Erschienen in Wannsee Journal April/Mai 2023
Mit der Eröffnung der Berliner Segelmanufaktur GmbH im Mai 2013 in Wannsee haben sich die Brüder Sven und Tim Rüggesiek einen Traum erfüllt: Mit dem Unternehmen und seinem „maßgeschneiderten“ Service sorgen sie dafür, dass Segler mit zuverlässig von Hand gefertigten Qualitäts-Segeln auf große Fahrt über Binnenseen und Weltmeere gehen können. Inzwischen haben sie sich gemeinsam mit ihrem Team ein dichtes Netzwerk aufgebaut sowie einen festen Kundenstamm aus den Wassersport-Clubs von Berlin, Potsdam und Brandenburg, den sie überwiegend mit Segeln, Bootsplanen, Persenningen (wetterfeste Abdeckungen), darüber hinaus aber auch mit Bootsverdecken, Bootspolstern, Sonnensegeln für Haus und Garten und mit strapazierfähigen Segeltuchtaschen ihres exklusiven Taschenlabels „Carbasa“ versorgen.
Fundiertes Segelwissen sowie die Liebe zum Segeln und für den Wassersport haben die beiden gebürtigen Berliner vom Elternhaus her mitbekommen, auch wenn inzwischen die freie Zeit der Brüder für ganze Tage auf dem Wasser auf dem eigenen Boot knapp geworden ist.
„Bereits im Alter von sechs Jahren segelten wir mit und lernten die Grundbegriffe und -regeln“, erzählt Unternehmensgründer Sven Rüggesiek, der mit festem Händedruck und kernigem „Moin“ zur Begrüßung auch als waschechtes Nordlicht durchgehen würde. Sven bringt als gelernter Segel- und Planenmacher für das Metier viel Fachwissen und Erfahrung mit, die er vor seiner Ausbildung in verschiedenen Praktika, nach der Ausbildung dann in Neuseeland u. a. bei Doyle-Sails sammelte, einem der weltgrößten Segelmacher und Hersteller vieler Americas-Cup-Segel. Dicht dran am Kunden, spricht er als erfolgreicher Regatta-Segeler und Bootsliebhaber dessen Sprache und sucht beharrlich nach Lösungen und Erfüllung der Bedürfnisse seiner Kunden. Unterstützt wird er darin seit Jahren von seinem Bruder Tim, der zur See fuhr, und inzwischen als Diplom-Kaufmann und BWLer für den kaufmännischen Bereich der GmbH zuständig ist.
Handwerklich verstärkt wird die Berliner Segelmanufaktur von einer Mitarbeiterin und dem Auszubildenden Jannik. Es herrscht ein entspannter, fast familiärer Ton in der Manufaktur, die ihre breit aufgestellte Produktion in den Räumen der ehemaligen „Wassersporthütte“ in der Königstraße 11 unweit der Wannseer Wassersport-Elite betreibt. Jannik ist im dritten Lehrjahr und im Sommer fertig, zuvor hatte er in der Segelmanufaktur zwei Praktika absolviert. Die Sterne stehen gut, dass er als Segelmachergeselle von dem Betrieb übernommen wird. Segel- und Bootserfahrung bringt er vom Stahlsegelschiff seines Vaters mit, mit dem er auf der Ostsee segelt. Doch reizt es ihn, auch das Segeln in kleineren Booten auf den Berliner Binnengewässern kennenzulernen, komme es dort doch weniger auf die Segelgeschwindigkeit an.
Die Arbeit am und oft auch auf dem großen Tisch der Manufaktur ist körperlich nicht leicht, Liefertermine müssen eingehalten werden. Segeltuch hat sein Gewicht, ist steif und dick. Qualität wird in der Berliner Segelmanufaktur großgeschrieben. Hochwertige Planen- und Segeltuchrollen stammen von renommierte Herstellern, Zubehör und Taumaterial, Reißverschlüsse und Klettband füllen die Regale und Haken. Zugeschnitten wird genau nach Maß. – In Präzisionsarbeit und ganz ohne Verschnitt. An sechs Adler-Nähmaschinen können die zugeschnittenen Teile später nachgenäht werden, ohne dass auf die in akkurater Handarbeit erstellten Nähte verzichtet wird. „Die erste Langarmmaschine habe ich gebraucht gekauft, das Unternehmen ist so Schritt für Schritt gewachsen“, erklärt Sven nicht ohne Stolz auf sein bodenständiges und erfolgreiches Geschäftsmodell. So setzt er als verantwortungsbewusster Dienstleister auch bei den Maschinen auf Qualität, bevorzugt daher bewährt zuverlässige Fabrikate, die für ihre Langlebigkeit und für die Belastbarkeit ihrer Mechanik bekannt sind. Dabei geht die Manufaktur auch mit der Zeit: Ins Auge fällt der an der Manufaktur-Decke installierte Zeichen-Plotter, der eine detaillierte Übertragung der geforderten Maße vom Computer aufs Schnittmuster erlaubt; eine Anschaffung, die nur wenige Segelmacher nachweisen können. Derzeit arbeitet das Unternehmen mit Hochtouren an seiner weiteren Digitalisierung. Dem gegenüber stehen Traditionshandwerkszeug wie Lederhammer, Segelmacherhandschuh als übergroßer „Fingerhut“, Kleedkeule, Vorstechahle und dreikantige Segelnadeln, ohne die kein echter Segelmacher wirklich auskommt. Doch Mitarbeitende und Nachwuchs für diesen anspruchsvollen Beruf sind nicht leicht zu finden, gerademal 20 – 23 Schüler sind pro Ausbildungsjahrgang am Start und lernen an der Berufsschule deutschlandweit traditionelle Tricks und die Handarbeit des Segelmachens.
Vorkenntnisse im Wassersport sowie vor Ausbildungsbeginn absolvierte Praktika in Fachbetrieben dieses Bereichs sind empfehlenswert.
Nach der Ausbildung ist es Aufgabe des Segelmachers, Segel, Planen, Sprayhoods und Persenninge für sämtliche Segelschiffstypen zu fertigen, zu reparieren und zu warten, aber auch für andere Bereiche wie Sonnenschutz, Markisen und Zelte. In Segelmachereien, Bootsbaubetrieben, an Bord größerer Segelschiffe und bei Regatten sowie in Raumausstatterbetrieben liegen die Arbeitsmöglichkeiten. Reizvoll dabei ist nicht zuletzt die spannende Kombination von bewährtem Traditionshandwerk und präzisem Maschinen- und Computereinsatz, wie man sie in der Berliner Segelmanufaktur findet.
Weitere Informationen unter www.berliner-segelmanufaktur.de
Jacqueline Lorenz
Berliner Segelmanufaktur GmbH
Königstraße 11
14109 Berlin
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2023