Erschienen in Lankwitz Journal Oktober/November 2018
Es war ein Berliner Vorzeigeprojekt und galt als das modernste Krankenhaus Europas: Das Klinikum Steglitz, heute als Campus Benjamin Franklin Teil der Charité, wird 50 Jahre alt. Seine Geschichte begann mit der Gründung der Freien Universität im Jahr 1948. Im Westteil Berlins gab es kein Universitätsklinikum mehr. Die Ausbildung der Medizinstudenten fand in unterschiedlichen Krankenhäusern statt. Praktischer und sinnvoller war natürlich ein eigenes Krankenhaus. Der Bau des Komplexes wurde 1958 beschlossen. Hilfe kam auch von den US-Alliierten: Willy Brandt, damals Regierender Bürgermeister von Berlin, hatte sich mit der Bitte um Hilfe beim Bau eines Krankenhauses an das Außenministerium in Washington gewandt. In der Wissenschaftlerin und Diplomatin Eleanor Dulles, Schwester des damaligen US-Außenministers John Foster Dulles fand Berlin eine prominente und engagierte Unterstützerin. Die Krankenhäuser in den USA waren für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich und so übernahm das Architekturbüro Curtis & Davis, New Orleans, die Bauplanung. Der Grundstein für das neue medizinische Lehrzentrum Berlins wurde am 21. Oktober 1959 gelegt.
Die Erbauer entschieden sich für die Stahlskelettbauweise. Sie meisterten die Aufgabe, ca. 1 300 Patientenbetten, 40 Pflegeeinheiten und 18 medizinische Abteilungen in der neuen Klinik unterzubringen. Die miteinander verbundenen Gebäude beherbergen über 7000 Zimmer. Außerdem gab es Nebengebäude wie das Schwesternwohnheim, die Schwesternschule, das Wirtschafts- und das Kesselhaus. Eine Besonderheit in der Fassade des Behandlungsbaus sind die durchbrochenen Sonnenschutzelemente, in der Architektur Brisesoleil genannt. Diese Fassadengestaltung schlägt einen Boden zu amerikanischen Botschaftsbauten jener Zeit, deren Fassade diese Elemente ebenfalls aufwies.
Das Klinikum Steglitz wurde am 9. Oktober 1968 eingeweiht. Ein großes Ereignis in Berlin. So schreibt der Journalist Bernhard Meyer über diesen Anlass: „Nach einer 11-jährigen Planungs- und Bauphase rüstete West-Berlin in den Oktobertagen 1968 zur Einweihung des ersten Großklinikums der Bundesrepublik Deutschland. Mit 160 000 m² Fläche, 1 350 Planbetten und Kapazitäten für ca. 35 000 Patienten im Jahr sollte in Berlin das modernste Krankenhaus Europas übergeben werden. Ein derartiges Ereignis stand dem Senat vor der Weltöffentlichkeit gegenüber Ost-Berlin und den aufbegehrenden 68er Studenten ausgezeichnet zu Gesicht. Und so kommt die politische Prominenz, um der Weihe dieses Gebäudes besonderen Glanz zu verleihen. Es erscheinen der Botschafter der USA in Deutschland Henry Cabot Lodge (1902-1985), der aus diesem Anlass die Garantieerklärung der Amerikaner für die Sicherheit und Freiheit West-Berlins erneuert; Bundesgesundheitsministerin Käte Strobel (1907-1996) eilt aus Bonn herbei, anwesend sind auch Leon Chatelain, der Vorsitzende der amerikanischen Benjamin-Franklin-Stiftung, und der Regierende Bürgermeister Klaus Schütz. Das traditionelle Banddurchschneiden erleben Tausende Berliner vor dem Klinikum.“
Anfang 1969 behandelte man hier die ersten Patienten, das Krankenhaus war auf eine Kapazität von jährlich 35 000 Patienten ausgelegt. Auch die Studierenden durchliefen eine modernere Ausbildung. Anstatt – wie früher üblich – die Patienten in Hörsäle zu verfrachten, bezogen die Professoren die Studierenden während der Visite in die Behandlungen ein. Das Klinikum Steglitz wurde schnell zu einer festen Größe in der Berliner Krankenhauslandschaft.
1994 bekam das Klinikum Steglitz die Bezeichnung Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF), um an die tragende Rolle der Amerikaner zu erinnern. 2003 wurde das Klinikum Teil der Charité und wurde in Campus Benjamin Franklin (CBF) umgetauft. Der Gebäudekomplex des UKBF steht seit 2012 unter Denkmalschutz.
Der Campus Benjamin Franklin mal anders: Anlässlich des Jubiläums lädt die Institution zum Life Science Day. Hierbei werden die ärztlichen Kompetenzen und die Leistungsfähigkeit der Universitätsklinik für das Publikum gut verständlich dargestellt. Bei einem Doctor’s Slam, ähnlich einem Science Slam, treten die Mediziner in einen Wettstreit, bei dem das Publikum den Sieger kürt. Der Life Science Day findet von 9.30 bis 16.30 Uhr im Hörsaal West statt. Eingang Hindenburgdamm 30.
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