Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Februar 2024
Der Hirsch – Schönebergs Wappentier – soll der Legende nach an ein früheres Jagdschloss in Schöneberg erinnern. Einen Nachweis für die Existenz eines Jagdschlosses gibt es jedoch nicht. Eine Annahme lautet, dass das Freigut neben der früheren Brauerei in Schöneberg als Jagdschloss bezeichnet wurde. Möglicherweise waren es auch die wildreichen Wälder, die Schöneberg einst umgaben, die den Hirsch zum Wappentier werden ließen. Bereits seit 1890 wollte Schöneberg sein eigenes Wappen führen, die Genehmigung zum Führen eines Wappens wurde allerdings erst 1899 erteilt. Im ursprünglichen Wappen waren es zwei rote Hirsche auf goldenem Grund, die ihre Hufe auf einen kleinen Berg neben einer Kiefer setzen.
Wer den Goldenen Hirsch im Rudolph-Wilde-Park schuf, ist hingegen unstrittig. Es war August Gaul (1869 – 1921), der Sohn eines Steinmetzes. Er war Schüler der Königlich-Preußischen Zeichenakademie Hanau. Von dort aus ging er 1888 nach Berlin und arbeitete im Atelier des Bildhauers Alexander Calandrelli. Zusätzlich belegte er Kurse in der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums. Nachdem er 1890 eine Dauerfreikarte für den Zoo gewonnen hatte, verbrachte er viel Zeit dort und übte sich darin, Tiere zu zeichnen. Um seine Kenntnisse zu vervollkommnen, studierte er an der Kunstakademie, wo er Schüler von Paul Meyerheim wurde. Auch dieser hatte sich auf die Darstellung von Tieren spezialisiert. August Gaul wurde im Anschluss an sein Studium Meisterschüler von Reinhold Begas, dem führenden Bildhauer seiner Zeit. Begas schuf unter anderem den Neptunbrunnen. An dem Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. vor dem Stadtschloss durfte August Gaul an der Gestaltung von zwei Löwen mitarbeiten. Heute befinden sich die Löwen im Tierpark Friedrichsfelde, das Standbild des Kaisers wurde 1950 beseitigt. Der Stil von August Gaul wurde von anderen Bildhauern beeinflusst, so lernte er in Italien bei Lous Tuaillon. 1908 wurde Gaul zum Professor der Kunstakademie berufen. Der Goldene Hirsch wurde 1912 von ihm geschaffen und ziert den Brunnen im Rudolph-Wilde-Park.
Einst sumpfiges Gelände, heute Erholungsort: südlich vom Rathaus Schöneberg, das auf dem früheren Mühlenberg gebaut wurde, befand sich der Schwarze Graben oder Hauptgraben, der unter anderem die Abwässer von Schöneberg aufnahm. Er war der Überrest einer eiszeitlichen Rinne. Heute ist der kleine Ententeich neben dem U-Bahnhof das östlichste Gewässer dieser glazialen Nebenrinne, die zur Grunewaldseenkette gehört. Der Untergrund ist nach wie vor sumpfig, was bereits zu aufwändigen Reparatur- und Sanierungsarbeiten am Bahnhof und den Treppen führten, da die in den Sumpf getriebenen Eichenpfähle faulten und die Bauten abzusacken drohten.
Ab 1906 wurde der Stadtpark angelegt. Die Entwürfe für den Park hatten viele Väter, da der federführende Stadtbaurat Friedrich Gerlach eine Kombination aus mehreren Plänen erarbeitete. Der Ostteil des Parks erinnert an einen Kurort, mit dem Hirschbrunnen und Milchhäuschen, heute ist dort ein Gastronomiebetrieb mit Biergarten. Auf der westlichen Seite des Bahnhofs schließt sich der landschaftliche Teil des Parks an, mit dem beliebten Ententeich, auf dem sich der Bahnhof im Stil einer Orangerie spiegelt. Die leicht geschwungenen Wege laden zum Spazieren gehen ein und werden auch von Joggern gerne genutzt. An der Kufsteiner Straße geht der Rudolph-Wilde-Park in den Stadtpark Wilmersdorf über.
Seinen heutigen Namen bekam der Park 1963, als der frühere Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus Schöneberg in John-F.-Kennedy-Platz umbenannt wurde. Nun erinnert der Park an Rudolph Wilde (1857 – 1910) den früheren Bürgermeister von Schöneberg, der sich besonders für den Bau der U-Bahn und des Rathauses Schöneberg eingesetzt hatte.
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