Gazette Verbrauchermagazin

Restaurierung und Reparatur unter einem Dach

Jungbrunnen für Chiffonière und Clavichord

Veronika Büttner und Andreas Hermert arbeiten Hand in Hand zum Erhalt historischer Möbel und Tasteninstrumente.
Veronika Büttner und Andreas Hermert arbeiten Hand in Hand zum Erhalt historischer Möbel und Tasteninstrumente.
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Oktober 2023
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Historische Möbel und Tasteninstrumente sind in dem Friedenauer Werkstatt-Laden an der Bahnhofstraße 3 herzlich willkommen, auch wenn ihnen ein Bein fehlt oder es im Klavierkörper knarrt. Zwei erfahrene Handwerksprofis sorgen mit ihren Gewerken dafür, dass den guten Stücken wieder auf die Beine geholfen wird und sie wieder zum Klingen gebracht werden.

Nahe S-Bahnhof Friedenau restauriert in dem kleinen Ladengeschäft unter ihrem Mädchennamen „Ziegert“ Veronika Büttner Möbelstücke mit Geschichte, während Andreas Hermert sich hier in seiner seit 1991 eingerichteten Werkstatt überwiegend dem Clavichordbau und der Restaurierung historischer Tasteninstrumente widmet. – Die bei Neubau, Reparatur und Restaurierung entstehende Schnittmenge ihrer Arbeit hat die Beiden vor rund 20 Jahren beruflich zusammengeführt: In den Räumen, in denen bereits der gelernte Orgelbauer und Künstler Hermert erfolgreich arbeitete, fand vor rund 20 Jahren auch die Möbelrestauratorin zu geeignetem Arbeitsplatz und weiteren genau zu ihrer Berufung passenden Aufgaben. Längst ist der Werkstatt-Laden Geheimtipp für ambitionierte Liebhaber und Sammler historischer Tasteninstrumente und Möbel von der Chiffonière bis zum Clavichord* geworden, die dort ihre in die Jahre gekommenen Lieblingsstücke fachlich in besten Händen wissen. – Und auch so mancher Musiker findet den Weg hierher, wenn seinem alten Instrument etwas fehlt. Für den richtigen Klang ist dann Andreas Hermert der geeignete Ansprechpartner, während Veronika Büttner nach alter Tradition mit per Hand aufzutragenden Schellack-Polituren Clavier oder Clavichord auf die blättrige Haut rückt.

Der Weg zu Möbelrestaurierung…

Ihre handwerkliche Begabung kam der gebürtigen Bremerin Veronika Büttner schon früh bei ihrer Arbeit als Erzieherin beim Werken und Basteln zugute. – Noch heute gibt sie ihre Kenntnisse gerne an junge Menschen weiter. Holz in seiner Lebendigkeit und Langlebigkeit hatte es ihr besonders angetan. Als sie da eher zufällig die Möglichkeit zu einem Praktikum bei einer Möbelrestaurierungswerkstatt in Hamburg erhielt und dadurch bei der Restauratorin Caroline Weiss bei der Restaurierung eines Orgelprospektes in der Klosterkirche mithelfen konnte, wusste sie, dass die nachhaltige Arbeit mit Holz ihre Zukunft sein würde. Als die große Liebe sie dann nach Berlin führte, trat sie in der Hauptstadt ihre Tischlerlehre an. Als Gesellin in einer Möbeltischlerei erwarteten sie unterschiedlichste Holzarbeiten vom Rahmen- über Treppen- bis hin zum Möbelbau, was ihr wichtige Grundlagen für ihr späteres vielschichtiges Schaffen brachte. Nach der Anstellung bei verschiedenen Tischlermeistern wechselte Veronika schließlich – von einer Mitsängerin im Chor vermittelt – in die Werkstatt eines Möbelrestaurators, der sie in die Geheimnisse des Möbelrestaurierens einarbeitete. Seit 2000 selbstständige Möbelrestauratorin, lernte Musikfreundin Veronika („in meinem Leben spielten schon viele glückliche Zufälle eine Rolle“) den Berliner Instrumentenbauer Andreas Hermert kennen, der sich in Friedenau mit seiner Ladenwerkstatt „Claviere“ neben den Orgelpflegearbeiten seit 1991 auf das Reparieren und Restaurierungen von historischen Tasteninstrumenten sowie den Bau von Pfeifenorgeln, Cembali, Virginalen und Clavichorden spezialisiert hatte und damit einen spannenden Arbeitgeber für die Fachfrau der Holzrestaurierung darstellte. – Seit bereits 18 Jahren arbeiten nun die beiden Profis mit ihrer jeweiligen Werkstatt zusammen, wobei jeder seinen Spezialbereich hat. „Ein wunderbares Arbeiten“, sind sich beide einig, zu denen sich hin und wieder Praktikanten gesellen. Veronika Büttner erklärt: „Ich lerne hier so viele interessante Leute aus aller Welt kennen, die mit ihren Instrumenten den fachkundigen Rat von Andreas Hermert suchen – und finden.“

...und Clavichordwerkstatt

Ein begnadeter Handwerker sei er, wenn es darum gehe, Tasteninstrumente zu ergänzen, zu reparieren oder ganz neu zu bauen, weiß Veronika. Da kauft in Friedenau der Professor aus Wien bei ihm, dem absoluten Kenner der Materie Instrument, bieten ihm aber auch Hinterbliebene edle Stücke aus Nachlässen an. Und über mangelnde Reparatur- und Bau-Aufträge kann der gebürtige Neuköllner schon gar nicht klagen, der ursprünglich eigentlich Malerei und Grafik studieren wollte, dann aber in Trier Orgelbauer wurde. Dafür ist er ein wirklicher Künstler seines Fachs geworden, der mit Veronika, mit der ihn auch das Verständnis und die Liebe zur alten Musik verbindet, immer auf der Suche nach alten Hölzern ist, die, in der Werkstatt gelagert, neben Möbeln und Instrumenten zum besonderen Charme des Ladens beitragen. Und tauchte Pumuckl hier plötzlich hinter einem Clavichord auf, wen würde es wundern? – Schließlich hat Meister Hermert die kleinste spielbare Orgel gebaut und es 1989 mit seinem Mini-Entwurf ins Guinessbuch der Rekorde geschafft.

Ein Tüftler ist er durch und durch, wie das Riesenpuzzle aus 12.000 Teilen an einer Werkstattwand beweist, das er während seiner Lehrzeit in Trier zusammengesetzt hat, und das dann unterm Teppich, in vier Teile zerlegt, auf seine Wieder-Zusammenfügung wartete. Auch bei seinen Maschinen, die ihm bei Reparatur, Restauration und Neubau von Tasteninstrumenten zuverlässige Dienste leisten, sucht und findet Andreas Hermert nicht alltägliche Lösungen: So hat er eine alte Fadenspinnmaschine, die er geschenkt bekommen hatte, zum Spinnen von Instrumentensaiten umfunktioniert und unterstützt nun damit bei Bedarf auch Kollegen vom Fach.

Je älter, desto lieber

Etliche Restaurierungsaufträge für die Korpusse historischer Flügel sind im Laufe dieser ergebnisreichen Zusammenarbeit mit Andreas Hermert durch Veronikas Hände gegangen: Schellack-Polituren und Intarsien-Reparatur sind ihre Spezialität, das Wissen und Beherrschen historischer Handwerkstechniken, Rezepturen und Materialien wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Je älter die Möbelstücke sind, desto größer ist ihre Freude an der diffizilen Arbeit. Dabei hat die Handwerkerin stets den Leitgedanken der Konservierung und Restaurierung im Hinterkopf. – Erzählt doch jedes Stück seine Geschichte, die es zu erhalten gilt. Dabei will seine Patina als Zeitdokument verstanden werden, deren Spuren nicht einfach wegzuwischen sind: Vielmehr beinhaltet die richtige Bearbeitungsweise z. B., Polituren nur zu reinigen, reversible Leime anzuwenden und Schellack-Polituren mit der Hand aufzutragen. Individuelle Anfertigung von langlebigen Möbelstücken gehören ebenso wie Beratung bei An- und Verkauf antiker Möbel zu den Aufgaben der Friedenauer Werkstatt, deren Tür für alle weit offensteht, die historische Möbel und Tasteninstrumente zu schätzen wissen.

Jacqueline Lorenz

Veronika Ziegert

Werkstatt für Möbelrestaurierung

Bahnhofstraße 3
12159 Berlin

www.ziegert-moebelrestaurierung.de

Andreas Hermert

Clavichordbau

www.clavichord.info

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