Gazette Verbrauchermagazin

Lollapalooza 2018 auf dem Maifeld?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf November 2017

Erst auf dem Tempelhofer Feld, dann im Treptower Park, in diesem Jahr in Hoppegarten und 2018 vielleicht auf dem Maifeld? Das Musikfestival Lollapalooza war stets umstritten. Die zahlreichen Besucher/innen lieben es, wogegen vor allem Anwohner/innen sich weniger über die lauten Tage freuen. Lesen Sie, wie die in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf vertretenen Parteien die Problematik sehen.

SPD-Fraktion

Lollapalooza am 8./9.9.2018 im Olympiastadion und Olympiapark – so steht es auf der Homepage des Veranstalters. Das Bezirksamt und die BVV sind aber bisher noch gar nicht in die Pläne einbezogen worden. Weder liegt ein Konzept vor, noch gibt es eine offizielle Anfrage dazu.

Ein Mega-Event für Alt und Jung – eigentlich eine tolle Sache. Das Woodstock des 21. Jahrhunderts, wie der Veranstalter es gerne sehen möchte? Nein. Lollapalooza ist ein kommerzielles Unternehmen (FRHUG Festival GmbH) und es will in Metropolen ankommen. 1991 in den USA gestartet, gelangte das Festival 2015 nach Europa. Seitdem sucht es in Berlin einen festen Ort. Ist dafür das Olympiagelände geeignet? Kann hier, so nahe an Wohnsiedlungen, die Zukunft von Lollapalooza Berlin sein?

Ein logistisches Problem wie zuletzt in Hoppegarten dürfte hier nicht das Hauptproblem sein, sofern BVG und Deutsche Bahn rechtzeitig (!) eingebunden werden. Kritischer sehen wir als SPD-Fraktion den Lärmschutz, denn bei zwei Tagen Dauerbeschallung mit Live-Musik könnte es selbst bei hochwertiger Musik für Anwohnerinnen und Anwohner recht ungemütlich werden. Umso wichtiger, dass jetzt mit der Anwohnerschaft Möglichkeiten und Probleme diskutiert und ausgelotet werden.

Christiane Timper

CDU-Fraktion

Das Musikfestival „Lollapalooza“ ist eine der größten Veranstaltungen ihrer Art in Deutschland und lockt seit 2015 jedes Jahr viele tausend Gäste in unsere Stadt, wird aber auch von vielen Berlinerinnen und Berlinern besucht. Die CDU-Fraktion begrüßt es daher ausdrücklich, dass das Festival nach den Plänen des Veranstalters auch im Jahr 2018 wieder in Berlin stattfinden soll. Die seitens des Veranstalters und des Senats bereits erfolgte Festlegung auf den Veranstaltungsort Olympiapark in Charlottenburg ohne Einbeziehung des Bezirks und der Öffentlichkeit kritisieren wir jedoch. Zwar kann Charlottenburg-Wilmersdorf Großveranstaltungen – das beweist der Bezirk regelmäßig. Eine Veranstaltung dieser Größenordnung kann aber nach unserer Überzeugung nur dann ein Erfolg werden, wenn alle Beteiligten und Betroffenen frühzeitig eingebunden werden. Das gilt insbesondere für die Anwohner, die, ob gewollt oder nicht, das Festival zumindest akustisch miterleben werden. Außerdem muss sichergestellt werden, dass ein tatsächlich tragfähiges Verkehrskonzept für die Veranstaltung existiert, damit sich das diesjährige Chaos von Hoppegarten nicht wiederholt.

Christoph Brzezinski

B‘90/Grünen-Fraktion

Lollapalooza im Bezirk: das heißt zehntausende Festival-Besucher im Olympiapark, inklusive An- und Abreise. Berlin schmückt sich mit solchen „Events“ und zudem bringen die Fans Geld in die Stadt. Für viele Besucher*innen sind die zwei Tage fraglos ein fantastisches Erlebnis. Die aktuellen Erfahrungen aus Hoppegarten zeigen freilich: Organisation ist alles. Dort wie auch im Vorjahr am Treptower Park gab es vorab ein langes Hin und Her um Genehmigungen und Auflagen. Die Anwohner*innen rund ums Olympiastadion wissen aus eigener Erfahrung was auf sie zukommt. Eine wirklich gelungene Veranstaltung wird es deshalb nur im Dialog mit ihnen geben. Das ist in erster Linie Aufgabe des Konzertmanagements, das ja stets den Nachhaltigkeitsanspruch des Festivals betont. Aber auch das Bezirksamt muss zusehen, dass alle Fragen zur Verkehrsplanung, Sicherheit, Lärm, Müllbeseitigung, Natur- und Denkmalschutz geklärt sind. Selbst wenn Lollapalooza nicht die erste Großveranstaltung ist, die der Bezirk stemmt: da ist noch viel zu tun.

Christoph Wapler

FDP-Fraktion

Für die Freien Demokraten sind Musikfestivals, genauso wie Theater und Kunst, Teil der bezirklichen Kultur. Sie sollten nicht durch unnötige behördliche Auflagen kaputt gemacht – oder an den Rand der Stadt gedrängt werden. Gleichzeitig dürfen Veranstaltungen nicht auf dem Rücken von Anwohnerinnen und Anwohnern ausgetragen werden. Bei der Planung des „Lollapalooza-Festival“ 2018 sind daher frühzeitig die betroffenen Anrainer in Westend über mögliche Auswirkungen zu informieren und sowohl Lärmschutz-, als auch Verkehrskonzepte zu entwickeln. Schon heute bekommt es der Bezirk nicht hin, ein nachhaltiges Konzept für die An- und Abfahrt, aber auch das Parken rund um das Olympiastadion bei Großveranstaltungen aufzustellen. Bei einem mehrere Tage andauernden Festival muss dies umso früher angegangen werden. Gelingt dies, steht dem „Lollapalooza-Festival“ in Charlottenburg-Wilmersdorf aus Sicht der Freien Demokraten im Bezirk nichts entgegen. Der Begriff „Lollapalooza“ stammt vermutlich aus der Zeit um 1900 und bedeutet ein herausragendes Beispiel bzw. etwas außergewöhnlich Beeindruckendes. Vielleicht gelingt es uns ja, mit Mut und Optimismus solch ein außergewöhnliches Event zu ermöglichen.

Felix M. Recke

AfD-Fraktion

2015 auf dem Tempelhofer Feld, 2016 im Treptower Park, 2017 Hoppegarten. Und nun 2018 auf dem Maifeld am Olympiastadion? Rock, Rap, Punk, Tanz, Comedy, Mode und Kunst – das sind die Markenzeichen von Lollapalooza. Passt zu Berlin – aber passt es den Anwohnern, die zwei Tage lang Krach und Remmidemmi über sich ergehen lassen müssen? Schwierige Entscheidung. Denn es gibt ja auch noch andere Veranstaltungen übers Jahr, da ist die Waldbühne, da ist das Olympiastadion. Die Menschen fühlen sich gebeutelt. Selbstverständlich müssen die Verkehrskapazitäten einwandfrei sein, die Müllentsorgung muss funktionieren, die Wohnstraßen in der Umgebung müssen abgesperrt werden. Und Schluss um 23 Uhr. Die „Veranstaltungslärmverordnung“ muss penibel eingehalten werden: Nicht mehr als 18 störende Ereignisse pro Jahr und Ort. Natürlich ein Kompromiss – und so mancher wird ihn faul finden. Aber ob Marathon, Karneval der Kulturen, Demonstrationen – immer werden Anwohner in Mitleidenschaft gezogen. Berlin sollte sich trotzdem von solchen Veranstaltungen nicht abkoppeln, sie gehören nun mal zu einer lebendigen, modernen Großstadt.

Michael Seyfert

Linksfraktion

Dreimal fand das Lollapalooza in Berlin statt, jedes Mal gab es viel Ärger. Grundsätzlich sollten innenstädtische Musik-Festivals möglich sein, aber dann müssen, eigentlich selbstverständliche, Kernfragen geklärt sein. Zum Beispiel muss der Ort stimmen, nicht wie der Treptower Park oder Hoppegarten, dieses Mal wird es zu Recht zu Protesten im Bezirk kommen. Der Veranstalter hat nicht unter Beweis stellen können, dass er in der Lage ist, ein vernünftiges Mobilitäts- und Sicherheitskonzept auf die Beine zu stellen – 40 Personen kollabierten oder wurden beim Warten auf die Bahn verletzt, so das Ergebnis in Hoppegarten. Hauptgrund: Der Veranstalter wollte keine Sonderzüge bezahlen. Hinzu kommt der immense Aufwand für den Bezirk für Planungsleistungen. Schafft das das Bezirksamt? Belastung für Anwohner*innen, Müll, viel Arbeit und Ärger. Wofür? Ein kommerzielles Mega-Event in der City-West. Das passt ins Stadtmarketing. Von dieser „Festivalisierung“ der Stadt und der Ausschlachtung städtischer Ressourcen für die Gewinne windiger Veranstalter haben wir die Schnauze voll. Corporate Rock still sucks! So viel Engagement würden sich so manche Raver, Punks und andere Alternative wünschen, wenn diese versuchen, in der Stadt Orte für ihre kleineren und unkommerziellen Veranstaltungen zu suchen.

Niklas Schenker

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