Vom Kirchenraum zum KUNST.RAUM.STEGLITZ.
Ausstellung „Metamorphosen“ in der Patmos-Gemeinde
Erschienen in Gazette Steglitz Juli 2024
Als „schwellen- und barrierefrei für alle offen“ bezeichnet sich die diakonisch-politisch weltoffene evangelische Patmos-Gemeinde in Steglitz und beweist dies wieder einmal mehr: Bis zum 15. September 2024 hat sie in der Gritznerstraße 18-20 ihren Kirchensaal und zwei angrenzende Büros für die Ausstellung „Metamorphosen“ 28 Künstlerinnen und Künstlern aus Reihen des über 50 Kunstschaffende zählenden KUNST.RAUM.STEGLITZ. e. V. (K.R.S.) bereits zum zweiten Mal zur Präsentation ihrer Bilder zur Verfügung gestellt. „Denn seit Jahrhunderten sind Kunst und Kirche miteinander verbunden“, wie Pfarrerin Franziska Matzdorf anlässlich der Ausstellungseröffnung betonte. Und so erklärt sie dann auch ganz im Sinne des Arbeitstitels „Metamorphosen“: „Unser Kirchensaal erfährt durch die Klarheit der in den Bildern enthaltenen Linien, Farben und Formen eine beeindruckende Transformation: Wände und Glasfronten mit den gehängten Arbeiten lassen den Raum auf den ersten Blick voller und unübersichtlicher, dabei aber viel lebendiger wirken.“
Wandel und Kunst
Eigentlich hatte der Kirchensaal der vor über 60 Jahren im Jahr 1963 kurz nach Mauerbau als „Zufluchtsort für Verfolgte wie auf einer Insel“ von Peter Lehrecke im Stil der Neuen Sachlichkeit errichteten Kirche farbige, kirchenfensterartige Mosaikglaswände erhalten sollen, doch das Geld reichte lediglich für einen einfacher verglasten Umgang.
– Schillernde Akzente im lichtdurchfluteten Kirchenraum setzt da aktuell mit seiner ebenso farbenreichen wie aussagekräftigen Ausstellung der in diesem Jahr sein 10-jähriges Bestehen feiernde KUNST.RAUM.STEGLITZ e. V. mit den beeindruckenden Arbeiten seiner in der Kunstszene anerkannten darstellenden Künstler. Diese hatten sich im Vorfeld – jeder für sich – der Aufgabe gestellt, zwei Bilder aus Malerei, Fotografie oder Collage einzureichen, welche das Thema „Metamorphose“ beinhalten. Die Auswahl, welche Werke letztendlich in die Ausstellung gelangen, traf dann die kleine Vereins-Arbeitsgruppe „Bildende Kunst“. Erstaunliches, Unterschiedliches, Beklemmendes, aber auch Bezauberndes ist dabei herausgekommen:
Da liegt der scheinbar unbekümmert schlafende Eisbär mit Jungem vom Untergang bedroht auf infolge des Klimawandels wegschmelzendem Eis. Daneben aber umfangen Wandel der Jahreszeiten, Farbwechsel des Himmels und sich stetig änderndes Wellenspiel den Betrachter mit ganz eigenem Zauber. Grüne Wälder neben städtischen Karstlandschaften verbildlichen titelgerecht die Idee von Veränderung, Transformation, von persönlichem Wachstum, – aber auch Zerfall, wie ein in drei Skizzen verdeutlichter Verfallprozess eines toten Vogels zeigt: Durch die Verwertung anderer Lebewesen wie Ameisen und Bakterien bildet er die Grundlage für neues Leben und geht damit schrittweise in einen anderen Zustand über.
Anja Budach, Künstlerin und Vorsitzende des KUNST.RAUM.STEGLITZ., erklärt: „Erst bei der Bilder-Auswahl wurde deutlich, wie umfangreich das Thema Metamorphose doch ist. Verwandlung tritt überall auf: In Natur, Städten und den Menschen an sich. Farbe, Stimmung und Lichteinwirkung vermögen, so viel zu verändern. Dabei vermittelt der Begriff auch den Gedanken an Zerfall und Vernichtung. Doch immer dabei das Angebot, Kraft und Mut zu finden, um Veränderungen anzunehmen und einen Neuanfang zu wagen.“
KUNST.RAUM.STEGLITZ. im Wandel
Auf Wandel und Veränderung blickt auch der zehnjährige KUNST.RAUM.STEGLITZ. zurück, aber auch auf Neuanfang und Weiterentwicklung in die Zukunft. Bei der Vernissage im Mai waren im Patmos-Kirchensaal auch einige seit Vereinsstart im Oktober 2014 zugehörige Mitglieder dabei. So auch Performance-Künstlerin Stephani Bahlecke, Mitbegründerin des Vereins, der in erster Linie Künstlern der Region Steglitz offenstehen und den Kunstbereich Performance nicht unberücksichtigt lassen sollte.
Sie erinnert sich: „Bei dem in diesem Jahr ebenfalls zehn Jahre bestehenden PRIMOBUCH haben wir 2015 unsere erste Gruppenausstellung ‚EIGEN EIGENES EIGENTLICH‘ zeigen können. Auf der Suche nach eigenen Räumen betrieben wir danach über ein Jahr die Galerie in der Markelstraße 60, dort, wo seinerzeit die Brücke-Künstler Erich Heckel & Co ihre Geschäftsstelle hatten.“ Eine Projektförderung vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf ermöglichte dem Verein noch im gleichen Jahr in ihrer Galerie die Ausstellung „SPURENSUCHE – KUNST im öffentlichen RAUM STEGLITZ“, mit von Studierenden der Berliner Technischen Kunsthochschule (btk) unter Leitung von Prof. Matthias Leupold verwirklichtem Begleitbuch. – Ein Anfang war gemacht, und als damalige Vereinsvorsitzende konnte Stephani Bahlecke namhafte Künstler wie Achim Freyer auf den Verein aufmerksam machen und spannende Ausstellungsorte wie das Lichterfelder Frauengefängnis Soeth.7 für eigenfinanzierte Ausstellungsprojekte gewinnen. 2017, 2018 und 2019 initiierte sie gemeinsam mit Tochter und Gründungsmitglied Vanessa Bahlecke, mit Janna Kienbaum und in Kooperation mit dem heuer ebenfalls zehnjährigen(!) Café GM 26 den „Steglitz Slam“. Im Café fanden mit illustren Gästen Lesungen, Montagskonzerte und Kunstprojekte statt. Stephani Bahlecke organisierte während ihrer Vorstandszeit bis zum März 2018 und noch bis 2019 regelmäßig für den Verein Gruppenausstellungen, wie zeitgleich zu den Offenen Ateliers in Zehlendorf die „Art Steglitz“ oder kunstbezogene Kiezspaziergänge. Eine Kooperation des KUNST.RAUM.STEGLITZ. mit der Villa Kult ging ebenso auf sie zurück wie das Schulprojekt „Kunst hinter Mauern“ und Gedenkveranstaltungen sowie die von ihr auf dem Hermann-Ehlers-Platz organisierte Kunstaktion „WA(H)RE KUNST – die Absurdität des Kunstmarktes“, ein Kunstmarkt mit Musik, Lesung, Performances und Urban Street ART. Nach dieser Aktion hat sich Stephani Bahlecke nicht mehr als Vorsitzende des Vereins zur Wahl gestellt, jedoch weiterhin Aktionen des Vereins begleitet. Ihr Nachfolger wurde im März 2018 Bernhard Marcuse, seine Stellvertreterin Sigrid Braum-Umbach. Pandemiebedingt schwierige Zeiten, die kaum Vereinsaktivitäten zuließen, folgten.
Veränderungen annehmen und sich weiterentwickeln
Seit zwei Jahren nun ist Anja Budach die Vorsitzende des KUNST.RAUM.STEGLITZ., ihre aktuelle Stellvertreterin ist die Kunstmalerin Inka-Maria Ihmels. Hauptgewicht des Vereins liegt derzeit auf zwei, überwiegend in Steglitz stattfindenden Ausstellungen pro Jahr, zu denen traditionsgemäß die „Art Steglitz“ zählt, mit festem Kontakt zu PRIMOBUCH. „Doch wir sind auch offen für über die Region Steglitz hinausgehende Ausstellungen, die Künstler berlinweit und von außerhalb unserem Verein näherbringen.“ Dabei soll der KUNST.RAUM.STEGLITZ. Anlaufstelle für professionelle Künstler aller Kunstrichtungen mit und ohne Studium sein, die mit neuen Ideen zur Weiterentwicklung des Vereins beitragen. Aktuell sucht er nach Ausstellungsorten, – gerne auch größeren Räumen – um auch großformatige Werke ausstellen zu können.
Vereinsmitglieder – Jahres-Beitrag 100 Euro – profitieren von der Unterstützung, welche die kuratierende und organisierende Arbeitsgruppe „Bildende Kunst“ ihnen als Künstler unkompliziert rund um ihre Ausstellung bietet, sei es bei Transport, Hängung oder Planung.
Erst einmal aber freuen sich die Vereins- und Gemeindemitglieder auf das am 3. August 2024 ab 16 Uhr in der Patmos-Kirche öffentlich stattfindende Sommerfest anlässlich des 10-jährigen Bestehens des KUNST.RAUM.STEGLITZ. Besucher sind herzlich willkommen. – Als besonderes Highlight wird zu diesem Anlass auch der Katalog zur Ausstellung „Metamorphosen“ druckfrisch vorliegen. Und schon heute sollten sich Kunstinteressierte das Datum für die Finissage mit Künstlergespräch am 15. September 2024 um 13 Uhr vormerken. Nicht genug des Feierns: Für den Spätherbst plant Stephani Bahlecke für Noch- und ehemalige Mitglieder des KUNST.RAUM.STEGLITZ. eine weitere spannende Jubiläumsveranstaltung mit Rück- und Ausblick.
Indessen lädt der KUNST.RAUM.STEGLITZ. Interessierte und potentiell neue Mitglieder zu seinem regelmäßigen Stammtisch an jedem 3. Donnerstag im Monat ein. Der findet im Sommer im Garten der Schwartz´schen Villa und im Winter im PRIMOBUCH statt. Anmeldung dringend erbeten unter E-Mail kontakt@christine-poettker.de.
Weitere Informationen unter www.kunstraumsteglitzev.com
Jacqueline Lorenz
Patmos-Kirche
Gritznerstr. 18-20
12163 BerlinÖffnungszeiten:
Mo-Fr 9-12 Uhr, Di 9-17 Uhr