Gazette Verbrauchermagazin

Bezahlbares Wohnen im Bezirk

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf November 2017
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In den letzten Jahren sind bei zahlreichen Mietwohnungen im Bezirk Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen worden, die zu stetigen Erhöhungen der Mieten und zu einer Verdrängung von Mietern geführt haben. Durch den Verkauf von Wohnungen der ehemals städtischen Wohnungsbaugesellschaften waren auch diese Wohnungen von zum Teil erheblichen Mietsteigerungen betroffen. Durch den Zuzug geht diese Entwicklung mit einem wachsenden Bedarf an Wohnungen einher. Deshalb steht dieses Thema auch in der BVV auf der Tagesordnung.

CDU-Fraktion

Wir wollen, dass Wohnen im Bezirk auch weiter für die hiesigen Bürger, vor allem für die arbeitende Mittelschicht und Rentner, möglich bleibt. In den attraktiven Wohnlagen Berlins, dazu gehört der Bezirk – und dies soll auch so bleiben – ist Wohnraum knapp. Wir freuen uns, dass Steglitz-Zehlendorf hochattraktiv ist.

Natürlich freuen wir uns nicht über die dadurch entstehende Mangellage. Wir wollen Wohnungsbau wo immer ohne Qualitätsverlust des Wohnens im Bezirk machbar fördern und ermöglichen. Es bringt jedoch niemandem etwas, die gute Wohnlage Steglitz-Zehlendorfs durch überzogenen Wohnungsneubau zu zerstören, das Beispiel der Thermometer-Siedlung als sozialer Brennpunkt im Bezirk bestätigt uns. Derzeit liegen die Voraussetzungen für sogenannte Milieuschutzgebiete in Steglitz-Zehlendorf nicht vor, die im Übrigen im Ergebnis auch nicht helfen würden. Dieselben, die solchen Milieuschutz fordern, verhindern gleichzeitig auf 2/3 der Fläche des Neubauprojektes Lichterfelde-Süd maßvollen Wohnungsneubau, indem sie meinen, einen ehemaligen Truppenübungsplatz durch Pferdebeweidung als ökologisch wertvoll erhalten zu müssen.

Torsten Hippe

SPD-Fraktion

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) . Und Artikel 13 GG besagt: „Die Wohnung ist unverletzlich.“ Damit ist klar, welch hohes Gut eine Wohnung darstellt. Die von der Union blockierte Korrektur der bisherigen Mietrechtspolitik ist überfällig, um eine Verschärfung der bereits spürbaren gesellschaftlichen Spannungen zu verhindern. Durch die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen auf 20 Prozent in drei Jahren (in Berlin 15 Prozent) bestehen Anreize zur Schaffung von hochpreisigen Wohnungen. In keinem Wirtschaftsbereich – außer dem Waffenhandel – können noch solche Erträge erreicht werden.

Die SPD Fraktion ist seit langem für sozialen Milieuschutz auch in unserem Bezirk. Entsprechende Satzungen sollen die Verdrängung der angestammten Kiezbevölkerung durch Luxusmodernisierungen verhindern und Mieterhöhungen und der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen entgegen wirken. Auch wenn unsere Initiativen bisher von CDU und GRÜNEN im Bezirk eher sabotiert wurden: Wir werden in der BVV weiter für preiswerten Wohnraum kämpfen, auch wenn die Zählgemeinschaft daran kein Interesse hat.

Volker Semler

B‘90/Grünen-Fraktion

Das Phänomen von steigenden Mieten ist auch in unserem Bezirk angekommen und betrifft längst die Mitte der Gesellschaft. Immer mehr müssen überlegen, ob sie sich in Zukunft ihre Wohnung noch leisten können. Eine neue bezahlbare Bleibe in dem hart umkämpften Wohnungsmarkt in Berlin zu finden wird schwer. Hier sind sowohl Bund, als auch Land und Bezirk gefordert. Auf Bundesebene brauchen wir eine Einschränkung der Mieterhöhungsmöglichkeiten und die Bekämpfung der Ursachen der Landflucht. Land und Bezirk müssen den Bau insbesondere von günstigem Wohnraum durch zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren voranbringen. Eine grenzenlose Verdichtung, die keine Rücksicht auf wertvolle Kiezstrukturen oder Grünflächen nimmt, gilt es jedoch zu verhindern. Landes- und bundeseigene Immobilien sollten nicht mehr meistbietend verkauft werden, sondern an Genossenschaften und landeseigene Wohnungsgesellschaften gehen, die dauerhaft die Mieten niedrig halten. Milieuschutzgebiete, Sozialklauseln in städtebaulichen Verträgen oder Vorgehen gegen spekulativen Leerstand sind unter anderem weitere Werkzeuge, mit denen wir gegen hohe Mieten vorgehen wollen.

Carsten Berger

AfD-Fraktion

Alle sind aufgeschreckt: Allein 5.000 Studenten suchen zum Beginn dieses Wintersemesters eine Bude. Es muss gebaut werden! Auch im Bezirk! Linke und SPD sind ganz emsig. Es wird schon gefragt, ob man Handhabe gegen Privatpersonen habe, die Wohnraum oder Grundstücke ungenutzt lassen oder nicht voll ausnutzen. Die gibt es so nicht – noch nicht.

Was ist also möglich? Die Dahlemer Museen sind raus: Hier kommt Studenten-Wohnen hin. Hüttenweg: Die Straße Am Petersberg wird zum Holzungsweg verlängert, ein Waldstreifen dient zukünftig dem Wohnungsbau. Gleiches erfolgt in Nikolassee: südlich der Potsdamer Chaussee zwischen S-Bahn Wannsee und Autobahnkreuz Zehlendorf. Ebenso ist ein Streifen des Waldfriedhofs Zehlendorf längs der Straße zu gewinnen. Alles ist möglich, wenn es eine Mehrheit gibt.

Der Bezirk wird das Spiel um bezahlbaren Wohnraum nicht gewinnen können. Bei ungeregeltem Zustrom von Bewohnern wird es in Citylage schon unter Brücken und in Parks eng. Je mehr die Innenstadtbezirke kollabieren, desto stärker wird die Nachfrage nach ruhiger Wohnlage steigen und damit die Mieten. Aber nur, solange Steglitz-Zehlendorf das bieten kann.

Peer Döhnert

FDP-Fraktion

Jeder hat ein Recht auf Wohnraum. Es ist unsere Pflicht, diesem Anspruch gerecht zu werden. Wir sind uns daher rasch einig, Wohnen muss bezahlbar sein. Wohnen manifestiert den Ort, an dem wir zuhause sind. Wer sich in Zehlendorf-Steglitz zuhause fühlt, muss auch hier wohnen können. Die nachhaltigste Art des Wohnens entsteht durch Wohneigentum. Ziel der Freien Demokraten (FDP) ist es daher, den Erwerb und den Erhalt von Wohneigentum zu fördern. Ob Eigentum oder Mieten, die Kosten für Wohnraum werden vor allem durch gesetzliche Auflagen geprägt. Die Liste reicht von der Grunderwerbsteuer über Bestimmungen zur Umlage von Modernisierungskosten und Verbrauchssteuern bis hin zur Energiesteuer und dem EEG. Mietpreisbremse, Zweckentfremdungsgesetz und Milieuschutz sind hingegen wirkungslos. Wer Bauen kompliziert und teuer macht, braucht sich nicht zu wundern, dass wenig gebaut wird und Wohnen teuer wird. Es gilt daher, die Belastungen und Auflagen zu reduzieren und die Verfahren zu beschleunigen. Am Ende brauchen wir jedoch auch in Zehlendorf-Steglitz einfach nur mehr Wohnungen. Und die müssen geplant, genehmigt und gebaut werden.

Andreas Thimm

Linksfraktion

Nur eine Vielzahl von Maßnahmen im Bund, Land und Bezirk kann zur dringend benötigten Entlastung auf dem Wohnungsmarkt in Steglitz-Zehlendorf führen. Wohnen ist ein Grundrecht – DIE LINKE. im Bund will daher Spekulationen mit Wohnraum untersagen und die Rechte sowie den Kündigungsschutz von Mieter*innen stärken. R2G in Berlin sorgt dafür, dass die Zweckentfremdung von Wohnraum – beispielsweise am Gardeschützenweg 3 – von den Bezirksämtern unterbunden werden kann. Der Senat stärkt zudem die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und ermöglicht einen Neustart im sozialen Wohnungsbau. Die Linksfraktion Steglitz-Zehlendorf kämpft für Milieuschutzgebiete und unterstützt den Bürger*innenantrag von Mieter*innen der „Deutsche Wohnen“. Bisher hat die CDU-Fraktion alle Anträge für mehr Mieter*innenschutz verhindert. Wir fordern darüber hinaus mehr bezahlbare Mietwohnungen mit Mietbindung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. An einigen Stellen im Bezirk könnte die bestehende Bebauung intelligent nachverdichtet werden.

Eine weitere Baulandverschwendung für hochpreisige Stadtvillen und Eigentumswohnungen lehnen wir ab.

Gerald Bader

Titelbild

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