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Frauenpolitik im Bezirk

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Frauentreff Ratswaage Lankwitz an der Charlottenstraße 64.
Frauentreff Ratswaage Lankwitz an der Charlottenstraße 64.
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf März 2024
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Frauen sind heute in der Gesellschaft so sichtbar und vordergründig auch erfolgreicher. Zwei Bereiche, in denen dies besonders deutlich wird, sind Erwerbstätigkeit und Politik. Doch trotz veränderter sozialer und ökonomischer Hierarchien treten immer noch alte Muster zutage. Frauen erhalten im Durchschnitt für vergleichbare Arbeit weniger Geld als Männer und übernehmen ein Großteil der unbezahlten Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeiten. Wie Frauenpolitik im Bezirk gestaltet wird, stellen Mitglieder in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf aus ihrer Sicht dar.

René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher

CDU-Fraktion

Die CDU-Fraktion setzt sich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein. Ziel unserer Initiativen ist es, ggf. noch bestehender Benachteiligungen von Frauen entgegenzutreten und die bezirkliche Verwaltung in die Lage zu versetzen, insbesondere die Frauenarmut zu bekämpfen. Ein zentrales Ziel ist die Schaffung gleicher Chancen für Frauen in allen Positionen im Bezirk. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll durch flexible Arbeitszeitmodelle verbessert werden, wodurch auch das Bezirksamt als Arbeitgeber attraktiver wird. Wir wollen die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Alleinerziehenden deutlich verbessern und zugleich die Förderung der beruflichen Weiterentwicklung von Frauen unterstützen. Zudem soll die Finanzierung von sinnvollen Frauenprojekten und Beratungsstellen auf eine solide Basis gestellt werden. Dabei muss aber auch darauf geachtet werden, dass diese Projekte effektiv ihre Aufgaben im Sinne der Frauen erfüllen. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit. Gerade die Vorkommnisse in den letzten Monaten haben gezeigt, wie notwendig dieser Einsatz im Alltag ist.

Karen Wirrwitz

B‘90/Grünen-Fraktion

Als Grüne setzen wir uns von jeher für eine feministische, offene Gesellschaft ein, die nicht nur gleiche Rechte für alle Menschen fordert – sondern auch durch konsequente Quotierung umsetzt. Die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an allen politischen und gesellschaftlichen Formaten ist uns deshalb auch im Bezirk ein besonders wichtiges Anliegen, das wir in jedem Bereich von Politik mitdenken. Das betrifft nicht nur die Einrichtung eines Frauenbeirats, der demnächst in der BVV beschlossen werden soll, sondern auch die Vernetzung zahlreicher Initiativen für Frauen. So haben wir unter anderem Infoveranstaltungen für alleinerziehende Frauen organisiert – die zu den am stärksten armutsgefährdeten Gruppen gehören. Gemeinsam mit den Ampelparteien haben wir einen Antrag eingebracht, eine sogenannte „Panchina Rossa“ – eine rote Bank – gut sichtbar im Bezirk aufzustellen. Diese Idee geht auf eine italienische Initiative zurück und soll die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen ins Bewusstsein rufen. Diese betrifft heute auch digitale Gewalt und Hate Speech, gegen die wir gemeinsam mit dem Landesverband Strategien erarbeiten.

Gülsah Bayar

SPD-Fraktion

Seit Jahren ist unser Bezirk bei der Sensibilisierung „Gegen Gewalt an Frauen*“ dank der Arbeit der nun in Pension gegangenen Frauenbeauftragten, Hildegard Josten, gut aufgestellt. Auch die jährliche Fraueninfobörse im Rathaus Zehlendorf mit vielen Organisationen und Initiativen ist aus frauen*politischer Sicht ein Gewinn. Das gilt auch für das vielfältige Programm des Frauentreffpunkts Ratswaage. Politisch haben wir in den letzten Jahren beim Thema Geld und Beteiligung nochmals anziehen müssen: Angefangen beim Beschluss für „Gender Budgeting“ (Berücksichtigung der Geschlechterperspektive bei der Gestaltung öffentlicher Budgets) über eine Anhebung des Etats der Frauenbeauftragten bis hin zur überparteilichen Konzeptionierung eines bezirklichen Frauen*beirats, dessen Einsetzung durch die BVV unmittelbar bevorsteht. Damit ist aus Sicht der SPD aber noch längst nicht alles erreicht. Es braucht einen zweiten, größeren Frauen*treffpunkt mit ausreichend Platz, um Frauen* vor Ort zu unterstützen. Die Ratswaage in Lankwitz ist mit 27 qm die kleinste Liegenschaft Berlins und weder zentral gelegen noch für Sprechstunden ausgelegt.

Carolyn Macmillan

FDP-Fraktion

Am 8. März feiern wir den Internationalen Frauentag. Seit fünf Jahren ist er in Berlin ein gesetzlicher Feiertag. Dass sich alle weiblichen Menschen in Deutschland als Frau bezeichnen können, geht auf den liberalen Innenminister Hans-Dietrich Genscher zurück, der Anfang 1972 das Fräulein aus der deutschen Amtssprache verbannte. Für die Frauen, deren Bezeichnung als Fräulein bis dahin allen unfreiwillig ihren Familienstand offenbarte, eine wichtige Veränderung in ihrem Alltag und ein Meilenstein in der Gleichberechtigung, auf den wir Freie Demokraten (FDP) mit Stolz zurückblicken. Aber auch ein Auftrag, das formal garantierte Recht auf Selbstbestimmung durch die notwendigen Rahmenbedingungen jedem Menschen tatsächlich zu ermöglichen, denn Geschlecht ist weder Makel noch Verdienst. Die FDP unterstützt die Einrichtung eines bezirklichen Frauenbeirats, der überparteilich, praxiskundig und kompetent die Interessen von Steglitz-Zehlendorfs Frauen vertritt. Nach Unterrichtung zum Umsetzungsstand im Ausschuss sehen wir die Vertretung für Frauenrechte im Bezirk nur mit rechtskonformer Geschäftsordnung auf einem tauglichen Stand.

Mathia Specht-Habbel

AfD-Fraktion

„Frauen-Politik im Bezirk“ soll in dieser Ausgabe der Gazette das Thema sein. Das haben sich die Grünen so gewünscht. In der AfD-Fraktion waren wir ziemlich erstaunt darüber. Gerade die Grünen sind es doch, die bei jeder Gelegenheit erklären, dass es die beiden Geschlechter „Mann“ und „Frau“ gar nicht wirklich gibt, sondern dank „Gender“ alles möglich ist – derzeit sind es wohl 87 Geschlechter, der aktuelle Stand kann im Grünen-Fraktionsbüro erfragt werden. Aber lassen wir diesen Gender-Quatsch. Natürlich gibt es Frauen. Zum Glück! Und Frauen können heute in Deutschland alles werden – Bezirksbürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, Kanzlerin von Deutschland, Bürgermeisterin von Berlin, Unternehmerin, Pilotin, Chefredakteurin, Mutter, Großmutter und vieles mehr. So soll das auch sein. Allerdings haben wir seit 2015 zahlreiche Menschen, meist junge Männer, nach Deutschland gelassen, die das aus kulturellen Gründen oftmals anders sehen. Von Körperverletzungen über Vergewaltigungen bis zu „Ehren“morden reicht die Spanne der Straftaten, die in diesem Zusammenhang gegen Frauen verübt werden. Dagegen müssen wir etwas tun. Auch das ist Frauen-Politik im besten Sinne.

Volker Graffstädt

Die Linke 

Unser Bezirk braucht dringend mehr spezifische Angebote für Frauen, Mädchen und junge Familien. Ihre Bedürfnisse sollten zum Beispiel bei großen Neubauprojekten wie in Lichterfelde Süd oder bei Umbaumaßnahmen wie in Zehlendorf Mitte stets mitgedacht und eingeplant werden. Ein besonderes Augenmerk muss die Politik dabei auf die Unterstützung für Alleinerziehende legen. Und auch die engagierte Arbeit der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten im Bezirk muss ausreichend finanziert werden. Um die vielfältigen Herausforderungen einer diversen Gesellschaft in Zukunft besser abbilden und adressieren zu können, fordert Die Linke Steglitz-Zehlendorf außerdem, einen Frauenbeirat im Bezirk einzusetzen. In anderen Bezirken gibt es solche Frauenbeiräte längst, in Steglitz-Zehlendorf wurde die Einrichtung immerhin 2021 beschlossen und eine Arbeitsgruppe hat bereits die Geschäftsordnung erstellt. Höchste Zeit also, den Worten endlich Taten folgen zu lassen. Erst letzten Monat wurde ein Antrag von Die Linke in der Bezirksverordnetenversammlung abgelehnt, der die umgehende Einsetzung eines Frauenbeirats auch bei uns im Bezirk forderte.

Juliana Wekel

Titelbild

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