Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf September 2022
Vielgenutzt – auch durch nächtliche Partys – und gestresst durch die Trockenheit – den öffentlichen Parks und Grünanlagen geht es nicht gut. Sind Schließungen ein geeignetes Mittel zur Lärm- und Müllvermeidung oder bilden sie einen Anreiz zur Verlagerung? Im Folgenden nehmen die Fraktionen der BVV zu diesem Thema Stellung.
Unsere baumgesäumten Grünflächen, schattigen Schmuckplätze und gestalteten Parks beeinflussen den Stadtraum positiv, sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere, wirken positiv auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Weil attraktive Grünflächen in der Stadt so wichtig sind, dürfen sie nicht zu sehr belastet werden. Das Ordnungsamt unterstützt hier, damit alle sich wohlfühlen können.
Zusätzlich rückt die Stabstelle für Bildung und Nachhaltige Entwicklung (SBNE) die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele stärker in die öffentliche Aufmerksamkeit. Das scheint bitter nötig, konstatiert selbst der Human Development Report eine immer weiter zunehmende Entfremdung, gerade der Stadtbevölkerung, von der Natur. Umso wichtiger ist es, unsere Naturbeziehung und die Interaktion mit grünen Erholungsräumen zu fördern. Deshalb setzen wir uns für mehr Grünflächen ein und wollen u. a., dass Teile der alten Bahnflächen zu einem Westkreuzpark gestaltet werden.
Sibylle Centgraf
Die Pflanzen in unseren Parks haben diesen Sommer mit vielen Belastungen zu kämpfen. Infolge der Pandemie und der hohen Temperaturen findet viel Leben draußen statt. Picknicks, Partys und Spaziergänge bedeuten viele Schuhsohlen, Decken, Bälle und Müll auf den Rasenflächen. Diese intensive Nutzung und die extreme Dürre führen dazu, dass sich die Pflanzen kaum erholen können. Das Ergebnis: gelber, ausgetrockneter Rasen und zugemüllte Beete. Prinzipiell ist es gut, dass die Berliner:innen ihre Parks so gerne nutzen. Öffentliche Grünflächen sind dafür da, genutzt zu werden. Schließungen von Grünflächen müssen unter allen Umständen vermieden werden und können nur als allerletztes Mittel der Notwehr dienen, wenn das Ökosystem kippt. Als Mittel der sozialen Kontrolle sind sie ungeeignet, da Menschen so in andere öffentliche Räume gedrängt werden, die für Aufenthalts- und Freizeitzwecke ungeeignet sind. Wir brauchen stattdessen Lösungen, die unsere Parks auch unter harten Bedingungen dauerhaft nutzbar machen. Dazu gehört mehr Personal für die BSR und die Parkpflege, größere und intelligenter platzierte Mülleimer, effiziente Bewässerungskonzepte und auch kreative Lösungen, wie Pfandsysteme für Kartons der angrenzenden Gastronomien.
Nico Kaufmann
Die Schließung von öffentlichen Parks, so wie sie vor Kurzem am Savignyplatz vorgenommen worden ist, kann und darf keine dauerhafte Lösung für die Vermeidung von Müll und Lärm sein. Die öffentlichen Grünflächen in Charlottenburg-Wilmersdorf sind wichtige öffentliche Räume der Begegnung und dienen den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Besucherinnen und Besuchern zur Erholung und zum Verweilen, sodass ihre Verfügbarkeit zwingend erforderlich ist. Ziel muss es sein, dass die Berliner Bürgergesellschaft die Parks respektvoll und in einem rücksichtsvollen Miteinander nutzt. Um dies sicherzustellen, muss die Präsenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Ordnungsämtern und Polizei in der Stadt verstetigt und die Anzahl der Müllbehälter (und deren Leerung) erhöht werden. Auch setzen wir uns für mehr Parkläufer ein. Vielfach hat die Vermüllung der öffentlichen Grünanlagen auch mit der Übernutzung eben dieser Flächen zu tun. Wir als CDU-Fraktion sind der Meinung, dass neben dem dringend notwendigen Wohnungs- und Schulneubau Bezirke und der Berliner Senat auch weitere Grünflächen schaffen müssen, damit es in einem wachsenden Berlin ausreichend Platz im Grünen für alle gibt und es keinen Anreiz zur Verlagerung gibt.
Susanne Zels
Ohne Frage haben sich seit Beginn der Pandemie berlinweit viele Unternehmungen ins Freie verlagert. Dass diese Entwicklung unschöne Begleiterscheinungen bis hin zu kriminellen Handlungen mit sich bringt, konnten wir in den letzten Monaten z. B. an der Übernutzung des Savignyplatzes erkennen. Fraglich ist jedoch, ob Einzäunungen wie am Savignyplatz, Alkoholverbote oder zeitlich begrenzte Parkschließung, insbesondere zu Nachtzeiten, diese Probleme lösen können. Entgegen der Meinung der Innensenatorin Spranger und des bezirklichen Stadtrats für Umwelt, Grünflächen und Naturschutz Oliver Schruoffeneger (Grüne) spricht sich die FDP-Fraktion gegen diese Überlegungen aus. Denn öffentliche Parks müssen zu allen Zeiten und für alle Bürger öffentliche Orte bleiben. Bei nächtlichen Schließungen von Parkanlagen ist davon auszugehen, dass sich die bestehenden Probleme lediglich verlagern. Die dort verweilenden Gruppen werden in benachbarte Wohngebiete weiterziehen und an geeigneten und auch ungeeigneten Stellen weiterfeiern. Effektiver wären neben einem durchdachten Müll- und Lärmkonzept, insbesondere eine engmaschige Überprüfung und Durchsetzung der bereits bestehenden Verordnungen und Gesetze durch Ordnungsamt und Polizei.
Stefanie Beckers
Grünflächen sind wegen der fortschreitenden Klimakatastrophe gefährdet, die dauerhafte Trockenheit macht der Natur zu schaffen. Jegliche Nutzung durch den Menschen erhöht diesen Druck auf die Grünflächen. Die Schließung von Parks sollte aber nicht das erste Mittel der Wahl sein und darf nur dann veranlasst werden, wenn tatsächlich hohe Übernutzung vorhanden ist und Grünflächen zerstört werden – wie z. B. erst jüngst der Savignyplatz.
Jedoch müssen langfristige Maßnahmen ergriffen werden, die dem Schutz der Grünflächen dienen und zugleich den Menschen dieser Stadt die Möglichkeit bieten, sich auf nicht-kommerziellen öffentlichen Flächen aufzuhalten. Denn nicht jede:r von uns hat das Glück, über eine eigene Terrasse oder einen Kleingarten zu verfügen und auch nicht alle können sich ein Getränk im Biergarten leisten. Daher fordert die Linksfraktion ein wirksames Abfallkonzept und künstlerische Maßnahmen zur Sensibilisierung der Nutzer:innen zu den Folgen von liegengelassenem Abfall, um eine Vermüllung und Übernutzung zu vermeiden. Wir brauchen mehr öffentliche Grünflächen für alle Bewohner:innen dieser Stadt – Parkplätze müssen endlich entsiegelt und der öffentliche Raum menschengerecht verteilt werden!
Frederike-Sophie Gronde-Brunner
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2023