Gazette Verbrauchermagazin

Von den Rieselfeldern zum Versuchsklärwerk

Die Geschichte der Kanalisation in Zehlendorf

Erschienen in Gazette Zehlendorf Mai 2020
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Kanalisationsdeckel in der Machnower Straße.
Kanalisationsdeckel in der Machnower Straße.

Die Geschichte der Kanalisation in Zehlendorf begann genau genommen in Wilmersdorf. Die „Wilmersdorfer Blätter“ schrieben im Jahr 1907: „Als die Gemeinde Wilmersdorf sich anschickte, in die Reihe derjenigen Vororte von Berlin einzutreten, welche ihre Abwässer selbständig beseitigen und reinigen, erging es ihr wie dem Poeten bei Erschaffung der Welt: Die Welt war weggegeben, d. h. in einigermaßen annehmbarer Entfernung von Wilmersdorf war geeignetes und genügend großes Rieselland nicht mehr zu haben. Auf wiederholte Insertionen liefen überhaupt nur zwei Angebote für Rieselfelder ein, die beide wegen ungenügender Größe und Mangel an Erweiterungsfähigkeit abgelehnt werden mussten. Dagegen war die Anzahl der angebotenen kleineren Komplexe, die zu Kläranlagen ausreichten, mit 42 Angeboten über Erwarten groß.“

Klärwerk als Devisenbringer

So reiften im Rathaus von Wilmersdorf die Pläne für eine Kläranlage mit biologischen Tropfkörper, die im fernen Stahnsdorf errichtet werden sollte. Der Weg, den die Kanalisation dorthin nehmen sollte, führte jedoch über das Gebiet von Schmargendorf, Zehlendorf und Teltow, deren Abwässer im Zuge des Neubaus der Kanalisation ebenfalls in Richtung Stahnsdorf flossen. Die für damalige Zeiten hochmoderne Anlage wurde am 1. September 1906 feierlich eröffnet. Zwischen 1914 und 1917 musste die Anlage auf die doppelte Größe ausgebaut werden. Doch 1923 war Schluss mit dem Betrieb. Die Inflation kam und die Kläranlage wurde abgebaut.

Zeitweise wurden die Abwässer ungereinigt auf die Rieselfelder geleitet. Das änderte sich, als 1931 in Stahnsdorf das damals größte Klärwerk Europas in Betrieb genommen wurde. Es war als Versuchsklärwerk geplant, mit dem Erfahrungen für den Bau weiterer Großklärwerke gesammelt werden sollten. Hier wurden unterschiedliche Technologien erprobt. Ein Teil des Wassers wurde biologisch gereinigt, der Rest lediglich vorgereinigt und anschließend auf die Rieselfelder geleitet. Das Klärwerk ist nach wie vor in Betrieb und reinigt auch die Abwässer des Berliner Südens, die Rieselfelder werden heute nicht mehr genutzt. Allerdings nagt der Zahn der Zeit an der Anlage. Deshalb wird aktuell neu geplant. Ob „nur“ saniert wird oder komplett neu gebaut, ist noch nicht entschieden.

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