Erschienen in Gazette Steglitz März 2023
Ob die neuesten Blockbuster, Kinderprogramm wie Bibi Blocksberg oder Benjamin Blümchen, Filmklassiker oder Konzert- oder Opern-Verfilmungen: Das Angebot im heutigen Titania-Cineplex ist vielseitig. Wer das Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit erstmals betrachtet, kann sich kaum vorstellen, dass es bereits auf eine 95-jährige Geschichte zurückblicken kann.
Bei der feierlichen Eröffnung am 26. Januar 1928 säumten viele Berliner die Straßen. Bei der Premiere mit dem Film „Sprung ins Glück“, in dem die Schauspielerin Carmen Boni eine Kosmetikerin mimt, die den Mann fürs Leben findet (dargestellt von dem Steglitzer Schauspieler Hans Junkermann) schritten zahlreiche Stars über den roten Teppich. Die Menschen vor dem Titania-Palast versuchten, zumindest einen Blick auf die damaligen Idole zu werfen, sicher wechselte damals auch so manche Autogrammkarte den Besitzer. Die Innenausstattung des Titania-Palasts hatte ein großes Foyer im Stil des Art-Déco. Außerdem den großen Saal samt Orchestergraben, ein Café sowie eine große Garderobe.
Der Titania-Palast avancierte schnell zum Kulturtreff des südwestlichen Berlins. Das Kino war der neue Magnet für alle, die sich einen Besuch leisten konnten. Der Titania-Palast mit seinem großen Saal in dem sich 1920 Sitzplätze befanden, war eines der ganz großen Filmtheater der Stadt. Zum Vergleich – der Zoo Palast verfügt heute über 1700 Sitzplätze. Die anfänglich gezeigten Stummfilme wurden von dem hauseigenen Orchester „live“ musikalisch untermalt. 60 Musiker begleiteten die Vorführungen, außerdem gab es ein Begleitprogramm. Doch der Tonfilm hielt schnell Einzug. Im Oktober 1929 kam er mit „The Singing Fool“ erstmals auf die Steglitzer Leinwand.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde auch der Titania-Palast zu einem Ort der Propaganda. Er war „ideal“ – denn die Menschen gingen gern hierhin und gönnten sich vergnügte Stunden. So gesellten sich zu den volkstümlichen Filmen, den Konzerten und Kunstabenden schon bald Propagandastreifen wie „Hitlerjunge Quex“ und ähnliche. In den späteren Kriegsjahren kamen neben der obligatorischen Wochenschau auch Durchhaltefilme ins Programm.
Am Titania-Palast waren im Zweiten Weltkrieg nur kleinere Beschädigungen durch Bomben zu beklagen, sodass das Programm relativ schnell wieder aufgenommen werden konnte. Für einige Jahre war er so das kulturelle Zentrum der Stadt. Die Berliner Philharmoniker, deren Stammhaus zerstört wurde, gaben ihr erstes Konzert nach Kriegsende, Yehudi Menuhin spielte hier und die Freie Universität wurde mit einer offiziellen Veranstaltung eröffnet. Nach dem Wiederaufbau der Deutschen Oper, den Theatern und den Kinos in der Innenstadt, erlebte der Titania-Palast eine wirtschaftliche Flaute. Mitte der 1960er-Jahre sollte das Gebäude sogar abgerissen werden. Durch den Umbau der Innenräume zu Geschäftsflächen konnte der Abriss abgewendet werden. Der Energieversorger BEWAG pachtete einen Teil des Gebäudes, auf anderen Flächen eröffneten Geschäfte. Eine Probebühne im Haus erinnerte an die ursprüngliche Aufgabe des Hauses. In den 1990er-Jahren kehrte das Kino zurück und ist bis heute im Titania-Palast präsent.
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