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Engagierte Schriftstellerin

Ingeborg Drewitz wuchs in Friedenau auf

Ingeborg Drewitz (1923-1986).
Ingeborg Drewitz (1923-1986).
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau März 2023

Eine gesellschaftspolitisch engagierte Schriftstellerin wurde vor 100 Jahren geboren: Ingeborg Drewitz (1923-1986) machte sich zeitlebens für benachteiligte Menschen stark. So setzte sie sich in ihren Werken mit der Nachkriegsgeschichte Deutschlands ebenso auseinander wie mit der gesellschaftlichen Stellung der Frau in Vergangenheit und Gegenwart.

Als Ingeborg Neubert in Friedenau in kleinen Verhältnissen mit arbeitslosem Vater und durch Klavierstunden die Familie über Wasser haltender Mutter aufgewachsen, blieb sie immer gesellschaftspolitisch engagiert, übte Sozialkritik und kämpfte für die Menschlichkeit. Nach dem Abitur im Jahr 1941 an der Königin-Luise-Schule in Friedenau studierte sie Germanistik, Geschichte und Philosophie. An der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin (zuvor Friedrich-Wilhelms-Universität) promovierte die Schriftstellerin. Ein Jahr später heiratete sie ihren langjährigen Freund Bernhard Drewitz. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, engagierte sich sieben Jahre lang als Lehrbeauftragte am Institut für Publizistik der Freien Universität Berlin und war Mitglied der Jury des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs in Klagenfurt. Als eine der Gründerinnen des Verbandes deutscher Schriftsteller und Vorsitzende des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller organisierte sie den ersten Kongress Europäischer Schriftstellerverbände. In zahlreichen weiteren Institutionen im In- und Ausland war sie engagiert, darunter Amnesty International, wofür ihr ebenso große Anerkennung und Auszeichnungen zu Lebzeiten wie posthum für ihr literarisches Werk zuteil wurden. Weltweit unternahm sie Lesereisen.

Theaterstück über Konzentrationslager

„Alle Tore waren bewacht“ von Ingeborg Drewitz war das erste Theaterstück, das die grausamen Bedingungen in Konzentrationslagern thematisierte. 1955 wurde es uraufgeführt. Der erfolgreichste Roman der Schriftstellerin war „Gestern war heute: Hundert Jahre Gegenwart“, in dem drei verschiedene Generationen von Frauen in den Mittelpunkt gestellt sind. Die Auseinandersetzung mit der Schuld der Deutschen als Nation war Lebensthema der Autorin. Ihr Ehrengrab liegt auf dem Friedhof Zehlendorf. In der Akademie der Künste Berlin ist die Privatbibliothek von Ingeborg Drewitz archiviert. Von 1946 lebte und arbeitete die Autorin, die die Nachkriegsliteratur so entscheidend beeinflusst hat, im Quermatenweg 178, wo eine Gedenktafel an sie erinnert. In Steglitz-Zehlendorf wurde ihr zu Ehren die Ingeborg-Drewitz-Bibliothek benannt. „Wer den Faschismus begreifen will, muss den Alltag begreifen“, war eines ihrer Haupterkenntnisse.

Jacquline Lorenz

Titelbild

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