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Bruno Pélassy and the Order of the Starfish

Ausstellung im Haus am Waldsee

Bruno Pélassy with Starfish, Coco Beach, Nizza, 1997. Foto: Laura Cottingham
Bruno Pélassy with Starfish, Coco Beach, Nizza, 1997. Foto: Laura Cottingham
Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Oktober/November 2023
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Himmelsleiter Bestattungen

Das Haus am Waldsee zeigt die erste institutionelle Ausstellung des französischen Künstlers Bruno Pélassy (*1966 in Vientiane, Laos, †2002 in Nizza, Frankreich) in Deutschland. Pélassy war zeit seines Lebens eine schillernde und facettenreiche Figur und seine Kunst lässt sich nur bedingt kategorisieren. Er malte, zeichnete, performte, schuf Skulpturen, Filme, Couture und Schmuck. Formale und spielerische Materialexzesse lassen disziplinäre Grenzen bisweilen verschwimmen, sodass seine künstlerische Arbeit kaum von seinem Herangehen an das tägliche Leben zu separieren ist. Die Ausstellung untersucht seine Praxis als persönliche und politische Auseinandersetzung mit den Konventionen des Begehrens, von Gender, gesellschaftlichen Werten und Gesundheit, sowie als Appell für die Auflösung festgefahrener Binaritäten.

Faszination Meer

Eine Fotografie zeigt Bruno Pélassy, gerade aufgetaucht aus den blauen Tiefen von Nizzas Coco Beach, einen Seestern wie eine lebendige Brosche an der Brust tragend, als gehöre er einem geheimen maritimen Orden an. Laura Cottingham, Kuratorin und enge Vertraute von Pélassy, erinnert sich an seine Faszination für „die verschwommene Unterscheidung zwischen Pflanze und Tier, die so offensichtlich im Meer existiert, als sei sie eine perfekte Metapher für die philosophischen Grenzen aller binären Unterscheidungen: Gut und Böse, Männlich und Weiblich, Tag und Nacht, Schwarz und Weiß“. Quelle: Laura Cottingham, „Remembering Bruno Pélassy“, in: „Bruno Pélassy“, Nizza: Musée d’Art Moderne et d’Art Contemporain, 2003, S.32 (Übersetzung).

Raffinierte Technik

Genau diese Aufweichung von Binaritäten stehen im Zentrum von Pélassys künstlerischer Praxis. Hier finden sich reich verzierte Medusen, so genannte Créatures, die sich sanft – sowohl als scheinbare Lebewesen als auch Objekte – in mit Wasser gefüllten Aquarien wiegen. Seine Bestioles, kleine exzentrisch kostümierte, animatronische Figuren, welche die Ausstellungsräume wie Haustiere beleben, zeugen sowohl von einer raffinierten Technik als auch einer Faszination mit Trash. Das Interesse an einer Verbindung von High- und Low-Verfahren zeigt sich in hochwertigen Produktionsweisen, die oft mit der Verwendung günstiger und alltäglicher Materialien kombiniert werden. Einfache Bleistiftzeichnungen waren ebenso Teil von Pélassys Praxis wie die akribische Bearbeitung von Glas und Kristall sowie das Design von Schmuck oder reliquienartigen Objekten. Die Anmut, die diese eklektischen, mitunter barockartigen Verschönerungen umgibt, ist nie weit entfernt von einer Form existentieller Bedrohung, ja sogar von einem unausweichlichen Verfall, der beispielsweise die Porträts in Wachs oder Bleistift verfolgt, die Personen darstellen, die sich im Prozess der Zersetzung oder des Verschwindens befinden.

Früher Tod

Maßgeblich beeinflusst durch eine frühe HIV-Diagnose reflektiert Pélassy in seinem Werk die ambivalente Dynamik von Krankheit und Tod sowie das Verständnis des Körpers als poröse, sich dem Tod entgegenbewegende, unwägbare Entität. In der Ausstellung tritt Pélassys künstlerischer Ansatz mit ausgewählten Kunstwerken und Ephemera seiner Zeitgenossen sowie heute arbeitender Künstlern in den Austausch. Die Gruppenausstellung wird unter anderem Beiträge von Marc Camille Chaimowicz, Beth Collar, Jesse Darling, Brice Dellsperger, Leonor Fini, James Richards und Soshiro Matsubara enthalten, der auch die Ausstellungsarchitektur entwickeln wird.

Die Ausstellung ist vom 20.10.2023 bis 14.1.2024 im Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, 14163 Berlin zu sehen. www.hausamwaldsee.de

Titelbild

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