Gazette Verbrauchermagazin

Wie können Kieze vor möblierten Wohnangeboten geschützt werden?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Dezember 2024

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die B‘90/Grünen-Fraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

In Städten wie Berlin steigen die Angebote für möbliertes Wohnen, was vor allem Berufspendler, Studenten und internationale Fachkräfte anspricht. Einen Aufschlag für Möbel zu verlangen ist selbstverständlich legitim. Jedoch ist die Preisgestaltung für möblierte Wohnungen oft intransparent, was zu Unsicherheiten führt. Zwar greift prinzipiell die Mietpreisbremse, doch genau für diese Lücke der Möblierungsaufschläge gibt es noch keine klaren gesetzlichen Regelungen. Eine Möglichkeit wäre es, möblierte Wohnungen in den Mietspiegel aufzunehmen, um eine faire Preisgestaltung zu gewährleisten. Der Mietspiegel ist ein bewährtes Instrument, das auch Kleinvermietern helfen könnte. Derzeit liegt ein Gesetzentwurf des Bundesrats vor, der Vermieter zur transparenten Ausweisung von Mietpreisbremse und Möblierungszuschlägen verpflichtet. Wir als CDU-Fraktion fordern, diese Regelungen schnell umzusetzen, um den Mietmarkt transparenter und gerechter zu gestalten. Davon würde insbesondere auch unser Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf profitieren.

Simon Hertel

B‘90/Grünen-Fraktion

Um die Mietpreisbremse und das Zweckentfremdungsrecht zu umgehen, werden in Berlin immer mehr Mietwohnungen als möblierte Wohnungen mit einem befristeten Mietvertrag zu Preisen von bis 50 Euro/qm angeboten. Dadurch wird das Angebot an Mietwohnungen verknappt. Lange Warteschlangen bei Wohnungsbesichtigungen sind die Folge. Zur Verdeutlichung: Die möblierten Wohnungen haben in Charlottenburg-Wilmersdorf im Jahr 2022 ganze 64 Prozent der Angebote ausgemacht. Als grüne Fraktion wollen wir die Mietwohnungen in unseren Kiezen schützen. Daher haben wir uns dafür eingesetzt, dass die möblierten Wohnungen in unseren Milieuschutzgebieten eine Genehmigung brauchen. Zudem sollen bestehende möblierte Wohnungen wieder als Mietwohnung angeboten werden. So könnten rund 1.000 Mietwohnungen in unserem Bezirk wieder dem Markt zugeführt werden. Gleiches gilt für den Neubau: Die Wohnbaupotenziale im Bezirk sollten dafür genutzt werden, dass auch bezahlbarer Wohnraum entsteht und zur Entlastung des angespannten Wohnungsmarktes beitragen und nicht für hotelähnliche Nutzungen zu exorbitanten Preisen.

Jun Chen

SPD-Fraktion

Möbliertes Wohnen auf Zeit ist eins der größten Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Vermieter nutzen Schlupflöcher in der Bundesgesetzgebung aus, da vorübergehendes Wohnen nicht unter die Mietpreisbremse fällt. Mittels eines intransparenten Möblierungsaufschlags treiben sie die Preise noch weiter in die Höhe. In Berlin liegen die Mietpreise für möblierte Wohnungen im Schnitt bei über 30 Euro pro Quadratmeter. So teuer, wie in keiner anderen Stadt Deutschlands. Die Wurzel des Problems kann nur durch die Anpassung der Bundesgesetze gelöst werden. Aber auch im Bezirk haben wir Instrumente. So hat erst kürzlich ein durch das Bezirksamt beauftragtes Rechtsgutachten festgestellt, dass möbliertes Wohnen auf Zeit in Milieuschutzgebieten untersagt werden kann. Deshalb ist es dringend nötig, nicht nur alle bestehenden Milieuschutzgebiete im Bezirk fortzuschreiben, sondern auch neue Milieuschutzgebiete überall dort zu erlassen, wo es rechtssicher möglich ist. Ein Schritt, gegen den sich die Mehrheit aus CDU und Grünen in der BVV sträubt. Mieterinnen und Mieter werden so im Stich gelassen.

Claudia Spielberg und Nico Kaufmann

Linksfraktion

25 Quadratmeter „Studio-Apartment“ für 1.200 Euro kalt – diese Abzocke wäre selbst mit den laschen Bundesgesetzen im Mietrecht verboten. Stellen windige Eigentümer:innen wie in diesem Wohnungsinserat aber Stuhl, Tisch und Bett in die leere Wohnung, können sie groß Kasse machen. Längst umfasst die Vermietung möblierter Wohnungen zwei Drittel des gesamten Angebots in Innenstadtlage, Tendenz steigend. Gut, dass dieses Geschäftsmodell in Milieuschutzgebieten des Bezirks nun untersagt wird. Doch wer soll die Einhaltung des Verbots kontrollieren? Der Bezirk schafft keine Stellen dafür. Leidtragende sind Wohnungssuchende im Großteil des Bezirks und der Berliner Innenstadt. Wir fordern die berlinweite Ausweitung des Verbots mit einem neu zu schaffenden Baurecht. Das würde möblierten Mietwucher im Neubau unterbinden. Eine Bundesratsinitiative für eine generell strengere Regulierung des Geschäftsmodells scheiterte an der Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP. Auch wenn die Ampel nun Geschichte ist, die Eigentümer:innen-Lobby bleibt. Die Linksfraktion steht als einzige an der Seite der Mieter:innen.

Annetta Juckel und Rüdiger Deißler

FDP-Fraktion

Ein umfassender Schutz der Kieze erfordert eine Kombination aus Regulierung, Überwachung und Förderung. Nur so kann langfristig Wohnraum für die Nutzung durch die Anwohner gesichert und zur Verfügung gestellt werden. Die parallele Förderung genossenschaftlicher Wohnmodelle und privater Vermieter, gepaart mit einer Vereinfachung des Baurechts, ist aus unserer Sicht ein Weg, um den dringend benötigten Wohnraum zu erhalten und zusätzlichen zu schaffen. Möblierte Wohnungsangebote sind wichtig für temporär in Berlin lebende Menschen, dürfen jedoch die angestammte Anwohnerschaft nicht verdrängen. Umwandlung von bestehenden Wohnungen sollten unterbunden, bei Neubauten ein festzulegender Prozentsatz nicht überschritten werden. Die effizientere Nutzung von bereits versiegelten Flächen muss ein Mittel sein, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die bestehenden Regulierungen wirken sich als Bremsschuh für den Wohnungsbau aus oder wecken Begehrlichkeiten nach bisher unversiegelten Flächen. Bürokratieabbau und die Förderung der Investitionsbereitschaft, auch im Baubestand, führen zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt.

Johannes Heyne

AfD-Fraktion

Der Wohnungsmarkt ist zusammengebrochen. Findige Vermieter bieten deshalb Wohnungen vermehrt möbliert an. Verboten ist das nicht, aber es kommt dabei nicht selten zu Exzessen bei den Mieten. Der Bezirk will daher bei Nutzungsänderungen Schranken setzen, zumindest in „Milieuschutzgebieten“. Restriktive Eingriffe lindern aber die Wohnungsnot nicht. Der Immobilienmarkt ist schon stark überreguliert, z. B. durch ein ruinöses Heizungsgesetz, vorgeschriebene energetische Sanierungen, absurde Bauvorschriften und Bürokratiemonster. Die Mieten steigen auch, weil der Staat utopische Preise für Wohnungen zahlt, in denen „Flüchtlinge“ wohnen. „Abschiebungen in großem Stil“, wie Unglückskanzler Scholz sie ankündigte, aber natürlich nie umsetzte, würden den Wohnungsmarkt entlasten. In der BVV halten Grüne, SPD und CDU lieber an ihren Lebenslügen fest und verkünden lauthals, wir hätten doch noch so viel Platz. Da muss man dann auch bei der Wohnungspolitik tunlichst auf Verbote setzen, sich ideologische Luftschlösser bauen, über denen prangt: Der Staat kann’s richten. Wir sagen: Leider Fehlanzeige!

Michael Seyfert

TitelbildTitelbild

© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2024