Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Juli 2017
Durch die Sparmaßnahmen in Berlin hat sich in unserem Bezirk ein erheblicher Sanierungsbedarf allein für die Schulen ergeben, der mittlerweile einen dreistelligen Millionenbetrag umfasst. Nach Jahren des Sparens werden nunmehr erhebliche Mittel für die Schulsanierung bereitgestellt. Allerdings gibt es vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen unterschiedliche Auffassungen über den Umfang des Bedarfs sowie die Zeitplanung für die Sanierungsprojekte. Hierzu nehmen die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung in den folgenden Beiträgen Stellung.
Schulsanierung hat höchste Priorität!
In den letzten 20 Jahren wurden in Berlin die Schulen kaputtgespart, auch die Schulen in Verwaltung des Senats weisen über 300 Mio. Euro Instandhaltungsrückstau auf. Der Senat gesteht dies endlich ein und will durch eine „Berliner Schulbauoffensive“ abhelfen. Seit Jahren fordern wir ein Umdenken des Senats, weil wir nicht wollen, daß unsere Kinder in kaputten Schulgebäuden unterrichtet werden. Doch bislang fehlte der politische Wille des Senats, das Problem zu lösen. Leider führt der Senat die chronischen Unterfinanzierung fort: 5,5 Mrd. Euro sollen reichen, um den Neubau und die Schulsanierung in den nächsten 10 Jahren durchzuführen. Unsere Berechnungen haben ergeben, daß der zu erwartende Gesamtbedarf in Berlin inkl. der vom Senat nicht berücksichtigten Nebenkosten bei 7,25 Mrd. Euro liegt. Alle freien Mittel werden im Bezirk in die Schulsanierung gesteckt. Aus der „Schulbauoffensive“ bekommt Steglitz-Zehlendorf aber nur 6 Mio. Euro mehr pro Jahr. Mit diesem Mehrbetrag kann jährlich nur eine einzige Schule im Bezirk saniert werden. Bis heute hat der Senat den Ernst der Lage also nicht begriffen!
Dr. Clemens Escher
Unsere Schüler verbringen in Schulen viel Zeit, brauchen eine gute Lernumgebung, sollen sich dort wohlfühlen und „fürs Leben lernen“. Viele Schulen befinden sich aber in einem jämmerlichen Zustand, weil in der Vergangenheit an der falschen Stelle gespart wurde. Der Bezirk hat sich unter der schwarz-grünen Zählgemeinschaft mit einem Sanierungsbedarf für Gebäude von rd. 343 Mio. Euro an die einsame „Spitze“ in Berlin gesetzt. Für Erstklässler fehlen aktuell 609 wohnortnahe Schulplätze. Ein belastbarer Schulentwicklungsplan fehlt ebenfalls, dafür wird – planlos – nach wie vor behauptet, der Senat sei schuld, weil er nicht genug Geld bereitgestellt habe. Die Frage ist doch: Warum liegt der Bezirk beim Sanierungsbedarf in der „Pole-Position“? Dabei hat der Senat unter Führung der SPD aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und rund 3,9 Mrd. Euro für die notwendigen Sanierungen und allein 2017 ca. 750 Mio. vorgesehen. Sanierungsvorhaben von mehr als 10 Mio. Euro werden in eine Dringlichkeitsliste aufgenommen und der Senat wird zentral die Planung und Umsetzung übernehmen. Wichtig ist, das Problem konstruktiv anzugehen und keine falschen Hoffnungen auf schnelle Lösungen zu wecken. Die wird es nur in einzelnen Fällen geben können, denn zwischen Bedarfsfeststellung und Übergabe an die Nutzer werden durchschnittlich rund sieben Jahre vergehen. Das sollte ehrlich gesagt werden.
Volker Semler
„Können Sie ausschließen, dass die Sanierungsmaßnahmen schneller greifen, als der Verfall fortschreitet?“ Diese Frage stellte Volker Graffstädt stellvertretender Fraktionsvorsitzende der AfD in der BVV-Sitzung bereits im April, die verantwortliche Dezernentin Frau Schellenberg (Grüne) räumte zum eigenen Bedauern ein genau das nicht zu können. Zuvor forderte die AfD einen Notfall- und Maßnahmenplan: In welcher Schule ist was bis wann gesichert. Was ist in den kommenden 2 bis 2,5 Jahren zu leisten und machbar?
Das Bezirksamt muss jetzt mit offenem Visier für Klarheit und Transparenz sorgen. Wenn der Senat den Bezirk mit zu wenig Geld ausstattet, dann muss das deutlich werden. Wenn sich eine offenkundige Benachteiligung abzeichnet, dann muss sich die Bürgermeisterin der Auseinandersetzung stellen.
Besonders kritisch sind hier die SPD-geführten Ressorts zu betrachten. Gewinnt man doch den Eindruck, dass hinter dem Schulskandal ein politisches Kalkül stehen könnte. In dem die Sozialdemokraten dem CDU-Bezirk vorsätzlich das Arbeiten erschweren, um diesem dann das Scheitern anzulasten – auf Kosten der Schüler, Eltern und Bürger.
Peer Döhnert
Steglitz-Zehlendorf hat den größten Sanierungsstau an Schulen in ganz Berlin, und das ist das Ergebnis Schwarz-Grüner Politik. Schüler sind die Zukunft. Kinder in schmutzige, kaputte und sogar gesundheitsgefährdende Gebäude zu schicken ist einfach respektlos. Zum Sanierungsstau von 345 Millionen im Bezirk kommt noch dazu, dass die meisten Schulen nicht zeitgemäß ausgestattet sind. Wenn die Pausen digitaler sind als der Unterricht, dann geht der Unterricht an der Realität vorbei. Es muss mehr Transparenz geschaffen – und mehr in Lehr-und Lernmittel investiert werden. Ein jährlicher Gebäudescan unter Beteiligung von Lehrern, Eltern und Schülern deckt Missstände schnell auf und verhindert Zustände, die so weit ausufern, dass unseren Kindern die Decke in den Schulen buchstäblich auf den Kopf fällt. Schaut man Richtung Lichtenberg, kann man dort mit einer von einem Elternteil entworfenen Übersichtskarte im Netz den Sanierungsbedarf an den einzelnen Schulen und dessen Kosten nachvollziehen. So ein Kartensystem wünschen sich die Freien Demokraten für Steglitz-Zehlendorf auch.
Kay Ehrhardt
Kein anderer Bezirk hat in den vergangenen Jahren von den ohnehin knappen Mitteln für die Instandhaltung der bezirklichen Gebäude weniger in den Unterhalt seiner Schulen investiert als Steglitz-Zehlendorf.
Damit trägt auch die schwarz-grüne Zählgemeinschaft eine erhebliche Mitverantwortung für den größten Sanierungsstau aller Berliner Bezirke.
Statt nun umzusteuern und alle Kraft in die Sanierung zu stecken, beschäftigt sich die CDU lieber mit Zahlenspielen und einseitigen Schuldzuweisungen.
Die Linksfraktion hatte einen „Sonderausschuss Schulsanierung“ gefordert, um gemeinsam und zügig gute Lösungen für unsere maroden Schulen in den Fokus nehmen zu können. CDU und Grüne haben diesen Vorschlag kommentarlos abgelehnt. Der neue Senat stellt den Bezirken beträchtlich mehr Geld für Instandhaltung und Sanierung der Schulen bereit. Diese Chance müssen wir nutzen und mit deutlich mehr Personal im Bezirksamt endlich schnell voran kommen. Die neu zu gründende Landesgesellschaft Schulbau sollte perspektivisch die Sanierungsfälle mit einem Umfang von über 10 Mio. Euro übernehmen, um den Bezirk beim Bauen und Sanieren zu entlasten.
Gerald Bader
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