Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Juni 2018
Am 23. Februar 1943 erlitt das Schulgebäude des Friedenauer Gymnasiums erste Schäden durch nächtliche Luftangriffe. Fenster und Türen gingen zu Bruch. In den Räumen war es zugig und kalt. Der Unterricht musste in Mänteln erteilt werden.
Bereits zwei Jahre zuvor waren sogenannte Luftschutzmaßnahmen in der Schule ergriffen worden. Löschgeräte, Schutzanzüge, Helme und Geräte wurden beschafft und der Hausmeister Selle zum Luftschutzwart ernannt. Im Keller entstand ein später oft benutzter öffentlicher Luftschutzraum, von dem Spuren noch heute zu finden sind.
Ab Februar 1943 wurden Schüler des Friedenauer Gymnasiums zum Dienst als Flakhelfer herangezogen. Viele zahlten diesen „Hilfsdienst“ mit ihrem Leben.
Einige Monate später, ab August 1943, verursachten verstärkte Luftangriffe große Schäden auch in Friedenau. Das Dach über der Aula wurde zum Teil zerstört. Herabstürzende Trümmer durchschlugen die Decke und verwüsteten die gesamte Aula. Auch die Schulturnhalle an der Handjerystraße brannte bis auf die Grundmauern nieder.
Nach dreiwöchigem Warten ohne Unterricht verließen die restlichen Schüler zusammen mit ihren Lehrern Berlin. Vom Anhalter Bahnhof aus ging es nach Rebesgrün im Vogtland sowie nach Rabenstein bei Chemnitz.
Bei Kriegsende waren im Bezirk Schöneberg von 8269 Gebäuden 8,8 Prozent total zerstört, 22 Prozent schwer beschädigt, 16 Prozent wieder herstellbar und 53,2 Prozent leicht beschädigt.
Das Friedenauer Gymnasium am ehemaligen Maybachplatz wurde geschlossen, zurückkehrende Schüler im Rheingau-Gymnasium unterrichtet. Von insgesamt 1013 Absolventen seit Gründung im Jahr 1897 sind in den beiden Weltkriegen 397 Schüler gefallen – mehr als jeder Dritte!
Das Schulgebäude wurde nach Kriegsende mit den vorhandenen Mitteln wieder für den Schulbetrieb hergerichtet. Zunächst zog eine höhere Handelsschule ein.
Ende der 50er-Jahre übernahm die traditionsreiche Friedrich-Bergius-Realschule den Schulstandort am Perelsplatz. In den letzten Jahren verschlechterte sich der bauliche Zustand des denkmalgeschützten Gebäudes besorgniserregend. Starke Regenfälle führten regelmäßig zu massiven Wassereinbrüchen, teilweise vom Dachboden bis in den Keller. Bei Schneetreiben lagen im Dachboden Schneewehen von 1 Meter Höhe. Die Substanz des Schulhauses drohte zu verfallen.
Seit mehreren Jahren wird das Hauptgebäude unter Beachtung des Denkmalschutzes und unter Aufrechterhaltung des vollen Schulbetriebes saniert. Fertiggestellt sind bereits die Toilettenanlagen. Zurzeit läuft die „Hüllensanierung“ am Südflügel. Dächer, Fassaden und Fenster sind grundlegend instandgesetzt. Die zahlreich verbauten Sandsteine wurden gereinigt und – soweit notwendig – ergänzt oder ausgetauscht.
Am 25. Juni 2015, über 72 Jahre nach den Zerstörungen durch die Bombenangriffe, hob ein riesiger Autokran vom Schulhof aus ein Abbild der Göttin Athene auf ihren verwaisten Fassadenplatz oberhalb der Aula.
Die Göttin Athene galt den Griechen als Schutzherrin der Künste und der Wissenschaften.
Als Schulleiter wünsche ich mir, dass unsere Athene ihre schützende Hand dauerhaft über unsere Schulgemeinschaft hält, damit noch viele Schülergenerationen nach unserem Leitbild „Leistung fordern, Sozialverhalten fördern, Berufsfähigkeit erreichen – Jeder kommt ans Ziel“ in ein befriedigendes und erfülltes Leben entlassen werden können.
Schulgebäude und Gelände sowie unser „Schul- und Stadtteilmuseum Friedenau“ können nach telefonischer Terminvereinbarung besichtigt werden.
Rudolph/Lo
Schul- und Stadtteilmuseum der Friedrich-Bergius-Schule
Perelsplatz 6-9
12159 BerlinTel. 030 / 90277 – 7910
E-Mail: sekretariat@fbs-schule.de
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