Gazette Verbrauchermagazin

Bundesverband Kinderhospiz e. V. als Partner in der Not

In der Hauptstadt angekommen, um Großes zu bewirken

Franziska Kopitzsch vom BVKH und Dieter Hallervorden stehen in Berlin Seite an Seite hinter Familien mit schwerstkranken Kindern.
Franziska Kopitzsch vom BVKH und Dieter Hallervorden stehen in Berlin Seite an Seite hinter Familien mit schwerstkranken Kindern.
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Juni 2023
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„Erhält ein Kind eine Diagnose, die bedeutet, dass es lebensverkürzend erkrankt ist, sind ambulante und stationäre Kinderhospiz-Einrichtungen der rettende Anker“, sagt Franziska Kopitzsch, seit Anfang 2022 Geschäftsführerin des Bundesverbandes Kinderhospiz (BVKH).

Doch anders als bei Erwachsenenhospizen sind die Begleitung und Unterstützung in Kinderhospizen auf die gesamte Familie ausgerichtet, oft über viele Jahre. Diese Hospize sind stark gefordert: Sie organisieren Betreuung im Alltag, entlasten Eltern, unterstützen bei rechtlichen Fragen und vieles mehr. Stationäre Kinderhospize nehmen bis zu vier Wochen ganze Familien auf, helfen ihnen, Kraft zu tanken.

Rund 50.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland sind lebensbegrenzend erkrankt, ca. 5.000 sterben jährlich an einer solchen Erkrankung. Kinderhospize werden mehr denn je gebraucht.

Politik und Gesellschaft müssen da umdenken und bessere Rahmenbedingungen für lebensverkürzend erkrankte junge Menschen schaffen: Sei es mit mehr Barrierefreiheit, neuen Wohnformen für junge Erwachsene sowie einer besseren Finanzierbarkeit dringend benötigter Hilfsmittel als auch mit dem Abbau bürokratischer Hürden für Eltern und mit einfacher kommunizierbaren Leistungen. Dies zu erreichen, dafür engagiert sich der BVKH.

Neben seinem Hauptsitz im Baden-Württembergischen Lenzkirch hat der BVKH als Dachverband der ambulanten und stationären Kinderhospiz-Einrichtungen in Deutschland im Jahr 2021 am Westhafen in Berlin eine weitere Geschäftsstelle eröffnet. Rechtzeitig zu seinem 20-jährigen Jubiläum im Jahr 2022 ist nun mit diesem Fachverband der Hauptstadt ein unverzichtbarer Ansprechpartner für Politik, Wissenschaft, Ärzte, Kliniken, Kostenträger und Spender nähergerückt.

Bühne frei für den BVKH im Berliner Südwesten

Gute Kontakte nach Berlin bestehen bereits seit Jahren. – Nicht zuletzt durch die intensive Unterstützung des Verbandes von Schauspieler und Intendant Dieter Hallervorden. Der ist unter anderem Schirmherr des OSKAR-Sorgentelefons, das dabei hilft, Eltern und Verwandten von lebensverkürzt erkrankten Kindern unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 88 88 47 11 mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Der Künstler mit dem großen Herzen für die Schwächeren unserer Gesellschaft macht sich stark für Familien mit schwerstkranken Kindern. Zum für viele Menschen unbequemen Thema Sterben erklärt er: „...Man muss sich dem Unvermeidlichen stellen. ...Wenn Kinder früh, viel zu früh, von uns gehen, ist das besonders hart. Für sie, aber besonders für Eltern und Geschwister...Der Tod ist gar nichts, nur der Gedanke an ihn ist traurig...“ Und so setzt er sich als Partner des Bundesverbandes für Kinder ein, die Schutz und Sicherheit bedürfen, aber nicht wissen, ob der morgige Tag womöglich ihr letzter sein wird.

„Herr Hallervorden nimmt sich immer viel Zeit in den Hospizen und für unsere Sache. Es ist sehr wertvoll für uns, dass er in seinem Alter einverstanden ist, so offen über Vergänglichkeit zu sprechen“, betont Franziska Kopitzsch. So beteiligt sich der Schauspieler auch immer wieder an Projekten des BVKH, die dazu dienen, die Aufgaben des Verbandes und die Arbeit der Kinderhospize sowie ihre kleinen Gäste verstärkt in die Mitte der Gesellschaft zu holen, hin zu mehr Verständnis und dringend benötigter Spendenbereitschaft.

Facing the Taboo

Sein Publikum im Steglitzer Schlosspark Theater zum Nachdenken und zu gelebter Toleranz aufzufordern, gelang Hallervorden jetzt einmal mehr:

Indem er im Mai im indirekt beleuchteten Theater-Garten mit der BVKH-Ausstellung „Facing the Taboo“ Fotokunst präsentierte, ließ er als Botschafter die Besucher, wie er sagt, „den Prozess sich auflösender Grenzen erleben und sich solidarisch an die Seite dieser jungen Menschen stellen, die so unendlich viel an Last zu tragen haben.“

Hinsehen statt wegschauen, rät die Ausstellung digitaler Fotografien von betroffenen Kindern, die zwischen Licht und Schatten projiziert wurden.

Anlässlich seines 20-jährigen Jubiläums setzte der BVKH die bundesweite Aufmerksamkeitskampagne „Facing the Taboo“ mit einer Künstlergruppe aus München um. Im Mittelpunkt der Fotografien stehen Alisha, Deliyah, Lukas und Rasul – lebensfrohe Kinder mit schwerer lebensverkürzender Krankheit, derer sie sich voll bewusst sind. Gedanken um Leben und Tod zählen zu ihrem Alltag. Bewusst aufrütteln und emotionalisieren will das Kunstprojekt, das auch die hellen schönen Glücksmomente dieser Kinder zeigt. Da Tabus und Sprachlosigkeit schnell Ausgrenzung und Isolation bewirken, will die Installation dabei helfen, den Dialog in die Öffentlichkeit zu tragen.

Im Tipi am Kanzleramt wurde das Projekt „Facing the Taboo“, zu dem auch Kurzfilme, Postkarten und Plakate gehören, im vergangenen Jahr mit Gold ausgezeichnet. In Filmsequenzen des Projekts sprechen die Schauspieler Dieter Hallervorden und August Zirner über die Vergänglichkeit des Lebens.

Wie eine Wanderausstellung ist die Foto-Installation nun auf dem Weg durch Deutschland: Mit strahlenden Kinderaugen voller Leben, doch das Zerstörerische so nah zeigend. Näheres unter www.facing-the-taboo.de

Wichtige Aufgaben, die unser aller Unterstützung benötigen

Auf Initiative von ambulanten und stationären Kinderhospizen wurde der Bundesverband Kinderhospiz (BVKH) im Jahr 2002 gegründet. Er engagiert sich politisch für bessere Rahmenbedingungen in der Kinderhospizarbeit und setzt sich dafür ein, dass betroffene Familien aus dem sozialen Abseits geholt werden.

So benötigen Kinder und junge Menschen mit seltenen lebensverkürzenden Erkrankungen besondere Aufmerksamkeit, um in der Gesellschaft mehr Empathie und Verbundenheit zu erfahren. 75 Prozent dieser Erkrankungen betreffen Kinder. Etwa 30 Prozent von ihnen versterben vor ihrem fünften Lebensjahr.

Der BVKH nimmt sich seit Jahren der Problematik an, die Bevölkerung für diese betroffenen jungen Menschen zu sensibilisieren und Angebote für ihre Familien bereitzustellen – u. a. durch das OSKAR Sorgentelefon oder über die neu entwickelte BVKH App. Gleichzeitig weist der Verband auf die vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten der ambulanten und stationären Kinderhospiz-Einrichtungen zugunsten einer bestmöglichen Versorgung hin. Zwar sind nicht alle seltenen Erkrankungen im Kindesalter schwerwiegend oder lebensverkürzend, doch nahezu alle lebenslimitierenden Krankheiten bei Kindern sind seltene Erkrankungen, wie Prof. Dr. Zernikow, Chefarzt des Kinderpallitativzentrums Datteln betont. „Diese jungen Menschen und ihre Familien profitieren enorm von den Angeboten der Kinderhospizarbeit und pädiatrischen Palliativversorgung, die den Familien möglichst früh im Krankheitsverlauf vorgestellt werden sollten“, erklärt er. Aus diesen erkrankten Kindern gehen dank der guten Versorgung in Deutschland häufig junge Erwachsene mit schweren seltenen Erkrankungen hervor, die eine besondere Versorgung mit entsprechenden Wohnangeboten benötigen. Doch darauf ist unsere Gesellschaft nur ungenügend vorbereitet: Fallen hauptversorgende Eltern oder Angehörige durch Erkrankung oder Tod aus, landen diese zu betreuenden jungen Erwachsenen nicht selten im Altenheim; auch wenn sie erst Mitte 20 sind.

Um einen objektiven Bedarf in Hinblick auf die Versorgungssituation zu ermitteln, setzt sich auch hier der BVKH für bundesweite Bedarfsanalysen ein. Sie sollen zur transparenten Darlegung der aktuellen Versorgungssituation gesicherte Aussagen über die Versorgung und Unterversorgung liefern.

Weiter Informationen zum BVKH und ihren Projekten unter www.bundesverband-kinderhospiz.de

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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