Erschienen in Nikolassee & Schlachtensee Journal Dezember/Januar 2022
Ein kühler Wintermorgen – die Bäume kahl, die Blumenrabatten leer und die Springbrunnen leer. Es ist ruhig rund um den Mexikoplatz. Der Platz, den der Spaziergänger jetzt im dicken Mantel überquert, lädt in der warmen Jahreszeit mit blühenden Blumen und sprudelnden Springbrunnen zum Verweilen ein. Aber auch im Winter hat der Mexikoplatz einiges zu bieten: Inhabergeführte Geschäfte und Restaurants, der samstägliche Wochenmarkt und der mehrmals im Jahr stattfindende Kunsthandwerkliche Markt beleben die Gegend. Im Advent lädt der Kunsthandwerkliche Weihnachtsmarkt jeden Adventssonntag von 11 bis 18 Uhr rund um den Bahnhof Mexikoplatz viele Besucher zum Stöbern und Entdecken ein.
Zu der Vorstellung, dass vor etwas mehr als 100 Jahren die märkische Kiefer der Hauptbewohner der Gegend war, gehört heute schon einige Fantasie. Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte die 1904 gegründete Zehlendorf-West-Terrain-Aktiengesellschaft (ZWTA), an der mit Fürst Guido Henckel von Donnersmarck einer der reichsten Männer Preußens beteiligt war, 400 Morgen Land.
Die Bahn, wichtig für den Erfolg der Erschließung, überquerte das Gebiet zwar schon, hielt aber nicht. Der Bahnhof wurde gebaut: Das Jugendstilgebäude des Bahnhofs ist einer der Blickfänge des Platzes. Es wurde nach Entwürfen des Architektenbüros Hart & Lesser erbaut. Ab 1904 hielt hier die Wannseebahn. Der Mexikoplatz war anfangs „nur“ ein prachtvoller, namenloser Bahnhofsvorplatz. Der Bahnhof hieß zu dieser Zeit „Zehlendorf-Beerenstraße“ und ab 1911 „Zehlendorf-West“. 1958 bekam er die Bezeichnung „Lindenthaler Allee“ und seit 1987 heißt er „Mexikoplatz“.
Die ZWTA scheute weder Kosten noch Mühe – das Gebiet, das aus sandigem, märkischen Waldboden und sumpfigen Niederungen bestand, wurde erschlossen. Unter Federführung der Aktiengesellschaft wurde ein elegantes Wohngebiet entwickelt, das sich bis heute nur wenig verändert hat. Die Ansiedlung von Industrie wurde für das Areal von Anfang an ausgeschlossen.
Die in den 1960er-Jahren stark verbreiterte Argentinische Allee – früher Grunewaldallee – veränderte das Gesicht des Platzes, der 1959 den Namen Mexikoplatz erhielt. Damals wurden die Springbrunnen abgebaut, Blumenrabatten wurden entfernt und ein Umrunden des Platzes war nicht mehr möglich. Erst zur 750-Jahrfeier Berlins im Jahr 1987 bekam der Mexikoplatz sein ursprüngliches Gesicht zurück. Unter Federführung des Zehlendorfer Architekten Rupert Stuhlemmer wurde der Platz in Anlehnung an alte Pläne umfassend umgestaltet. Springbrunnen und Blumenrabatten wurden neu gebaut und angelegt. Auch die alte Ausstattung rund um den Platz wurde nachgefertigt. So sind die schmiedeeisernen Gitter und die Kandelaber jünger als sie aussehen. Dank des Engagements des Architekten, der das Bild des Platzes zudem mit alten Telefonzellen und der Litfaßsäule aufwertete, wurde der Mexikoplatz wieder zu einem der schönsten Plätze Berlins. Die umliegenden Jugendstilhäuser mit ihren gepflegten Fassaden ergänzen das schöne Bild.
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