Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Juni/Juli 2018
Seit dem 1. Oktober 2017 ist die Kunsthistorikerin und Kuratorin Lisa Marei Schmidt neue Leiterin des Brücke-Museums, das sie wiedererwecken und hin zu mehr Lebendigkeit für Alt und Jung weiterentwickeln will.
In die neue Ära startete das Museum nun nach kurzer Umbauphase im Mai 2018 anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums mit der Ausstellung „Ein Künstlermuseum für Berlin: Karl Schmidt-Rottluff, Leopold Reidemeister und Werner Düttmann“; als Rückblick und Ausblick zugleich, aber auch als Hommage an die einzigartige Gründungsgeschichte dieses Hauses gedacht.
Am 15. September 1967 wurde das Brücke Museum am Rande des Grunewald eröffnet, das aus dem von Kunstverständnis geprägten Zusammenwirken von Brücke-Künstler Karl Schmidt-Rottluff, Architekt Werner Düttmann und Museumsmann Leopold Reidemeister hervorgegangen war, unterstützt von Erich Heckel. Als gelungener Dreiklang zwischen Werken der Brücke-Künstler, passender Architektur und umgebender Natur gedacht, schufen sie ein Refugium, das weltweit für seine herausragende Kunstsammlung des Expressionismus bekannt ist.
Mit der aktuellen und ersten Ausstellung der neuen Museumsleiterin Lisa Marei Schmidt soll einerseits an die erste Sammlungspräsentation von 1967 erinnert werden, andererseits aber auch das Museum als Ort des Austauschs und der Präsentation von und für Künstler in Erscheinung treten. So werden – nach einstigem Vorbild rekonstruiert auf der Grundlage von Dokumenten und Fotografien – Gemälde, Grafiken, Originalzeichnungen und Skulpturen in Raum-Nischen gezeigt. Dazwischen verbleibende Bild-Lücken sind absichtlich in Szene gesetzt und stehen für verliehene oder sich in Privatbesitz befindende Werke, die für die Ausstellung nicht zur Verfügung stehen. Gleichzeitig setzt sich zum Auftakt der neuen Ära die Künstlerin Sol Calero mit dem Brücke Museum und seiner Sammlung auseinander, indem sie im idyllisch unter Kiefern gelegenen Museumsgarten farbenfroh ihre „Casa Isadora“ präsentiert. In ihrem Pavillon wird ein Veranstaltungsprogramm geboten, das sich an dem von den Brücke-Malern Ludwig Kirchner und Max Pechstein 1911 gegründeten „Modernen Unterricht der Malerei (MUIM)“ orientiert.
An der Spitze eines engagierten Teams, zu dem seit Kurzem auch die Diplom-Restauratorin Felicitas Klein gehört, sieht Lisa Marei Schmidt ihre derzeitige Aufgabe märchenhaft und nicht ohne Humor: „Ich fühle mich wie der Prinz, der erst einmal die Dornenhecke stutzen muss, bevor er Dornröschen wachküssen kann.“
Ein gutes Stück ist diese „Hecke“ bereits gestutzt: Licht und Luft durchströmt nach ersten Aufräum- und Umbauarbeiten wieder die Museumsräume. Mit Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse bringt Schmidt das Haus Schritt für Schritt seiner eigentlichen Aufgabe als „diskursiver Raum“ näher.
Sie ließ als erste und symbolische „Amtshandlung“ den Zaun zwischen dem überschaubaren Brücke-Museum und weitläufigen Kunsthaus Dahlem niederreißen. Zusammen mit deren Leiterin Dr. Dorothea Schöne sind reizvolle gemeinsame Projekte für die Zukunft angedacht. Auch mit anderen Museen und Institutionen sieht Lisa Marei Schmidt wichtiges Austausch-Potential. Jährlich drei Ausstellungen plant sie im eigenen Haus, setzt aber eben auch auf Gemeinschaftsprojekte und will sich vermehrt jungen Künstlern und Kuratoren im Dialog öffnen.
Dabei sieht Lisa Marei Schmidt das fast schon familiär anmutende Museum als überschaubares Einstiegsmuseum, das als ungezwungener Blicköffner für frischgebackene Kunstentdecker ebenso taugt wie für Architektur-Interessierte und Jugendliche.
Reichlich Erfahrung und viele Ideen bringt die in Nordrhein-Westfalen nahe Köln aufgewachsene Leiterin, die an der FU Berlin, an der Humboldt Universität Berlin, in Marburg und Amsterdam studierte, von ihrer Zeit an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, am Museum Folkwang und als Kuratorin am Hamburger Bahnhof – Museum der Gegenwart – Berlin mit.
Das ausbaufähige Potential des Brücke Museum in den nächsten Jahren zu nutzen und noch stärker in die Öffentlichkeit zu bringen, ist eines der großen Ziele der Kunsthistorikerin. Damit bringt sie nicht nur wieder mehr Licht ins Brücke Museum selbst, sondern auch in den Berliner Südwesten, dessen strahlender Museumsreichtum zum Bedauern vieler Richtung Humboldt Forum verlagert wird.
Jacqueline Lorenz
Brücke Museum
Bussardsteig 9
14195 Berlin-DahlemTelefon: 030 – 831 20 29
Öffnungszeiten: Tägl. 11-17 Uhr, Di. geschlossen, So. um 11.30 Uhr öffentliche Führungen.
Die aktuelle Ausstellung läuft noch bis zum 12. August 2018.
Das Begleitprogramm finden Sie unter www.bruecke-museum.de
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