Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Mai 2018
„Similia similibus curentur“ ist der zentrale Leitspruch der Homöopathie, als deren Geburtsstunde das Jahr 1796 angenommen wird. Demnach soll Ähnliches durch Ähnliches geheilt werden, zurückgehend auf den Arzt und Chemiker Dr. med. habil. Samuel Hahnemann (1755-1843). Er baute das Ähnlichkeitsprinzip grundlegend aus, erprobte es klinisch und praktizierte es selbst. Als DAS wichtige Standardwerk für homöopathische Therapeuten gilt das 1810 von ihm veröffentlichte „Organon der Heilkunst“.
Heute wird der Homöopathie weltweit wieder große Beachtung geschenkt. Extreme Verdünnungen, basierend auf natürlichen Stoffen, kennzeichnen homöopathische Medikamente. Diesen sogenannten Potenzen stehen chemischen Präparaten der Schulmedizin gegenüber. Eine homöopathische Therapie wird von Patienten vielfach als ungefährlich eingestuft, weil die Homöopathie insgesamt als natürliche Medizin wahrgenommen wird.
Die Homöopathie polarisiert. Für die einen ist es “Quacksalberei“, für die anderen die letzte Hoffnung, wenn die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt. Aktuellen Zahlen nach schließen nur rund 12 Prozent der Deutschen die Verwendung homöopathischer Arzneimittel kategorisch aus.
Hahnemanns Prinzip bezieht die individuellen Krankheitszeichen und Persönlichkeitsmerkmale des Patienten in die Auswahl der verwendeten Arzneimittel ein. Für die Behandlung eines kranken Menschen wird ein Arzneistoff gesucht, der beim gesunden Menschen eine ähnliche Symptomatik hervorruft, wie beim Kranken beobachtet. Eine „natürliche Krankheit“ wird also gleichsam von einer künstlichen „ähnlichen Krankheit“ überlagert, wodurch die Selbstheilungskräfte des Organismus angestoßen werden sollen. Hahnemann verwendete pflanzliche, tierische, mineralische und chemische Arzneien in den zur damaligen Zeit üblichen Gran-Dosen (1 Gran = 0,06 Gramm).
Bei der richtigen Arzneimittelwahl stellte Hahnemann zunächst häufig eine Verschlechterung der Krankheitssymptomatik vor der angestrebten Heilungswirkung fest. Um diese „Erstverschlimmerung“ so gering wie möglich zu halten, verringerte Hahnemann die Dosen seiner homöopathischen Arzneimittel bei flüssigen Stoffen durch stufenweises „Verschütteln“ mit Alkohol im Verhältnis 1 : 100 oder durch „Verreibung“ mit Milchzucker im gleichen Verhältnis bei festen Substanzen. Doch die Wirksamkeit der Arzneimittel nahm mit zunehmender Verdünnung zu. Er bezeichnete sie daher später wegen ihrer kraftvollen Wirkung als Potenzen. Während Hahnemann selbst Verdünnungen im Verhältnis 1 : 50.000 beschrieb, wurde später besonders in Deutschland eine Verdünnung in Zehnerschritten üblich.
Dr. med. Eugen Kröner gehört wohl zu den bedeutendsten deutschen Homöopathen des 19. Jahrhunderts. Er wurde am 11. April 1861 in Idar (heutiges Idar-Oberstein) geboren und starb am 13. Mai 1917 in Kniebis.
Zunächst studierte er in Tübingen Philosophie und Theologie. Mit der von ihm eingereichten Doktorarbeit „Thomas Hobbes, die Lehre vom Menschen“ schloss er 1885 seine Studien mit einem Dr. phil. mit Auszeichnung ab. Noch im gleichen Jahr heiratete er Sophie Elisabeth Jäger, deren Vater Gustav für Eugen Kröner bereits eine Hochschulkarriere als Dozent für Psychophysiologie plante. Nach dem Studium ging er nach Berlin, um noch Medizin zu studieren. Während seines zweiten Studiums schrieb er das Buch „Das körperliche Gefühl. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Geistes“. Dies zweite Studium schloss er 1890 – ebenfalls erfolgreich – mit seiner Doktorarbeit „Die Folie à deux“ ab. Später versuchte er seine Habilitationsschrift auch an der Leipziger Universität einzureichen, was jedoch abgelehnt wurde. – Zu weit von der Schulmedizin entfernt waren seine innovativen Ideen aus Sicht der damaligen Zeit. Karl Eugen Kröner glaubte fest an die Wirkung seiner Heilmethoden und ließ sich daher 1891 als Homöopath in Potsdam nieder. Ein stetig wachsender Patientenstamm sprach für seinen Ansatz. Kröner zeigte großes Engagement in mehreren homöopathischen Vereinen und war zudem Mitglied der „Deutschen homöopathischen Arzneimittellehre“. Während seiner Zeit als Vorsitzender des „Berliner Vereins Homöopathische Ärzte“ gründete er 1903 zusammen mit Walter Grosse den „Homöopathischen Zentralverlag“ in Berlin, der ab 1936 Karl F. Haug Verlag hieß, und veröffentlichte mit Friedrich Gisevius 1911 das dreiteilige „Handbuch der homöopathischen Heillehre“. Von 1915 bis zu seinem Tod leitete Kröner das „Berliner homöopathische Krankenhaus“, die Wieseke-Stiftung.
Als aufstrebende Metropole der Kaiserzeit zeigte Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts kein besonderes Interesse an einem homöopathischen Krankenhaus. Der Magistrat der Stadt Berlin lehnte sowohl das Testament Wiesekes als auch die zahlreichen Gesuche des „Berliner Vereins Homöopathischer Ärzte“ ab. Als Kompromiss wurde ein homöopathisches Krankenhaus in Lichterfelde realisiert, wofür der Verein im damaligen Groß-Lichterfelde ein Grundstück an der Carstennstraße erwarb und der Verein als Körperschaft und zugleich als Bauherr auftrat. Dabei war die Wieseke-Stiftung, zur Freude des Architekten Theodor Thöns, der liquide Hauptfinanzier. Architekt Thöns legte viel Wert auf den Repräsentationscharakter der vom Grundriss her dreiflügelig geplanten Anlage mit dekorativ-neobarocker Fassadengestaltung, die eher einem Schloss ähnelte. Geschweifte Giebel, Halbsäulen, Pilaster und sogar ein Turmaufbau rundeten das imposante Bild ab. Besonders sehenswert sind zwei weibliche Relief-Figuren im direkten Eingangsbereich, die einen Äskulapstab und eine Schlange halten – visualisiert als harmonische Verbindung von Schulmedizin und homöopathischer Medizin.
Die „homöopathische Heil- und Lehranstalt“ öffnete am 19. April 1904. Sie erfüllte alle Kriterien der modernen Krankenhausmedizin. Die Belegung der Krankenzimmer mit maximal vier Betten war für die damalige Zeit überaus progressiv. Zur Vor- und Nachbehandlung standen Therapieformen mit Licht, Luft, Diätik und Bewegung im Zentrum. Wirtschaftliche Gründe zwangen die Klinikbetreiber noch vor dem Ersten Weltkrieg zur Schließung. Nach kurzem Leerstand wurde die Immobilie im September 1918 an den „Gräfin Rittberg Schwestern Verein“ verkauft. Als zentrales Krankenhaus wurde es nun mit eigener Ausbildungsstätte für die Krankenpflege genutzt. Zu Ehren der Gründerin, Gräfin Hedwig von Rittberg, wurde das homöopathische Krankenhaus zum Rittberg-Krankenhaus umbenannt.
Anlässlich des Todes von Dr. med. Eugen Kröner 1917 wurde in der Eisen- und Bildgießerei Noack in Berlin-Friedenau eine stilvolle Reliefplakette gefertigt. Der Entwurf der 13,3 cm großen Plakette stammt von Georg Sassnick, der sich vorrangig im Genre der deutschen Landschafts- und Portraitmalerei verdient machte. Mit nur 63 Jahren verstarb er am 26. Januar 1922 in Potsdam. Seine Arbeiten sind heute gefragte Artefakte in vielen Auktionshäusern und gelten als solide Wertanlage.
Einen persönlichen Eindruck von der fein gearbeiteten Plakette kann man sich im Schul- und Stadtteilmuseum an der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin-Friedenau verschaffen.
Die Schule freut sich auf Besucher!
Bauwe/Lo
Schul- und Stadtteilmuseum der Friedrich-Bergius-Schule
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