Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Januar 2023
Die künftige Aufteilung des öffentlichen Parkraums – ein schwieriges Thema, bei dem die Meinungen auseinander gehen. Im Folgenden nehmen die Fraktionen der BVV zu diesem Thema Stellung.
Um Radfahrenden und Fußgänger*innen zu helfen, müssen neue Methoden der Platzaufteilung im öffentlichen Raum gefunden werden. Bisher nehmen Pkw-Parkplätze einen großen Teil des nur begrenzt vorhandenen öffentlichen Raums ein. Bürgersteige dienen dem Fußverkehr und nicht dem Abstellen von Fahr-, Lastenrädern und E-Rollern. Die bundesweit gültige Straßenverkehrsordnung erlaubte schon immer das Abstellen von diesen Fahrzeugen auf Parkplätzen am Fahrbahnrand. Damit diese Parkplätze nun auch von Lastenrädern oder E-Rollern genutzt werden, begrüßen wir, dass der Berliner Senat ab 2023 keine Parkgebühren mehr für diese klimafreundlichen Kleinfahrzeuge auf Parkplätzen erhebt. Dies hilft, die engen Gehwege in unserem Bezirk von E-Rollern & Co. zu befreien, und erspart Fußgänger*innen und mobilitätseingeschränkten Personen Hindernisse auf ihren Wegen. Zusätzlich ist es wichtig, dass mehr Fahrradbügel und feste Abstellflächen für E-Roller auf Parkplätzen geschaffen werden, wie am Gierkeplatz, wo neue Fahrradbügel mit Querungshilfen für Fußgänger*innen geschaffen wurden, die somit die Sichtbeziehungen im Kreuzungsbereich verbessern.
Corinna Balkow/Jakob Zimmer
In der Innenstadt wächst die Konkurrenz um die knappen Parkplätze. Die Nachfrage steigt durch Pkw-Berufspendler aus dem Umland und auch gebietsfremde Lieferwagen, die kostenlos in Wohngebieten geparkt werden, verschärfen den Mangel. Wir fordern ein Parkraummanagement. Vorrang für die SPD hat der Schutz der Parkmöglichkeiten der Anwohner:innen zur Vermeidung von Parksuchverkehr. Die Parkraumbewirtschaftung soll dazu beitragen, dass mehr Pendler:innen den Umweltverbund nutzen, ggf. in Kombination mit P&R. Die Parkraumbewirtschaftung in Kombination mit Anwohnerparkplätzen dämpft den Quell- und Zielverkehr um über 20 Prozent. In Gebieten mit hohem Parkdruck ist es wichtig, dass knappe Parkplätze auch von Elektroscootern und Leihfahrrädern freigehalten werden. Wir sind daher für eine stationsgebundene Ausleihung mit Rückgabepflicht und Abstellverbotszonen, wie es in Köln erfolgreich praktiziert wird. Die Anwohner:innen sollten ihre privaten Fahrräder lieber diebstahlsicher in Innenhöfen oder in Radräumen in ihrem Haus aufbewahren. Hier ist ein Förderprogramm für Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungseigentümer wichtig.
Dr. Jürgen Murach
Rad an Rad, oder wie der Senat die Mobilitätswende weiter anheizt! So könnte man das sehen. Ja und so agiert dieser Senat – mehr im Gegen- als im Miteinander. Der Zoff ist groß. Darüber, dass künftig Fahrräder auf Autoparkplätzen abgestellt werden dürfen. Dabei sind Pkw-Stellplätze knapp, werden durch Maßnahmen weiter zurückgedrängt. Ordnungsämter und Polizei müssen dieses Vorgehen ausbaden. Der öffentliche Nahverkehr muss gestärkt, die Fußgänger und Radfahrer geschützt und der Individualverkehr vernünftig organisiert werden. Motorroller, Motorräder, Leih- und Lastenräder, Pedelecs oder Fahrräder – an manchen Stellen müssen Fußgänger Schlangenlinien laufen. Dass die Verkehrsmittel auf der Straße stehen dürfen, ist aber nicht neu. Jedoch müssen alle Verkehrsteilnehmer platzsparend parken. Mit dem Ratschlag der Verkehrssenatorin von den Grünen ist das so jedoch nicht möglich. Wir setzen uns daher für Lösungen ein und wollen das Miteinander stärken. Im Bezirk gibt es ein Fahrradabstellkonzept, welches wir im Dialog begleiten. Wir haben uns auch für die Verlängerung der Fußgängerzone in der Wilmersdorfer Straße eingesetzt. Wir freuen uns darauf, den Bezirk vernünftig zu organisieren.
Karsten Sell
Das Abstellen von Fahrrädern am Fahrbahnrand war schon immer grundsätzlich zulässig. Was nun geändert wurde, ist, dass diese in der Parkraumbewirtschaftung keine Gebühren zahlen müssen. Dass diese Änderung im praktischen Leben keinen Unterschied macht, lässt sich leicht herleiten. Fahrradfahrer, die keinen Parkschein gezogen haben, konnten gar nicht belangt werden, allein schon aufgrund des fehlenden Kennzeichens. Ein Knöllchen an der Fahrradklingel hat bestimmt auch noch nie jemand gesehen. Das Ärgerliche an der Geschichte ist eigentlich, dass der Senat erneut explizit eine Schikane gegen Autofahrer versucht. Der Wunsch der Blockade von möglichst vielen Parkplätzen ist zu erkennen. Die Konsequenzen dieser Politik sehen wir täglich im Straßenland. Die Menschen fahren mangels adäquater Alternativen trotzdem mit dem Auto und parken an den kreativsten Stellen. In manchen Straßen steht alle vier Meter ein Fahrzeug in zweiter Reihe. Dies führt zu hochgefährlichen Situationen, auch für Radfahrer und ist Symptom der senatsseitigen Verkehrspolitik des Gegeneinanders.
Tobias Bergmann
Parken von Zweirädern auf Parkplätzen – viel Lärm um nichts. Schon immer dürfen Motorräder, Roller, Fahrräder und E-Scooter dort geparkt werden, gemäß der bundesweit geltenden StVO. Ab 1. Januar 2023 entfallen lediglich die (theoretisch) anfallenden Gebühren für diese Fahrzeuge auf kostenpflichtigen Parkplätzen. Das ist die einzige Neuerung, die der Senat ankündigte. Mehrwert der Debatte? All diese Fahrzeuge gehören nicht auf den Gehweg, da sie Fußgänger:innen den Weg versperren. Deswegen ist aus linker Sicht klar: Parkplätze müssen für alle Fortbewegungsmittel zugänglich sein. Angesichts der Klimakatastrophe muss der Autoverkehr in der Stadt drastisch reduziert werden. Dazu trägt auch eine Reduzierung kostenloser Abstellmöglichkeiten für Autos bei. Als Linksfraktion haben wir daher eine Entsiegelung von Parkplätzen für mehr Stadtgrün und Platz für Fußgänger:innen auf den Weg gebracht. Fahrradbügel gehören auf Parkplätze und nicht auf den Gehweg. Weniger Asphalt ist gut für uns alle, Fahrzeuge gehören auf die Straße – egal ob zwei oder vier Räder.
Frederike-Sophie Gronde-Brunner
Ein beliebtes Hassobjekt von Grün-Rot ist der Autoverkehr. Autofahrer werden drangsaliert, wo es nur geht. Nun auch mit der Propagierung des neuen Parkplatzkonzepts. Konflikte, um die knappen Parkplätze sind programmiert. Verkehrsteilnehmer werden gegeneinander ausgespielt. Auch hier spaltet man die Gesellschaft. Hauptsache, dem Autofahrer geht es an den Kragen. Dabei gibt es immer mehr Autos in Berlin: Zwischen 2010 und 2021 stieg die Zahl um 15 Prozent. Die Politik des Senats missachtet die Interessen der Bürger, die auf das Auto nicht verzichten können oder wollen. Die Grüne Verkehrssenatorin Jarasch fährt gerne Fahrrad. Aber nur zum Fototermin. Hundert Meter um die Ecke wartet die Dienstlimousine, die sie für ihre Arbeit benötigt. Das gilt für Millionen Berliner jedoch auch. Den Grünen nur Heuchelei zu unterstellen, wäre Grünen-Verharmlosung. Es geht ihnen nicht um die Nöte und Wünsche der Menschen, sondern um die Betonierung ihrer Ideologie. Wir stehen für die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer. Das darf nicht die sukzessive Verdrängung der PKWs bedeuten.
Martin C. T. Kohler
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