Erschienen in Lankwitz Journal April/Mai 2019
Als Peter Janssen in den 70er-Jahren Stück für Stück der außergewöhnlichen Schätze aus der Samurai-Kunst zu sammeln begann, hätte er wohl nie gedacht, dass er damit einmal das größte private Museum zu diesem Thema füllen würde. Auf der neu bebauten Anlage des ehemaligen Oskar-Helene-Heims gewährt der Sammler nun seit Oktober 2017 im Untergeschoss seiner Senioreneinrichtung „Villa Clay“ Einblick in eine Auswahl dieser ebenso beeindruckenden wie einzigartigen Exponate längst vergangener Tage des japanischen Kriegeradels.
Den schlicht-eleganten Eindruck des Museums-Hinweisschildes am Eingang der Villa Clay setzt das in zurückhaltendem Grau-Beige gehaltene Ambiente des runden Ausstellungsraumes geschickt fort. Tageslicht fällt unaufdringlich durch ein rundes Oberlicht und vermischt sich mit der indirekten Beleuchtung der Vitrinen, in denen die eigentlichen Hauptdarsteller der Ausstellung präsentiert werden: Masken, Schwerter, Helme, Rüstungen und Accessoires des 8. – 19. Jahrhunderts entführen in die Welt der Samurai, für die Peter Janssen vor über 30 Jahren auf einer Japanreise sein Herz entdeckte. Er lernte Karate und tauchte über einen japanischen Freund tiefer in die Thematik der Samurai ein. Bald besaß er den ersten Helm und die erste Rüstung, sein erstes Schwert erstand er am Ernst-Reuter-Platz auf dem Flohmarkt. – Nicht in bestem Zustand war es. Doch im Laufe seiner Sammlerjahre lernte er, den Zustand eines Stückes erfahren zu beurteilen. Heute zählt die Sammlung rund 600 Objekte, wozu 45 Rüstungen sowie jeweils etwa 160 Helme und Masken gehören. Immer neue Teile kommen dazu, die Reihe der Meister zu erweitern. In zwei Lagerräumen hinter dem Museum warten sie darauf, im Wechsel vor die Augen der Besucher positioniert zu werden.
Während Peter Janssen nur sporadisch im Museum anwesend ist, indessen Sammlerleidenschaft und -wissen im Kreise Gleichgesinnter in verschiedenen „Societies“ pflegt, wacht vor Ort die charmante Kuratorin Martyna Lesniewska über die Schätze. Als Doktorandin am Lehrstuhl ostasiatischer Kunstgeschichte der Freien Universität Berlin promoviert sie über Rüstungsgeschichte, hat ein Jahr Japan hinter sich und beantwortet mit viel Fach- und Hintergrundwissen die Fragen der Museumsbesucher jeden Alters. Die lernen von ihr beispielsweise, dass es sich hier um Exponate aus dem Kreis der hochgestellten Samurai-Kaste handelt, dass der niedere japanische Krieger hingegen einfach und weniger geschützt in den Kampf zog und dass die wie große Knöpfe aussehenden, reich verzierten Schwertstichblätter dem Schutz der Hände vor der scharfen Schwertklinge, der Seele des Samurai, dienten.
Von Generation zu Generation wurden die kunstvoll gestalteten Samurai-Rüstungsexponate in Familien weitergegeben, ergänzt, ausgebessert und mit Wappen und Clanzeichen für hohes Ansehen stehend in Ehren gehalten.
Die ältesten Objekte in Zehlendorf sind um etwa 1200 Jahre alt, die jüngsten stammen aus dem 19. Jahrhundert. Ihr nahezu perfekter Erhaltungszustand begeistert. Drei Restauratoren aus England und Belgien sorgen sich darum.
Schwertklingen, die überarbeitet werden müssen, werden nicht selten nach Japan geschickt, wo sie von den Meistern ihres Fachs mithilfe spezieller Poliersteine wieder neuen Glanz und gewünschte Schärfe erhalten.
Betrachtet man die kunstvollen Ausstellungsobjekte genauer, vermag man nur im Ansatz zu erahnen, wie viel meisterliches Können, Schweiß und Kosten mit ihrer Fertigung einst verbunden waren:
Getriebene Metallarbeiten, kunstvoll filigrane Seiden-, Leder-, Lack- und Schmiedearbeiten stehen für das kunsthandwerkliche Können, das in den jeweiligen Gilden die Meister ihres Faches an Rüstung, Helm und Schwert bewiesen.
Jedoch die Verzierung eines Helmes mit italienischem Glas gibt sogar den Fachleuten Rätsel um seine Herkunft auf.
Feine Montierungen, aber auch kuriose Verzierungen mit Bärenfell, Hörnern oder dämonenhaften Fratzen, die vielerlei Symbolik und nicht selten furchteinflößende Ausdrucksformen zeigen, verführen dazu, tiefer in Leben und Kunst der Samurai einzutauchen.
Einschüchternd sollten die einzigartiegen Masken der hohen Samurai-Krieger wirken, die als Visier das Gesicht schützten. Mit künstlichen Bärten versehen und Kunsthaar am Helm wirkte so mancher zu dieser Zeit nur um die 1,55 Meter „große“ japanische Krieger abschreckend auf den Feind. Die Rüstung wog etwa 25 Kilo. Kuratorin Martyna Lesniewska, die Rüstung und Helm im „Eigenversuch“ anprobierte, erklärt: „Die eigentliche Belastung war wohl der Helm. Er erforderte eine trainierte Halsmuskulatur.“ – Und die dürfte der seit früher Jugend trainierte Samurai wohl gehabt haben.
Ursprünglich Soldaten des Adels und der Kaiser, wurden die Samurai im 12. Jahrhundert mit Entstehung der Militäraristokratie zur regierenden Kaste, die künftig Einfluss auf Politik, Kultur und Kunst nahm und Waffen- und Kriegerkult pflegte.
Hervorgegangen daraus ist eine Vielzahl beeindruckender Kunstobjekte, die Peter Janssen mit seinem Museum der Öffentlichkeit präsentiert, unweit der nach Berlin-Mitte verlegten Dahlemer Museumszene und als ganz besondere Bereicherung des Berliner Südwestens.
Einzigartige Museumskultur, die auch den jugendlichen Museumsbesucher ansprechen dürfte.
Jacqueline Lorenz
Samurai Art Museum
In der Villa Clay, Clayallee 225 D,
14195 Berlin-ZehlendorfÖffnungszeiten: Mi/Fr/So 14 – 18 Uhr
Tel. 030 – 213 00 27 80
Weitere Informationen, Veranstaltungen und Ticketbuchung unter www.samurai-artmuseum.com
Anlässlich der „Langen Nacht der Museen“ öffnet das Museum auch am 25. August 2018 von 18 – 0 Uhr seine Türen!
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