Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf November 2023
Im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2024/2025 gab es Pläne des Bezirksamtes, die Ansätze für die Finanzierung der Schulstationen an zehn Schulen zu kürzen. Die Kürzungen hätten zu Einsparungen bei der Personalausstattung der Schulstationen geführt. Nicht nur bei den betroffenen Schulleitungen stießen diese Pläne auf Kritik, sondern auch in der Bezirksverordnetenversammlung, die deshalb Korrekturen beim Haushalt vornahm. Nachfolgend nehmen die Fraktionen und die fraktionslosen Bezirksverordneten in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf zu diesem Thema Stellung.
René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher
Die Notwendigkeit und Güte der Arbeit in den zehn Schulstationen des Bezirks steht außer Frage. Sie leisten Krisenintervention, Konfliktbearbeitung und Elternberatung. Steglitz-Zehlendorf ist mit der Einrichtung von Schulstationen Wegbereiter für ganz Deutschland gewesen. Im Bezirkshaushalt hatte die Jugend-Stadträtin der FDP-GRÜNE-SPD Zählgemeinschaft dennoch beschlossen, Mittel für die Schulstationen zu streichen. Dafür erhielt sie von den Betroffenen, von uns und zuletzt sogar von den sie tragenden Parteien begründet heftige Kritik. Ihr Motto „kann ja der Senat übernehmen“ ist unprofessionell und gefährdet die erfolgreiche Arbeit. FDP, Grüne und SPD haben die Kürzung dann, nachdem wir signalisiert hatten, dies nicht mitzutragen, zwar rückgängig gemacht, allerdings gegen unseren Willen in Höhe von jeweils 100.000 Euro zu Lasten der Volkshochschule und der Bibliotheken. So wurden die Kürzungen sehr zum Schaden der Bürger in andere Bereiche verschoben. Verantwortungsvolle Haushaltspolitik sieht anders aus.
Bernhard Lücke
Wie wichtig Schulstationen sind, spüren Schulen täglich. Als fester Bestandteil im Schulleben bieten Schulsozialarbeiter*innen Soziales Lernen an, führen Gespräche mit Schüler*innen bei Streit oder Konflikten, sie beraten und unterstützen auch Eltern, sind Mitglieder im Krisenteam der Schulen, sind auch während Klassenkonferenzen und in Schulhilfekonferenzen als verlässlicher Partner an der Seite der Schüler*innen und Eltern, teils sind sie auch mit im Unterricht.
Steglitz-Zehlendorf hat vor ca. 25 Jahren die ersten Schulstationen aus eigenen Mitteln ins Leben gerufen; das war ein Erfolgskonzept. Ein vor wenigen Jahren gegründetes Landesprogramm hat Schulsozialarbeit an allen Schulen etabliert. Leider wurden die Schulstationen des Bezirkes nicht in das Landesprogramm übernommen, wir finanzieren sie weiter aus Bezirksmitteln, die nicht besonders üppig sind. Da uns die Schulsozialarbeit jedoch besonders am Herzen liegt, insbesondere gerade jetzt, wo wir die Nachwirkungen der Pandemie spüren und die Situation in der Welt zunehmend angespannt ist, haben wir die Finanzierung in der BVV gesichert, um die Stellen halten zu können.
Ulrike Kipf
Die Schulstationen in Steglitz-Zehlendorf gehören zu den Leuchttürmen der Jugend- und Sozialarbeit im Bezirk. Probleme und Anliegen können direkt vor Ort besprochen werden und die Schulgemeinschaft, gerade an schwierigen Standorten, gestärkt werden. Die SPD unterstützt dies mit Nachdruck. Wir freuen uns, dass diese Arbeit auf Antrag von SPD, Grünen und FDP gesichert wurde. Mit eigenen Schulstationen ist der Bezirk Vorreiter der Schulsozialarbeit. Das entsprechende Landesprogramm folgte erst später. Gemeinsam mit der Stadträtin Carolina Böhm fordern wir, dass alle Schulen in Steglitz-Zehlendorf durch den Senat in dieses Landesprogramm aufgenommen werden. Die freiwerdenden Mittel wollen wir nutzen, um noch zielgenauer einzelne Standorte zu stärken und Angebote dort auszuweiten, wo sie dringend benötigt werden. So wollen wir die Arbeit auf hohem Niveau verlässlich verstetigen. Die SPD steht dafür, dass alle jungen Menschen nicht nur die gleichen Bildungschancen haben, sondern auch in Gemeinschaft mit anderen sicher, gleichberechtigt und mit Freude lernen können. Hierfür ist die Arbeit der Schulstationen unerlässlich.
Alexander Niessen
Für uns Freie Demokraten (FDP) ist Bildung der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Wo Chancengerechtigkeit noch nicht besteht, kann beste Bildung vor allem durch das Zusammenspiel von Lehrkräften und Sozialarbeit erreicht werden. Seit vielen Jahren ist Steglitz-Zehlendorf Vorreiter bei sogenannten Schulstationen, die sich Schülern mit einem besonderen sozialpädagogischen Bedarf zuwenden. Als Schnittpunkt zwischen Schule und Jugendhilfe leisten sie für Schüler, Lehrer und Eltern einen essenziellen Beitrag an 13 Schulen im Bezirk. Mit der Ampel-Zählgemeinschaft haben wir Mittelkürzungen verhindert, sodass die wertvolle pädagogische Arbeit auch weiterhin an allen Schulstationen des Bezirks gewährleistet ist. Doch dass Steglitz-Zehlendorf diese Aufgabe vielfach allein übernimmt, während der Senat die Schulstationen anderer Bezirke vollständig finanziert, ist unhaltbar. Der Senat muss zukünftig gesamtstädtisch Verantwortung übernehmen und Schulstationen in allen Bezirken Berlins ausfinanzieren. Andernfalls sind die aktuellen Mittel im Bezirkshaushalt nur eine Verschnaufpause, aber keine langfristige Lösung.
Søren Grawert
Erst Familienhilfe, dann Jugendhilfe!Erst die Familien, dann das Amt: An immer mehr Schulen werden sogenannte „Schulstationen“ eingerichtet. Dabei handelt es sich um Einrichtungen der Jugendhilfe. Sie helfen den Schülern, die Probleme in der Schule haben. Das ist prinzipiell gut und richtig. Aber noch viel besser ist es, wenn den Familien geholfen wird, damit ihre Kinder erst gar keine Probleme in der Schule bekommen. Funktionieren die Familien, dann braucht auch keiner – oder nur sehr wenige – die Jugendhilfe. Deshalb: Erst die Familien stärken, dann die Jugendhilfe dort zum Einsatz bringen, wo noch Probleme sind. Die AfD bekennt sich zur Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft. Sie besteht aus Vater, Mutter und Kindern. Familie bedeutet Sicherheit, Obhut, Heimat, Liebe und Glück. Dieses Werte- und Bezugssystem wird von Generation zu Generation weitergegeben. Wir wollen eine kinderfreundliche Gesellschaft als Staatsziel ins Grundgesetz aufnehmen. Das stärkt Familien und verpflichtet die Politik zu echter Familienfreundlichkeit. Also: Erst die Familie stärken, dann denen helfen, die noch Hilfe brauchen. Starke Familien sind besser als starke Ämter.
Felix Wolf
Multiprofessionelle Teams an Schulen sind zeitgemäß und nachweislich überaus erfolgreich. Schulstationen sind eine nicht mehr wegzudenkende Unterstützungssäule für Kinder, Eltern und Lehrer*innen im kaputtgesparten Bildungssystem. Eigentlich müssten selbst „Politiker*innen mit Schuldistanz“ verstanden haben, dass man dieses System stärken und dort nicht sparen sollte. Das Bezirksamt S-Z wollte in seiner Vorlage für den nächsten Doppelhaushalt tatsächlich die Axt an die Schulstationen legen und jährlich fast 500.000 Euro einsparen. Anstatt sich mit dem schwarz-roten Senat und seinem destruktiven Sparhaushalt anzulegen, plante man, den Druck nach unten an die Mitarbeiter*innen der Schulstationen durchzureichen. Es ist dem öffentlichen Widerstand zu verdanken, dass die Ampel-Zählgemeinschaft eine Rolle rückwärts machen musste. Sich nun als Retter*innen der bezirklichen Schulstationen hinzustellen, indem man die eigene Idee beerdigt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Seriöse Haushaltspolitik geht anders, gute Schulpolitik auch. Gewonnen ist dadurch nämlich nichts: Das System Schule bräuchte dringend mehr Geld und Personal.
Dr. Egginger-Gonzalez
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