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Komödie am Kurfürstendamm wird in diesem Jahr 100

Baustaub statt Bühnenluft?

Martin Woelffer, Theaterdirektor der Komödie am Kurfürstendamm, hofft, dass zeitnah Baustellenbretter Bühnenbrettern weichen.
Martin Woelffer, Theaterdirektor der Komödie am Kurfürstendamm, hofft, dass zeitnah Baustellenbretter Bühnenbrettern weichen.
Erschienen in Gazette Wilmersdorf März 2024
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Der Kurfürstendamm besitzt eine lange Geschichte als angesehene Flanier- und Einkaufsstraße für Touristen und Einheimische, an der aber auch die Kultur ihren festen Platz hat. Als deren besonderes Highlight über Jahrzehnte galt das vielseitige Theaterangebot des Berliner Privattheaters „Theater am Kurfürstendamm“, das sich mit der „Komödie am Kurfürstendamm“ unter der Obhut der Familie Wölffer bis 2018 im Ku‘damm-Karree befand. Doch mit Beginn der Bauarbeiten auf diesem Areal verloren nicht nur diese Spielstätten ihr angestammtes Zuhause, auch der Ku´damm verarmte damit sichtlich. Etliche Schauspieler hatten sich für den Erhalt der Traditionshäuser und gegen ihren Abriss eingesetzt, darunter Bühnenikonen wie die unvergessene Edith Hancke, Jochen Busse und Katharina Thalbach, die gerade ihren 70. Geburtstag gefeiert hat. Theaterleiter Martin Woelffer erinnert sich dankbar: „Nie vergessen werde ich ihren Einsatz gegen den Abriss von Theater und Komödie am Kurfürstendamm. In zahlreichen Interviews und Verhandlungen vor Gericht machte sie sich für den Erhalt der beiden historischen Bühnen stark. Als klar war, dass der Abriss nicht mehr zu verhindern sein würde, schmiedeten wir gemeinsam Pläne, dass sie in einer ihrer Paraderollen, der des Theaterdirektors Striese im ‚Raub der Sabinerinnen‘, die letzte Vorstellung am Kurfürstendamm bestreiten sollte.“ – Am 27. Mai 2018 beschloss ein Abend voller Jubel und Abschiedstränen die Theater-Ära in den alten Räumen.

Übergangsquartiere

Seit September 2018 spielten das Theater und die Komödie dann im Schiller Theater unter dem Namen „Komödie am Kurfürstendamm“. Die Komödie nutzt inzwischen das Theater am Potsdamer Platz sowie die Komödie im Ernst-Reuter-Saal und die Komödie im Heimathafen Neukölln als Übergangsspielstätten bis zum Abschluss der Bauarbeiten am Ku‘damm-Karree, wofür der Hausherr der Komödie sehr dankbar ist, auch wenn sein Spielbetrieb an den Ausweichbühnen nicht an allen Tagen der Woche aus Kapazitätsgründen möglich ist. Heiß ersehnt von Publikum und Theaterteam bleibt also die Rückkehr „ihrer“ Komödie in frischem Gewand an den Kurfürstendamm. – Den 100. Geburtstag der Komödie am 3. November 2024 dort in einer bereits neueröffneten Komödie feiern zu können, dürfte ein unerfüllter Wunsch von Theatermann Martin Woelffer bleiben, der in bereits dritter Generation seit nunmehr 20 Jahren als Direktor die Traditionsbühne am Kurfürstendamm führt. Über Monate ruhte die Baustelle und Martin Woelffer erklärt: „Es gab einen Zeitpunkt, an dem ich gedacht habe, es würde nicht mehr weitergehen. Doch jetzt sieht es so aus, als würde bald wieder gebaut.“ Er bedauert: „Einen konkreten Zeitplan gibt es leider noch nicht.“ Doch die Finanzierung des Baus scheint geklärt, sodass einigermaßen zuversichtlich in seine Zukunft geblickt werden kann.

Klassisches Theater – modern interpretiert

Martin Woelffer ist für seine Geduld, die er bis jetzt für das hürdenreiche Bauprojekt am Kurfürstendamm aufbrachte, zu bewundern. Vielleicht hilft ihm dabei die Tatsache, dass er neben seiner Theatertätigkeit auch noch ein Institut für Aufstellungsarbeit führt. Sein eigentliches Geheimnis aber ist: „Ich weiß eine tolle Mannschaft hinter mir, mit netten Leuten, die einfach sehr gut zueinander passen.“ Als „kleiner Bauherr“ – wie er sich selbst bezeichnet – hat er reichlich Ideen, viel Herzblut und finanzielle Mittel in die Planung und Realisierung der „neuen“ Komödie gesteckt, ist damit u. a. für deren Innen- und Stahlausbau, die moderne Bühnentechnik und die dazu notwendigen Verankerungen zuständig, freut sich über die Fortschritte an „seinem“ Rohbau: „Die Zuschauer sollen sich in den neuen Räumen einer modern interpretierten klassischen Komödie wiederfinden, sich dort wohlfühlen“, ist Martin Woelffers Ziel für die „neue“ Komödie, die er mit 650 Plätzen geplant hat und bei der er für ein gutes Ausgehgefühl beim Publikum in der Innenarchitektur auf die bewährten Theaterfarben Hellbeige, Gold und Rot setzt.

Rückblick mit Ausblick

Bei aller Zukunftsmusik vergisst Martin Woelffer nicht, Bilanz zu ziehen: „Neben dem Theater am Potsdamer Platz haben wir im vergangenen Jahr auch am Heimathafen Neukölln und am Ernst-Reuter-Saal in Reinickendorf gastiert. Nicht nur unser treues Publikum ist uns alle drei Spielzeiten gefolgt.“ – Auch Erstbesucher haben den Weg in die Übergangsspielstätten gefunden, was den Theaterleiter besonders freut. So hatte die Komödie 2023 an den drei Spielstätten in 162 Vorstellungen immerhin 90.000 Besucher – und liegt damit wieder auf Vor-Corona Niveau. Woelffer erklärt: „Im Theater am Potsdamer Platz waren es sogar 678 Gäste pro Vorstellung. Sensationell lief der letzte Block von „Mord im Orientexpress“. Da waren es 1.113 Besucher am Abend.“ Bei aller Freude über den Zuspruch und bei aller Dankbarkeit über die seit ein paar Jahren erteilte öffentliche Förderung gibt der Theaterchef jedoch zu bedenken: „Es darf nicht darüber hinweggesehen werden, dass wir im Verhältnis zu fast der gesamten Konkurrenz unterfinanziert sind.“ – Ein Kritikpunkt, den auch andere Bühnen nennen, und der die Zuständigen zum Nachdenken in Sachen Gerechtigkeit anregen sollte.

Nach dem ersten Bühnenerfolg der Komödie „Das Huhn auf dem Rücken“ in diesem Jahr im Ernst-Reuter-Saal verspricht die nächste Premiere im Theater am Potsdamer Platz ein nicht minder mörderisches Spektakel: Am 17. März startet „Cluedo“, eines der bekanntesten Brettspiele der Welt, mit viel Slapstick und Spannung bis zur letzten Sekunde. U.a. Boris Aljinovic, Max von Pufendorf und Chiara Schoras verkörpern die Figuren des Spiels. Außerdem sind als Wiederaufnahmen „Mord im Orientexpress“ und „Das perfekte Geheimnis“ geplant.

– Dass der 100. Geburtstag der Komödie gefeiert wird, steht für Martin Woelffer schon heute fest. Wo, wann und wie bleibt aber noch sein Geheimnis. – Aber wer weiß: Vielleicht ist der Bau bis zum 3. November ja soweit, dass er sich wenigstens schon als vielversprechende Kulisse für die 100-Jahr-Feier nutzen und erste (Vor)freudentränen bei den Geburtstagsgästen fließen lässt? Man darf gespannt sein.

Weitere Informationen zum aktuellen Spielplan unter www.komoedie-berlin.de

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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