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Klimapolitik im Bezirk

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Juni 2023

Wie kann sich Charlottenburg-Wilmersdorf vor den Folgen des Klimawandels schützen und zugleich gegen die Klimakrise wirken?

Im Folgenden nehmen die Fraktionen der BVV zu diesem Thema Stellung.

CDU-Fraktion

Extremwetterereignisse der letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass die Folgen des Klimawandels Berlin bereits mit voller Wucht treffen. Hitzesommer, Starkregenfälle und Sturmlagen haben gezeigt, wie anfällig Mensch und Natur sind. Unser Bezirk steht daher in der Verantwortung, die verheerenden Folgen abzumildern. Ein zentraler Baustein ist dabei das Bezirkliche Anpassungskonzept an die Folgen des Klimawandels. Hierbei geht es um die Ertüchtigung der bestehenden grünen Infrastruktur sowie dem weiteren Aus- und Umbau der Stadtlandschaft hin zu einem resilienten städtischen Ökosystem. Konkret bedeutet das, dass durch Entsiegelung von weiteren Flächen sowie der Nachpflanzung von Stadtbäumen das Mikroklima gezielt verbessert wird, um der Überhitzung entgegenzuwirken. Diese Maßnahmen werden vom Schwammstadt-Konzept, einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung, flankiert, welches das Ziel hat, Regenwasser ressourceneffizient da einzusetzen, wo es gebraucht wird, durch Wassersammelbecken Überflutungen zu vermeiden und letzten Endes den Grundwasserspiegel zu erhöhen.

Alexander Pönack

B‘90/Grünen-Fraktion

Klimapolitik im Bezirk: Wie kann sich Charlottenburg-Wilmersdorf vor den Folgen des Klimawandels schützen und zugleich gegen die Klimakrise wirken? Der Bezirk hat bereits im Sommer 2019 als eine der ersten Kommunen Europas den Klimanotstand anerkannt und in der Folge ein „Bezirkliches Anpassungskonzept an die Folgen des Klimawandels“, (BAFoK) erarbeitet. Darin werden, analog zum nationalen Klimaschutzgesetz und der Klimastrategie des Landes Berlin, Wege zum Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 aufgezeigt. Jetzt gilt es, die einzelnen Maßnahmen zur Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgase umzusetzen. Große Potenziale liegen in der Verkehrswende sowie der Neuorganisation der Energie- und Wärmeversorgung in Quartieren. Auch das Beschaffungswesen des Bezirksamts – der Bezirkshaushalt hat ein Volumen von knapp 833 Mio. Euro für 2023 – hat einen großen Einfluss auf die regionalen Handelsströme und ist dabei Impulsgeber und Vorbild. Die Anpassung an sich verändernde Wetterextreme kann nur gelingen, wenn sowohl privates Kapital als auch die öffentliche Hand Zukunftsinvestitionen tätigen. Unsere Gewohnheiten an die Naturgegebenheiten besser anzupassen – z. B. bei der Ernährung – bringt schließlich auch mehr Qualität für unser Leben und die Landwirtschaft.

Sibylle Centgraf

SPD-Fraktion

Die Klimakrise ist auch in Charlottenburg-Wilmersdorf deutlich zu spüren. Als Innenstadtbezirk ist es bei uns im Sommer besonders heiß. Für viele Senior:innen und Menschen mit chronischen Krankheiten ist das ein ernstes Gesundheitsrisiko. Die Pflanzen in unseren Parks werden schnell gelb und vertrocknet. Hier muss die Bezirkspolitik tätig werden. Wir fordern, dass es nicht nur im Winter ein Netzwerk der Wärme gibt, sondern auch im Sommer ein Netzwerk der Kühle. Der Bezirk soll in seinen eigenen Gebäuden kühlende Räume einrichten und auch soziale Träger dabei unterstützen. Damit unsere Parks nicht austrocknen und sie die Stadt weiter kühlen können, sollen flächendeckend smarte und automatisierte Bewässerungssysteme installiert werden – wie in heißen Städten Südeuropas bereits üblich. Auch müssen mehr Asphalt und Pflastersteine weichen für Beete und Wiesen. Wir fordern deshalb die Entsiegelung von Stadtplätzen und die Erweiterung bestehender Parks. Um den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor zu reduzieren, muss der Ausbau von Radwegen beschleunigt und das ÖPNV-Angebot verbessert werden.

Nico Kaufmann

Linksfraktion

Klimakatastrophe und ihre Folgen betreffen alle Menschen im Bezirk. Die radikale Umverteilung sowie Neugestaltung des öffentlichen Raums ist der zentrale Baustein, um die Folgen möglichst zu minimieren und sich an diese anzupassen. Wir müssen weg von der autogerechten Stadt und brauchen mehr Platz für Fuß- und Radverkehr, ÖPNV und vor allem Stadtnatur. Ein erster Schritt ist die konsequente Entsiegelung von Flächen im gesamten Bezirk. Pkw-Stellplätze, ungenutzte und unattraktive asphaltierte Plätze sowie Freiflächen von öffentlichen Gebäuden müssen entsiegelt und klimaresistent begrünt werden. Damit schaffen wir mehr Biodiversität, wirken der zunehmenden Hitze im Sommer entgegen und führen den Böden wieder mehr Wasser zu. So wird nicht nur der Boden geschützt, sondern auch die Aufenthaltsqualität in den Kiezen gesteigert und zum landesweiten Ziel der Netto-Null-Bilanz bei Ver- und Entsiegelung beigetragen. Entschiedenes Handeln und Umdenken im Bezirk unter Beteiligung der Bürger:innen sind gefragt – für die Menschen, das Klima, den Bezirk und die ganze Stadt!

Frederike-Sophie Gronde-Brunner

FDP-Fraktion

Die Folgen sowie die zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels sind auch in unserem Bezirk bereits sichtbar. Höhere Temperaturen, anhaltende Trockenheit und Starkregen erfordern ein Umdenken nicht nur im Bestands- und Neubau, sondern auch im öffentlichen Raum. Neben der angestrebten klimaneutralen Energieversorgung sollten Fassaden- und Dachbegrünungen Gebäude kühlen, die Energieeffizienz steigern und für ein gutes Mikroklima sorgen. Der Baum- und Pflanzenbestand muss gepflegt und mit klimaresistenten Arten be- und nachgepflanzt werden. Ein Neuanpflanzungsprogramm für 1500 Straßenbäume halten wir für zwingend notwendig. Aus Moosen und Pflanzen bestehende Living Walls, Trinkwasserbrunnen und neu angelegte Schattenplätze sollen die Aufenthaltsqualität der Bürger im Freien steigern. Und auch das Regenwassermanagement bedarf einer grundlegenden Verbesserung: Versickerungsflächen müssen vergrößert oder geschaffen werden, um Regenwasser aufzunehmen und zu speichern, umliegende Pflanzen zu versorgen und um die Umgebung kühlend zu verdunsten.

Stefanie Beckers

AfD-Fraktion

Wenn es einen Klimawandel gibt, so ist er jedenfalls nicht vom Menschen verursacht. Dieser Irrglaube beruft sich auf aberwitzige Befunde, die auf Modellen beruhen, die auf Prognosen basieren, denen Mutmaßungen zugrunde liegen, die auf Hypothesen fußen. Aber selbst wenn der CO2 Ausstoß eine Rolle spielte: Deutschland verursacht gerade mal 1,8 Prozent der weltweiten Emissionen. Verschwände Deutschland von der Landkarte, hätte das keinerlei Auswirkungen auf das Klima. Es gibt keine Klimakrise. Und schon gar keinen Klimanotstand im Bezirk. Es gibt extreme Wetterlagen, die erfordern Anpassung. Hier kann die Bezirkspolitik einen Beitrag leisten, auch Unternehmen und Privatpersonen, die verantwortungsvoll handeln. Grüne Politik dient einer kleinen Gruppe profitversessener Klimarettungs-Gewinnler. Den Schaden hat die große Mehrheit der auf Verzicht getrimmten Verlierer. Die Grünen Sozialisten träumen von Bevormundung und Verboten. Es nützt nichts, den Strom abzustellen oder Fahrverbote zu verhängen. Wir retten das Klima nicht, weil es vom Menschen nicht zu retten ist. Also, Schluss mit dem Unsinn.

Michael Seyfert

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