Erschienen in Wannsee Journal August/September 2022
Fahren auf einem Stück Geschichte – die Königstraße in Wannsee gilt als Teil einer der ersten modernen Chausseen im Raum Potsdam/Berlin. Den Bau der „Berlin-Potsdamer Chaussee“ hatte der preußische Könige Friedrich Wilhelm II. angeordnet. Die bequeme Reise über schlesische „Kunststraßen“ hatte ihn überzeugt. Sichtbares Zeugnis aus alter Zeit ist der Meilenstein gegenüber dem Rathaus Wannsee, auf dem angegeben wird, dass die Reisenden noch drei preußische Meilen (ca. 22,5 km) bis Berlin – die Meile „Null“ befand sich am Leipziger Tor am damaligen Dönhoffplatz – zurückzulegen haben.
Auf der 1792 angelegten Königstraße ging es hoch hinaus. Auf der Route musste der Schäferberg überwunden werden. Für Reisende stellte Stimmings Krug einen Vorspann zur Verfügung. Dabei wurde ein Pferdegespann des Gastwirts vor die Pferde an der Kutsche bzw. dem Fuhrwerk gespannt. So wurde den Pferden der Gäste die Anstrengung am Anstieg erleichtert. Die Passage am Schäferberg wurde im Jahr 1934 abgeflacht. Im gleichen Jahr wurden hier vier Männer erschossen – John Scheer, Erich Steinfurth, Rudolf Schwarz und Eugen Schönhaar. Alle drei leisteten Widerstand gegen das Nazi-Regime, deshalb ließ die Gestapo sie ermorden. Ein Gedenkstein an der Königstraße erinnert an die vier Männer.
Bis zur Entstehung der Villenkolonien an den Ufern des Wannsees gegen Ende des 19. Jahrhunderts war das Gelände zwischen der Glienicker Brücke und Zehlendorf weitgehend unbebaut. Nahe der 1791 – 1793 erbauten Brücke (Wannseebrücke) zwischen dem Kleinen und Großen Wannsee befand sich jedoch Stimmings Krug. Ursprünglich war das Gasthaus im Ort Stolpe. Da der alte Königsweg mit seinen Sandaufschüttungen in moorigen Senken für Fuhrleute mit beladenen Wagen schwer zu befahren war, nutzen diese einen fast parallel verlaufenden Weg. Der verlief über den Ort Stolpe und die Fuhrleute waren eine wichtige Einnahmequelle für den Wirt. Diese fiel mit dem Bau der Königstraße weg. Johann Friedrich Stimming wehrte sich und erreichte, dass der König Geld für eine Verlegung des Krugs an die Königstraße zahlte.
1811 geriet der Krug über die Region hinaus in die Schlagzeilen. Heinrich von Kleist und Henriette Vogel hatten ihn als letztes Quartier gewählt. Der Dichter erschoss seine Freundin und sich selbst am gegenüberliegenden Ufer des Kleinen Wannsees. Ihr Grab befindet sich in der Bismarckstraße. Hinter der S-Bahn-Brücke endet die Königstraße: Am Stahnsdorfer Damm wird sie zur Potsdamer Chaussee.
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