Gazette Verbrauchermagazin

Ausstellung im Brücke-Museum

Künstlerische Zeugnisse von Krieg und Repression

Elfriede Lohse-Wächtler, Ohne Titel [Weibliche Kopfstudie mit Hand], um 1929, Bleistift und farbige Pastellkreiden auf Papier, Sammlung Prinzhorn Heidelberg. Ausgestellt im Brücke-Museum.
Elfriede Lohse-Wächtler, Ohne Titel [Weibliche Kopfstudie mit Hand], um 1929, Bleistift und farbige Pastellkreiden auf Papier, Sammlung Prinzhorn Heidelberg. Ausgestellt im Brücke-Museum.
Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Dezember/Januar 2023
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Die Ausstellung „Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit. Künstlerische Zeugnisse von Krieg und Repression“ ist eine Kooperation von Brücke-Museum und Schinkel Pavillon. Sie zeigt Kunstwerke der klassischen Moderne und der Gegenwart, die staatliche Gewalt und Unterdrückung thematisieren. Im Hinblick auf den von Russland entfesselten Krieg in der Ukraine begreift die Ausstellung die Vergangenheit als Kontinuum und Gegenwart.

Kunstwerke als Dokumente

Inwiefern kann ein Kunstwerk als Zeugnis und als Dokument einer Katastrophe fungieren? Hat das Dokumentieren selbst einen künstlerischen Wert? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Ausstellungsteils im Brücke-Museum. Aus der Sammlung des Brücke-Museums werden in diesem Zusammenhang sechs Gemälde präsentiert – von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Otto Mueller – die einst von den Nationalsozialisten im Zuge der Propaganda-Kampagne „Entartete Kunst“ aus öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt wurden. Im Gegensatz zu den Brücke-Künstlern sind unzählige ihrer künstlerischen Zeitgenossen von den Nationalsozialisten nicht nur beruflich, sondern auch persönlich gewaltsam verfolgt und sogar ermordet worden. Die Ausstellung rückt einige dieser Persönlichkeiten in den Fokus – darunter Elfriede Lohse-Wächtler. Die gezeigten Porträts fertigte Lohse-Wächtler während ihrer Zwangsaufenthalte in einer psychiatrischen Klinik von den Menschen an, die sie umgaben. Wie sie selbst wurden viele ihrer Mitpatientinnen von den Nationalsozialisten durch den staatlich organisierten systematischen Massenmord an Personen mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen umgebracht.

Metaphysik des Zeugnisses

Der Ausstellungsteil im Schinkel Pavillon konzentriert sich thematisch auf die Metaphysik des Zeugnisses. Eines der zentralen Themen, das die Künstlerinnen und Künstler im Schinkel Pavillon verbindet, hat mit der Reflexion und dem Durchleben der Katastrophe als ein außergeschichtliches, universelles Ereignis zu tun. Mit dem Beginn von Verfolgung und Krieg – in den 1930er- und 1940er-Jahren – haben viele Kunstschaffende der Moderne ihre Sprache radikal verändert und sich verstärkt dem Figürlichen, Symbolischen und Allegorischen zugewandt. Zu ihnen zählen Johanna Schütz Wolf und Hannah Höch, die beide im Schinkel Pavillon vertreten sind.

Die Ausstellung ist bis 7. Januar 2024 im Brücke-Museum, Bussardsteig 9, 14195 Berlin und im Schinkel Pavillon, Oberwallstraße 32, 10117 Berlin zu sehen. www.bruecke-museum.de

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