiert. Für den reibungslosen Übergang vom alten auf das neue Werk, das mit seinen sechs Pumpen bis zu 900 Liter pro Sekunde vorzugsweise ins Klärwerk Ruhleben fördern kann, mussten zahlreiche Leitungen von Trinkwasser bis Gas um- und neu verlegt werden. Das betraf Kanäle und Rohre mit Durchmessern zwischen einem und 2,40 Meter. Dabei haben die Wasserbetriebe auch den vorhandenen, 2,40 Meter mächtigen Abwasserkanal erneuert und um 45 Meter verlängert, damit er als Stauraumkanal genutzt werden kann. Die Gesamtinvestition in die neuen Anlagen inklusive des Stauraums und der erneuerten Leitungen im Umfeld betrug rund 60 Mio. Euro und blieb damit unterhalb der veranschlagten 68 Mio. Euro.
Das Einzugsgebiet des zweitgrößten der 163 Berliner Abwasserpumpwerke – das größte steht im benachbarten Wilmersdorf – bildet mit fast 110.000 Einwohnern im Prinzip eine Großstadt für sich. Als das Altwerk vor 132 Jahren erstmals unter Dampf stand, war das auch so: Damals galt die Stadt Charlottenburg als reiche Schwester des östlicher gelegenen Berlins, die damals zumindest in weiten Teilen schon Entwässerungskomfort besaß.
Der jetzt stillgelegte Altbau, der einst mit graziler Backsteinarchitektur nebst sakralen Bleiglasfenstern geglänzt hatte, war bis Anfang der 2000er-Jahre immer wieder umgebaut und mit neuer Technik versehen worden. Auffällig ist, dass seine Pumpen viel flacher unter dem Bodenniveau stehen, als die im Neuwerk. Denn mit den Bauten hat auch das Prinzip gewechselt – vom Ansaugbetrieb (alt, flach) auf den Zulauf im Gefälle (tief, neu).
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