Gazette Verbrauchermagazin

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Die als Glücksboten geltenden Vögel benötigen unsere Hilfe

Rauchschwalben. Foto: Susanne Edele / Pixabay
Rauchschwalben. Foto: Susanne Edele / Pixabay
Erschienen in Gazette Wilmersdorf Juli 2022
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Schwalben mögen die Nähe zum Menschen, und alle Jahre wieder freuen wir uns über die erste Schwalbe als Vorbotin des nahen Sommers. Doch die fleißigen Insektenfresser haben es heute nicht leicht, geeignete Nistmöglichkeiten zu finden.

Innerhalb der letzten 30 Jahre hat sich die Zahl der Rauch- und Mehlschwalben halbiert. Deshalb heißt es, sich auch in Großstädten wie Berlin dafür einzusetzen, dass sie schwalbenfreundlicher werden.

Kaum jemand weiß, dass die Rauchschwalbe ein ausgesprochener „Indoor-Brüter“ ist, während die Mehlschwalbe als „Outdoor-Brüter“ gilt. Ihnen eine artgerechte Umgebung und Unterstützung anbieten zu können, bedarf es aber eines gewissen Grundwissens über diese Flugkünstler, die alljährlich zweimal einen gefahrvollen und anstrengenden Weg auf sich nehmen, wenn sie die bis zu 13.000 Kilometer von Südafrika nach Deutschland und zurück absolvieren. Und längst nicht alle kommen wohlbehalten an, viele Gefahren lauern auf der Reise. Dass die gefiederten Gäste während ihres Aufenthalts bei uns eine gute Zeit haben und sie nach all den Strapazen nicht auch noch erfolglos nach einer artgerechten Unterkunft suchen müssen, dazu soll dieser Artikel beitragen.

Outdoor- und Indoor-Schwalben willkommen

Innenbrütende Rauchschwalben sind in den noch ländlichen Bereichen der Stadt eher in Ställen von Reitanlagen oder Gartenscheunen, aber auch in geschlossenen Carports und Garagen anzutreffen. Eindrucksvoll sind sie mit ihrem rötlichen Gesicht, dem gegabelten Schwanz, hellbeigen Bauch und dem blauschwarz glänzenden Rückengefieder. Häufiger zu sehen bekommt der Städter jedoch die kleinere Mehlschwalbe, die mit schneeweißem Bäuchlein und tiefbefederten Beinen etwas später zurückkehrt und sich wettergeschützt an rauen Außenfassaden unter Dachvorsprüngen und in Balkonnischen wohlfühlt. – Beiden Schwalbenarten diesen durch Offenstallhaltung und glatt-sanierte Fassaden selten gewordenen Wohn- und Brutkomfort zu bieten, ist der Mensch gefragt. Dafür setzt sich auch der Naturschutzbund NABU ein, bei dem sich jeder Schwalbenfreund, der diesen Vögeln eine Nistmöglichkeit bietet, unter www.bit.ly/3OfYd7s um die Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“ bewerben kann.

Haben die Vögel durch das in den vergangenen Jahren stark zurückgegangene Insektenangebot doch einen eh schon beschwerlichen Schwalbenalltag zu meistern, wird der häufig auch noch dadurch erschwert, dass sich Landwirte behördlich verpflichtet fühlen, Rauchschwalbennester aus „Futtermittelhygiene-Gründen“ aus ihren Ställen zu entfernen und den Vögeln den Zugang zu verschließen. Unwissende Hausbesitzer aber zerstören nicht selten aus Angst vor Verschmutzung die außenliegenden Nester der Mehlschwalben.

Doch wie der NABU erklärt, bedrohen Schwalbenansiedlungen weder die Gesundheit noch die Lebensmittelsicherheit. Vielmehr sind die Nester der kleinen Koloniebrüter geschützt und dürfen grundsätzlich nicht beschädigt beziehungsweise abgeschlagen werden. Auch der Zugang zu den bestehenden und genutzten Nestern darf nicht durch Netze versperrt werden. Nach Paragraph 41 des Bundesnaturschutzgesetzes ist das Abschlagen oder Zerstören der Nester sogar ausdrücklich verboten.

Die Verschmutzung der Hausfassade durch die Vögel lässt sich leicht vermeiden: Mit der Montage eines Brettes an der richtigen Stelle wird der Kot aufgefangen und damit nicht mehr zum Ärgernis für Hausbewohner und -besitzer.

Rauchschwalben ohne Wohnungsnot

Einen fachkundiger Schwalben-Ratgeber weiß der NABU hinter sich: Klaus Janke, seit seiner Jugend aktiver Schwalbenfreund und –schützer, setzt sich auch noch in fortgeschrittenem Alter weit über seine Bayerische Heimat in Finning am Ammersee hinaus für diese faszinierenden Vögel ein und freut sich, wenn seine Tipps und neue Nisthilfen – Schwalbenwinkel, die er zum Selbstkostenpreis herstellt und versendet – oder die Bauanleitungen dazu auf Interesse stoßen und angenommen werden. Jankes Schwalbenwinkel ist aus sägerauem Holz, nach vorne offen mit Dach, Seitenwänden und Boden. In modernen Ställen fehlen meist geeignete Nistplatzflächen für Rauchschwalben, außerdem haftet das Nistmaterial nicht an glatten Wänden. In Jankes Nisthilfe als geschütztem Brutraum können die Rauchschwalben ihr Nest ganz nach „eigenem Geschmack“ einrichten. – Fehlt es an geeignetem Nistmaterial, kann im Winkel eine angepasste Nistschale eingesetzt werden.

Spezielle, gut konzipierte Kunstnester – meist Doppelnester – zur Unterstützung der außenbrütenden Mehlschwalben sind u. a. in Baumärkten und im Tierbedarf-Fachhandel sowie beim NABU erhältlich.

Für eine erfolgreiche Familienplanung

Zusätzlich Tipps vom Fachmann für den Schwalbenschutz in der Praxis sind, Einflugöffnungen und Zugang zum Stall oder zur Garage zu gewähren, horizontal Leinen im Raum als Ansitz zu spannen sowie Lehmpfützen für den Nestbau anzulegen und feucht zu halten. Denn die Nester von Schwalben werden aus mit Speichel versehenen Lehmklümpchen, in die Tierhaare und Pflanzenhalme eingearbeitet sind, kunstvoll angelegt. Offene, feuchte Bodenstellen sind daher unverzichtbar für Schwalben, um das notwendige Nistmaterial beschaffen zu können, doch nicht zuletzt durch zunehmende Bodenversiegelung und übertriebene Ordnungsliebe in Gärten immer seltener geworden. Schnell kann vom Menschen dem entgegnet und eine Lehmlacke gegraben werden, die keiner großen Betreuung bedarf. Sind potentielle Nistplätze <300 Meter von der Lacke entfernt vorhanden, nutzen sowohl Rauch- als auch Mehlschwalben dieses Angebot gerne. Eine möglichst katzensicher angelegte ca. 1,5 x 1,5 Meter große Lehmlacke in Hof oder Garten sollte „Weitblick“ erlauben und während der gesamten Brutperiode (April – Juli) feucht gehalten werden. Liegt sie beim Auslass einer Regenrinne, ist dies ideal. Als Untergrund eignet sich fest gestampfter Boden oder mit einer Schicht lehmiger Erde bedeckte Teichfolie. Und wenn dann im direkten Umfeld auch noch heimische Wildblumen den Insektenteller und damit auch den Teller der Schwalben reich decken, ist das Paradies perfekt. Bestenfalls legen die Schwalben dann zweimal jährlich vier bis sechs Eier, die jeweils zwei Wochen bebrütet werden. Sind die Küken geschlüpft, ist es für die Schwalbeneltern vorbei mit der Ruhe: Dann geht´s für sie auf unermüdliche Insektenjagd nach Mücke & Co. Rund 1,3 Kilo dieser proteinreichen Nahrung vertilgen die Jungen, bis sie nach ca. drei Wochen flügge sind. Ende September flieht die Schwalbenschar dann vor unserer ungemütlichen Jahreszeit und startet gen Süden.

Zufriedene Schwalben – bis zu 16 Jahre alt können sie werden – kehren im nächsten Jahr wieder zurück und bringen uns neues Glück.

Kontakt und Informationen zu Klaus Jankes Schwalbenwinkel unter likla.janke@gmx.de

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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