Erschienen in Gazette Charlottenburg Juni 2023
Mit ihren Bildern des Großstadtlebens und der so genannten „Neuen Frau“ gehörte Jeanne Mammen (1890 – 1976) in den 1920er-Jahren zu den bekanntesten Berliner Malerinnen und Grafikerinnen. Geboren in einem wohlhabenden Elternhaus in Berlin, wuchs sie in Paris auf und studierte Malerei. 1915 floh die Familie mittellos aus Paris, das Vermögen wurde beschlagnahmt. So entgingen sie der drohenden Internierung nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Sie und ihre Schwester schlugen sich mit Gelegenheitsjobs durch und bezogen 1920 ein kleines Atelier im Hinterhaus am Kurfürstendamm 29, in dem Jeanne Mammen bis zu ihrem Tod lebte. Sie wurde um 1920 zu einer gefragten Künstlerin. Während des NS-Regimes und in der Nachkriegszeit ging sie kompromisslos neue Wege und nahm dafür zahlreiche Entbehrungen in Kauf. Was sie erlebte und beobachtete, ist in einer umfangreichen, rund 450 Briefe umfassenden Korrespondenz erhalten, die 1946 beginnt und bis zu ihrem Tod 1976 reicht – zum Teil verfasst mit der für Jeanne Mammen so typischen „Berliner Schnauze“.
Das Audio-Feature lässt die Hörerinnen und Hörer an Gesprächen über Tagespolitik, Literatur, Ausstellungen und historische Ereignisse teilhaben – von den 1920ern über NS-Herrschaft und Wiederaufbau bis hin zur 1968er „Studentenbewegung“. Der Briefwechsel mit dem Biophysiker und Nobelpreisträger Max Delbrück ist dabei sicherlich am aufschlussreichsten. Von einer ungewöhnlichen Künstlerfreundschaft berichtet die Korrespondenz mit Hans Thiemann, in der sich die künstlerische Nachkriegsmoderne mit ihren Kontroversen und unterschiedlichen Stilrichtungen nacherleben lässt.
Mit dem Audio-Feature präsentiert das Stadtmuseum Berlin ein neues digitales Format, das die bestehenden Angebote rund um die Berliner Künstlerin ergänzt – darunter Hintergrundbeiträge über das Leben und Wirken der Künstlerin, Führungen durch das original erhaltene Atelier am Kurfürstendamm oder ein virtueller 360°-Rundgang mit Audiokommentar durch die wie eine Zeitkapsel bewahrten Räume. Weitere Informationen unter www.stadtmuseum.de , Audio-Feature unter www.stadtmuseum.de/audio-feature-jeanne-mammen
An ihrem früheren Wohnhaus erinnert eine Berliner Gedenktafel an die Künstlerin. Ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Friedenau ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.
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