Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf März 2017
Seit geraumer Zeit plant der Senat auf dem Gelände eines Pflegeheims in Lankwitz den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge. Für dieses Vorhaben wurde beim Bezirksamt die Fällung zahlreicher Bäume auf dem Grundstück beantragt. Gegen den Umfang der Beseitigung des Baumbestandes regte sich nach Bekanntwerden der Pläne Widerstand sowohl von Seiten einer Bürgerinitiative als auch aus der BVV und dem Bezirksamt. Die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung nehmen zum aktuellen Sachstand zu diesem Vorhaben Stellung..
Wir kritisieren das Festhalten der SPD-geführten Senatsverwaltungen an den bisherigen Planungen in den Leonorengärten. Die geringen Zugeständnisse gegenüber Anwohnern und Bezirk stellen keinen tragfähigen Kompromiss dar. Die CDU-Fraktion befürwortet weiterhin den Abriss der auf dem Gelände stehenden Ruinen um den vorhandenen Baumbestand weitestgehend zu erhalten. Die SPD-geführten Senatsverwaltungen haben zu lange berechtigte Anliegen der Anwohner abgeblockt, um nunmehr ihre Planungen mit dem drohenden Verzug und dem möglichem Scheitern zu begründen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass genau dies von Anfang an beabsichtigt war. Unstrittig ist, dass der Abriss von bestehenden Gebäuden oder deren Integration in die Planung einen höheren Aufwand und höhere Kosten verursachen. Die Planungen für die Gebäude sind jedoch für die nächsten 80 Jahre angelegt, so dass erheblich mehr Sorgfalt und Auseinandersetzung mit den Begebenheiten vor Ort zu Beginn des Planungsprozesses verlangt werden kann. Wir werden versuchen, noch im Rahmen der Bauausführung Korrekturen herbeizuführen; obwohl wir wissen, dass dies ein schwieriges Unterfangen wird.
Jens Kronhagel
Sozialdemokraten unterstützen seit über 130 Jahren Flüchtlinge, also Menschen, die ihr Heimatland verlassen haben, weil sie dort z.B. wegen ihrer Religion, Nationalität oder als Angehörige einer bestimmten sozialen Gruppe, verfolgt worden sind. Der Schutz von Flüchtlingen ist ein grundgesetzliches Menschenrecht. Dazu gehört auch ihre menschenwürdige und dauerhafte Unterbringung. An Turnhallen wurde dabei nicht gedacht. Sie sind dafür auch nicht geeignet. Deshalb unterstützen wir den Senat dabei, zügig Flüchtlingsunterkünfte auf dem Privatgrundstück von VIVANTES zu errichten. Weil es das schwarz/grün dominierte Bezirksamt in den vergangenen Jahren versäumt hat, geeignete Grundstücke zu benennen, rangiert der Bezirk bei der Unterbringung von Geflüchteten an drittletzter Stelle in Berlin. Jede Änderung der aktuellen Bauplanung würde zu großen Verzögerungen führen. Angesichts der aktuellen Situation ist das unzumutbar: Auch wenn wir aus guten Gründen für den Baum- und Denkmalschutz oder die Pflege von Erinnerungskultur einstehen – in diesem Fall hat die Sorge für die Geflüchteten für uns Vorrang.
Volker Semler
Die Landesplanung zur Flüchtlingsunterkunft modularer Bauweise (MUF) an der Leonorenstraße stieß bei der Nachbarschaft und auch bei uns Grünen aufgrund der vielen Baumfällungen auf Protest. Der Bezirk schlug daher zunächst vor, die Bauten nicht im Park und Wald, sondern anstelle von ungenutzten Gebäuden zu errichten. Doch das Trafohaus wird genutzt und der Abriss würde die Bebauung erheblich verzögern.
Deshalb hat das Stadtplanungsamt eine andere Bebauung mit weniger Baumfällungen erarbeitet. Dieses wurde vom Senat so übernommen und daraufhin hat das Naturschutzamt den Baumfällungen im Park zugestimmt.
Wir Bündnisgrüne begrüßen, dass durch das Eingreifen des Bezirks nun weit weniger Bäume gefällt werden. Der dennoch erhebliche Eingriff in Natur und Kulturgeschichte fällt uns schwer, ist aber buchstäblich notwendig. Denn seit mehr als vierzehn Monaten leben geflüchtete Menschen in Turnhallen im Bezirk. Diese Zustände sind immer schwerer erträglich.
Kompromisse sind für unser soziales Zusammenleben aber unentbehrlich - das gilt auch und erst recht für politisches Handeln. Wir stehen zu der Verantwortung, den Menschen in Not zu helfen.
Carsten Berger
Holzt Berliner Polit-Filz den Leonorenpark ab? Am 26.1. vormittags berichtet der Tagesspiegel-Online, dass Bezirksstadträtin Maren Schellenberg, Grüne die Fällgenehmigung für die Bäume im Leonorenpark erteilt hat. Am 25.1. verneinte Schellenberg dies noch im Integrationsausschuss und nannte für die Fällgenehmigung eine Senatseinrichtung verantwortlich, so Lutz Ammer, AfD und Ausschussmitglied.
Am 6.2. sagte Schellenberg auf einer Informationsveranstaltung wiederum, keine Fällgenehmigung erteilt zu haben und verwies auf einen Senatsvertreter, der antwortet: „Das müssen Sie doch wissen“. Gut 100 Bürger waren vor Ort und wurden Zeugen. Die Morgenpost zitiert Schellenbeg aus der Veranstaltung aber wie folgt: „Hätte ich die Zustimmung verweigert, hätte der Senat das Verfahren an sich gezogen“.
Am 18.1. kokettierte Matthias Kollatz-Ahnen, alter und neuer Finanzsenator am Runden Tisch des Willkommensbündnisses dreist, dass der Park weg komme. Der Herr ist ebenfalls Mitglied des Vivantes-Aufsichtsrats. Der Betrieb, der von der Abholzung direkt profitiert. Noch im Sommer 2016 bestritt die SPD vehement, dass Kollatz-Ahnen als Finanzsenator in Parks Flüchtlingsunterkünfte plane oder anordne, und warf der CDU „Panikmache“ vor.
Peer Döhnert
Der Senat zieht seinen Plan durch, in der Leonorenstr. in einem historischen Park eine Flüchtlingsunterkunft zu errichten. Nachdem das Bezirksamt groß im Parlament angekündigt hatte, die Fällgenehmigungen zu verweigern, hat es völlig überraschend diese nun doch erteilt. Zwar wird ein kleiner Teil des parkartigen Charakters erhalten, doch müssen viele schützenswerte Bäume gefällt werden. Auch bei der Bebauung ist der Bezirk ein Verlierer. Das Gelände ist allgemeines Wohngebiet, doch wird der Senat weder die Geschossflächenzahl noch die Grundflächenzahl einhalten. Die notwendigen Befreiungen kann sich die Senatsverwaltung selbst erteilen. Am Ende des Prozesses muss man konstatieren, der Bezirk ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Die FDP fordert eine abschließende Verantwortlichkeit auf einer Verwaltungsebene, also Senat oder Bezirk, und das Ernstnehmen der Bürgerbeteiligung. Unstrittig ist für uns Freie Demokraten, dass Steglitz-Zehlendorf seiner moralischen Verpflichtung nachkommt und Kriegsflüchtlinge in angemessener Zahl aufnehmen muss. Ein Sankt-Florian-Prinzip, das immer auf die anderen zeigt, lehnen wir ab. Wir haben GermanMUT, wollen Herausforderungen meistern und Veränderungsprozesse positiv gestalten.
Rolf Breidenbach
Die Linksfraktion befürwortet die Errichtung von Unterkünften für Geflüchtete in der Leonorenstraße, denn viele von ihnen sind noch immer prekär untergebracht und brauchen endlich ein menschenwürdiges Zuhause! Dass eine alternative Planung, bei der der parkähnliche, wertvolle Baumbestand erhalten werden kann, nicht ernsthaft geprüft wurde, ist ein fatales Versäumnis! Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hat sich lange geweigert, geeignete Standorte für Flüchtlingsunterkünfte zu benennen und darauf hinzuwirken, dass leer stehende Gebäude wie in Heckeshorn ertüchtigt werden. Standorte wie z. B. am Osteweg wurden vom ehemaligen CDU-Senator Czaja leichtfertig verworfen. Durch diese Vogel-Strauß-Politik ist wertvolle Zeit vertan worden, die nun zum Erhalt der Bäume fehlt! Aus Sicht der Linksfraktion ist die Rodung des ökologisch, historisch und sozial bedeutsamen Baumbestandes ein sehr hoher Preis, der nun gezahlt werden muss, um unsere humanitäre Verantwortung für die Unterbringung Geflüchteter im Bezirk erfüllen zu können. Durch eine proaktive, frühzeitige Benennung geeigneter Standorte wären die Baumfällungen vermeidbar gewesen!
Gerald Bader
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