Steglitz Museum geht mit der Zeit
Teileröffnung dieses „Heimathauses für alle“ in Aussicht
Erschienen in Lichterfelde West Journal Oktober/November 2024
Schon im vierten Jahr ist das Steglitz Museum wegen umfassender Umbauarbeiten geschlossen, nun ist für den 12. Oktober 2024 die erste Teilwiedereröffnung vorgesehen, und man darf gespannt sein.
Als die studierte Bildungswissenschaftlerin Gabriele Schuster im Jahr 2010 den Vereinsvorsitz des Heimatverein Steglitz e. V. und die Leitung des Steglitz Museum von Wolfgang Schönbeck übernahm, hatte sie klare Ziele für das Haus: „Ein aktives Haus, Heimatstätte für Bürger sollte es werden, das Jung und Alt offen steht, dabei nicht in der Nostalgie versinkt, sondern sich auf die Zukunft ausrichtet “, erklärt sie, die Soziologie, Psychologie und Kulturhistorie studiert hat; Bereiche, die ihr für ihre neue Tätigkeit von großem Nutzen sein sollten. Das Konzept für dieses Museum, das Geschichtsrückblicke gewähren, dabei aber auch vorausschauend im Verhältnis zum Heute und Morgen arbeiten soll, wurde unter Schusters Leitung in über 20 Fachbereichen entwickelt. Längst zählen neben dem umfangreichen Archiv an Zeitdokumenten, neben Bibliothek und Sammlungen, welche die Geschichte von Steglitz anschaulich vermitteln, u. a. auch Lesungen, Konzerte und Vorträge zum monatlichen Programm. Bürgern steht das Museum für private Anlässe zum „Feiern mit Geschichte“ offen. Beliebt ist es auch für Tagungen sowie für Kurse, Projekte und Bildungseinrichtungen, für Vereine und öffentliche Organisatoren. Für alle, die gemeinnützig sind, ist diese Nutzung kostenfrei, die anderen zahlen einen überschaubaren Obolus. Hausbuffet oder eigenes Catering sind möglich. Auch Studierende arbeiten hier während ihres Praktikums. Und das 32-köpfige eingespielte Team weist fachkundig ein, begleitet bis ins Museums-Café oder berät die Nutzer umfassend. – Allen voran Gabriele Schuster, deren Energie und Optimismus sich unweigerlich auf jeden überträgt. Darüber hinaus weiß sie bei Bedarf verlässlich ein zeitgemäßes Veranstaltungs-Equipment an der Hand.
Machen statt Reden
Das 1903 erbaute und 1966 von Eugen Marschner dem 1923 unter Walter Buhrow gegründeten Heimatverein übereignete Haus an der Drakestraße 64 A ist in die Jahre gekommen, die Instandhaltung eines so alten Gebäudes verlangt dem Verein reichlich Energie ab. In den 80ern hatte die damalige Vereinsleiterin Ingeborg Noll das Haus unter dem Architekten Dipl.-Ing. Mayer-Rogge sanieren lassen und zeitgleich das Steglitz Museum aufgebaut. Als es wie so viele kulturelle Einrichtungen 2020 pandemiebedingt pausieren musste, sah Gabriele Schuster darin auch eine Chance, diese Zeit sinnvoll zu nutzen und weitere anstehende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten in Angriff zu nehmen: „Ein zeitgemäßes Museum für alle“ sollte dabei entstehen, das auch dem Hygienekonzept mit geforderter Ein-Meter-Abstand-Pflicht entspricht, bessere Fluchtwege aufweist und beeinträchtigten Menschen barrierefreien Zugang gewährt. Ideale finanzielle Möglichkeiten, um dies baulich umsetzen zu können, suchte und fand die erfahrene Kulturfrau im Rahmen des anlässlich der Pandemie angebotenen Großfonds „Neustart Kultur“, der auf die damalige Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters, zurückgeführt werden kann. Alte Bauunterlagen wurden gesichtet, Partner für den Umbau gesucht, und es konnte losgehen.
Die Büchse der Pandora geöffnet
„Ich habe damit im wahrsten Sinne des Wortes die Büchse der Pandora geöffnet“, lacht Gabriele Schuster heute, „die Umbauidee von mir, war schon etwas verrückt.“ Um mehr Raum zu gewinnen, wurden da im Museumstrakt geschlossene Wände geöffnet und neue Durchgänge geschaffen. Was sich dahinter verbarg, war manch böse Überraschung, die den Umbau nun alles andere als leicht machte und mehr Zeit kostete, als anfangs angenommen. Daher blieb das Museum, das eigentlich schon ´22 wieder hätte aufmachen sollen, bis jetzt geschlossen. Im Rahmen des Anbaus einer zusätzlichen Treppe mit rollstuhlgerechtem Lastenlift an der Hausrückseite hatte man eine alte Holztür freigelegt, die man einfach zugemauert hatte. „Die Türrahmen waren verrottet, aber nach Versicherungsvorschrift musste die historische Tür naturgetreu nachgebaut werden, wie auch die Rahmen der neuen Durchgänge den alten angepasst werden mussten“, erzählt Gabriele Schuster. Doch sie hatte Glück und fand vorzügliche Baupartner: Da waren die engagierten Auszubildenden der Knobelsdorff-Schule OSZ Bautechnik I, Berufsfachschule für Bauhandwerker. Sie ist in Deutschland die einzige dieser Art, bildet das Fachhandwerk mit Schule und Praxis in Einem aus. Die Museumsleiterin: „Die geleistete Arbeit ist für unser Haus von besonderem Wert, da insbesondere die historischen Nachbauten wichtig sind. Auch dafür ist diese Schule der richtige Partner. Außerdem wollten wir mit dem Baugeschehen auch ein wenig die Förderung des Handwerker-Nachwuchses unterstützen.“ Mit viel Elan gingen die jungen Leute unterschiedlicher Gewerke an die Arbeit, leisteten – so Gabriele Schuster – kostengünstig Großartiges, u. a. beim Rahmeneinbau und den Außenarbeiten. „Ohne sie hätte ich den Ausbau nicht durchgestanden“, verrät die Museumsleiterin. Neues Fachwerk wurde gezimmert, der Fußboden erneuert, Bauunternehmer aus dem Bezirk gaben dazu ihr Bestes. Nun erstrahlen Salon, großer Saal mit der großen Tafel in heller Frische und laden rollstuhlgerecht und nahezu vollständig barrierefrei zum Besuch und zur Nutzung des Museums.
Das Erreichte feiern, die Zukunft vorbereiten
– Grund genug für Gabriele Schuster und ihr Team, voraussichtlich am 12. Oktober 2024 die erste Teileröffnung des Steglitz Museums gebührend zu feiern, mit Museumscafé und Museumsgarten. Man kann bereits jetzt das Museum für Veranstaltungen, Schulungen, Versammlungen, Arbeitstreffen und auch Feiern jeglicher Art mieten. Zudem kann es für Musikunterricht von Lehrenden wie auch Studierenden genutzt werden. Gemeinnützige Organisationen können das Museum nach Absprache kostenfrei mieten. Öffentliche Veranstaltungen sind bis jetzt noch nicht terminiert. Sie werden nachfolgend in der Presse, auf der Webseite und vor dem Museum in Heften angekündigt werden. Die vollständige Fertigstellung des Museum-Innenraums ist für Ende ´24 vorgesehen, sodass die ganz große Einweihung mit Sommerfest für das Museumsteam durchaus für das nächste Jahr, rechtzeitig zum 102. Geburtstag des Heimatvereins, vorstellbar ist. Dann sollen laut Gabriele Schuster auch der Garten und weitere Bereiche fertig sein. Der rund 1.000 Quadratmeter große Garten hinterm Haus und die Natur sollen zukünftig stärker mit ins museale Geschehen einbezogen werden, beispielsweise mit Glastafeln, die über Industriegrößen des Bezirks berichten und wie zufällig zwischen Kräutern emporwachsen.
Gabriele Schusters Wünsche und Vorstellungen für die Zukunft des Steglitz Museums sind von ihr konkret erklärt: Interaktiv mitmachen, gemeinsam Geschichte untersuchen und mitmischen sollen auch die jüngeren Nutzenden dieses „Hauses für die Heimat“ und dabei die Idee des geschichtsbearbeitenden Heimatvereins formend unterstützen und ausarbeiten, denn Heimat verändert sich kontinuierlich. Doch wie wollen wir unsere Heimat haben? Wie viele Nachbarn haben wir, die keine Heimat mehr besitzen! Sie mit einzubeziehen, sei ebenso wichtig, wie die Pflege von Kooperationen und motivierenden – wünschenswerterweise durch den Bezirk unterstützten – Projekten mit Schulen und Bildungseinrichtungen, aber auch mit Kulturbetrieben und, kurz gesagt, verschiedenen Akteuren, die mit der Nutzung des Hauses das Museum zum neuen vielfältigen Heimatort werden lassen.
„Denn Heimat ist unser gemeinsames Dasein in Anbetracht unserer Gemeinsamkeit. Und so muss Heimatbetrachtung mit ihren Wertevorstellungen auch immer die Betrachtung der Moderne mit sich ziehen, besonders in einem von Wissenschaften so geprägten Bezirk, wie Steglitz-Zehlendorf es ist“, betont die engagierte Museumsleiterin.
Weitere Informationen zum Steglitz Museum und Näheres zur ersten Teileröffnung unter www.steglitz-museum.de
Jacqueline Lorenz
Steglitz Museum
Drakestraße 64 A
12205 BerlinE-Mail: info@steglitz-museum.de