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Projektende „Jung fragt Alt im Kiez – Leben im 20. Jahrhundert“

Jeder Abschluss birgt auch einen Neubeginn

Gemeinsam das Erreichte feiern: Senioren, JungfragtAlt-Team und Gäste.
Gemeinsam das Erreichte feiern: Senioren, JungfragtAlt-Team und Gäste.
Erschienen in Gazette Steglitz Mai 2018
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Im Mai 2015 ging dieses Projekt der „Projektwerkstatt im gemeinnützigen Kinderring Berlin e. V.“ als Modell für generationsübergreifende Nachbarschaftsarbeit an den Start.

Am 15. April 2018 lud die Werkstatt nun anlässlich des Projektendes zur Abschlussveranstaltung ins legendäre Kino „Adria“ an der Steglitzer Schloßstraße, das das Projekt mit auf den Weg gebracht hatte.

Grund genug, Resümee zu ziehen und das Projekt in feierlichem Rahmen einerseits mit einem weinenden Auge über das Projektende, andererseits aber auch mit einem lachenden, in Richtung Zukunft blickenden Auge erst einmal vorläufig zu verabschieden.

Unter der Schirmherrschaft der Bezirksstadträtin für Jugend und Gesundheit Carolina Böhm waren der Einladung der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf Michael Karnetzki, Vertreter aus Bezirksamt und BVV sowie Vertreter aus dem Projektteam und Unterstützerkreis gefolgt.

Im Rahmen des Projektes hatten in zwei einjährigen Durchgängen im Bismarck-Kiez in Steglitz (JfA1) und im Bölsche-Kiez in Friedrichshagen (JfA2) 9- bis 13-jährige Grundschülerinnen und –schüler hochbetagte, ab 80 Jahre alte Menschen aus fußläufigen Seniorenpflegeeinrichtungen zu ihren Lebenserinnerungen befragt und das Erfahrene anschließend der Öffentlichkeit präsentiert. Filmpädagogin Michalina Mrozek aus Polen hatte die Begegnungen, Gespräche und Emotionen gemeinsam mit den Kindern jeweils in einem beeindruckenden Film festgehalten, deren nicht weniger fesselnde Zusammenfassung in der Abschlussveranstaltung am 15. April uraufgeführt wurde. Doch zeigt der nur die Spitze des Eisberges und lässt erahnen, wie viel Arbeit hinter dem Projekt stand.

Die einzelnen Projektschritte waren im Zusammenspiel aus Kindereinrichtung, Senioreneinrichtung und dem Kiez-Team organisiert worden, angeleitet von „Jung fragt Alt“ im Kinderring Berlin e. V. Hauptamtliche, Ehrenamtliche und Studierende begleiteten die Kinder und alten Menschen sensibel und führten sie an die Gespräche heran, vom ersten Kennenlernen bis hin zur Befragung, so dass eine optimale Durchführung gewährleistet war.

Zu 70 Prozent wurde das Modellprojekt von „Aktion Mensch“ gefördert, durch die engagierte Patenschaft der ehemaligen Europabeauftragten von Steglitz-Zehlendorf Christina Wegner vorangebracht sowie mit Spenden unterstützt, u. a. durch die PSD-Bank Berlin-Brandenburg, die Alnatura GmbH, den Berliner helfen e. V., durch Fraktionsvertreter, BVV, die Bürgerstiftung Steglitz-Zehlendorf und die Pfefferwerk Stadtkultur GmbH.

Alle Erwartungen übertraf dann auch das, was dabei heraus kam – für Fragende, Befragte und Organisatoren gleichermaßen, wie in der Abschlussveranstaltung immer wieder deutlich wurde.

Projekt der leuchtenden Augen

- so bezeichnet die Projektleiterin Mirjam Karnetzki vom Kinderring Berlin e. V. die dreijährige Gemeinschaftsarbeit, an dessen Ende nun der gelungene Brückenschlag zwischen Jung und Alt in der Nachbarschaft steht und der Projekttransfer mit Leitfaden, mit dem das Team potentielle Projekt-Nachahmer ansprechen, motivieren und beraten will. – Mit dem Ziel, die gewonnenen Erkenntnisse in die bestehende tägliche Kinder- und Seniorensozialarbeit zu integrieren.

„Langfristig würden wir uns wünschen, dass diese Projektbegleitung institutionell gefördert werden würde. Mein Traum ist, dass das Projekt Schule macht“, erklärt im Namen des Projektteams Mirjam Karnetzki, die als bildungsprojekterfahrene Deutsch-Dozentin mit einem Händchen für Jung UND Alt vor sechs Jahren gemeinsam mit Dr. Renate Blankenhorn die Projektwerkstatt gegründet hat.

Vom Rentnerland ins Spielehaus

Viele leuchtende Augen strahlten dann in der Tat am 15. April angesichts der Grußworte und Filmpräsentation mit der Sonne um die Wette: Da waren die befragten Seniorinnen und Senioren in Rollis und mit Gehhilfen aus dem Domicil Seniorenpflegeheim Feuerbachstraße erschienen, aus deren Mund – nicht nur im Film – Sätze zu hören waren wie: „Durch die Kinder hatten wir eine willkommene Abwechslung – wir haben ja jetzt so viel Zeit“, oder: „Die jungen Leute haben mein Leben noch mal aufgefrischt“, und: „Bewundernswert, wie offen die Kinder gefragt haben.“ Die jungen Journalisten aus Sachsenwald-, Fläming- und der evangelischen Grundschule Friedrichshagen stehen in ihrer Projektbeurteilung da in nichts nach: „Megacool, die Besuche bei den alten Menschen, viel besser als Klassenarbeiten und mal was anderes als Museenbesuche“, und: „Wir sind richtige Freunde geworden und haben ganz Spannendes erfahren.“

Viel Zeit hatten Alt und Jung während des Projektes miteinander verbracht, wie der Film immer wieder berührend zeigt:

Da wurden alte Fotos gemeinsam betrachtet und von damals erzählt. Und immer wieder waren da die Fragen nach dem Krieg, von dem manche der Senioren sogar schon zwei überlebt hatten. Auch die Berliner Mauer war Thema, so dass eine kleine Journalistin nach ihrem Senioren-Gespräch zufrieden bemerkte: „Jetzt habe ich das mit der Mauer endlich verstanden!“

Bemerkenswert geduldig erzählen da die alten Menschen aus ihrem Leben, wie die Kleidung damals aussah, wie weh Hunger tun kann oder, dass sie im Waisenhaus aufwuchsen. Wie viel davon in den Kinderköpfen doch haften bleibt und verarbeitet wird, begreift wohl jeder, der im Film die großen Kinderaugen sieht und spürt, wie beeindruckt die kleinen Fragenden von „ihren“ Senioren sind.

Hinter den ernsten Themen blieb aber auch der Spaß nicht zurück: Gemeinsam Eis essen, das Ausprobieren eines alten Telefons mit Wählscheibe und Hörer, Ausflüge aus dem „Rentnerland“ Senioreneinrichtung in das „Spielhaus“ der Kids oder eine Busfahrt zur ehemaligen Schule einer Seniorin bleiben wohl unvergessliche Erlebnisse für Alt und Jung, die – gepaart mit viel Liebe und Zeit – dazu beigetragen haben, eine uralte, aber immer noch hochaktuelle Geschichte zu bestätigen:

Welch´ wertvoller Schatz liegt doch in den Erzählungen der Alten, womit sie den Jungen so viel mitzugeben vermögen…

„Jedes Kind sollte die Möglichkeit haben, mit hochbetagten Menschen in Kontakt zu treten“, riet Mirjam Karnetzki dann auch bei der Abschlussveranstaltung, und Bezirksstadträtin Carolina Böhm, die das mutige und innovative Modellprojekt lobte, ergänzte: „Das Generationentreffen muss selbstverständlich werden.“

Und so darf man hoffen, dass mit dem Projektende auch der Weg für weitere Nachfolgeprojekte geebnet ist, hin zu noch mehr Verständnis und Miteinander der Generationen.

Jacqueline Lorenz

Projekt: Jung fragt Alt

Spenden für die Projektwerkstatt sind willkommen.

Spendenkonto:
Kinderring Berlin e. V.
Verwendungszweck: Projektwerkstatt
Bank für Sozialwirtschaft Berlin
IBAN: DE51 1002 0500 0003 3373 00
BIC: BFSWDE33BER

Weitere Informationen unter www.jungfragtalt.de

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