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Marinemaler und Dichter

Das Haus Niedstraße 13 hatte prominente Bewohner

Eines der verbliebenen Landhäuser Friedenaus steht in der Niedstraße 13.
Eines der verbliebenen Landhäuser Friedenaus steht in der Niedstraße 13.
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Oktober 2024

Maler, Dichter, Filmkulisse – das zauberhafte Landhaus in der Niedstraße 13 ist über Friedenau hinaus bekannt. Erbaut wurde es im Jahr 1882 nach dem Entwurf des Architekten Max Nagel. Bauherr war der in Berlin geborene Marinemaler Hans Bohrdt, der im Alter von 15 Jahren den Hamburger Hafen besuchte und anschließend von der Seefahrt fasziniert war. Er bildete sich autodidaktisch zum Marinemaler weiter und hatte das Glück, in Kaiser Wilhelm II. einen großen Förderer zu finden. Er durfte den Monarchen bei Reisen an das Mittelmeer und an die nördlichen Küsten begleiten. Zu seinen Spezialitäten gehörten Bilder von Seeschlachten, die im Ersten Weltkrieg heroische Propaganda verbreiten sollten. Sein bekanntestes Werk ist verschollen – „Der letzte Mann“ ist ein Matrose, der auf einem untergehenden Schiff die Kriegsflagge schwenkt.

Das neu erbaute Anwesen bekam hin und wieder hohen Besuch – Kaiser Wilhelm II. und sein Bruder, Prinz Heinrich, waren bei dem Maler, der bis 1907 hier lebte, zu Gast. Sein zweistöckiges Haus in Friedenau wirkt durch Rundbogenfenster, die hellen und roten Ziegel und das Krüppelwalmdach malerisch. Der Maschendrahtzaun, der den Vorgarten begrenzt, ist im Original erhalten geblieben. Von zwei hohen Miethäusern flankiert erfreut diese Hommage an die frühere Landhaussiedlung das Auge.

Möglicherweise hatte der Charme des Hauses auch Günter Grass sofort überzeugt, als er es – auf der Suche nach einer neuen Bleibe – zum ersten Mal betrachtete. Er zog 1964 in das Haus und lebte bis 1996 dort. Sein Schriftstellerkollege Uwe Johnson, der in der Hausnummer 14 wohnte, hatte ihm das zu jener Zeit leerstehende Haus empfohlen. In seiner Friedenauer Zeit schrieb er unter anderem das Drama „Die Plebejer proben den Aufstand“, den Roman „örtlich betäubt“ und die Erzählung „Tagebuch einer Schnecke“ und den Bestseller „Die Rättin“.

Jüngeren Generationen ist das Haus vor allem als Filmkulisse ein Begriff. Hier wurden die Außenaufnahmen zu der beliebten Serie „Türkisch für Anfänger“ mit Josephine Preuss und Elyas M’Barek gedreht.

Titelbild

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