Gazette Verbrauchermagazin

Honorarkräfte an den Musikschulen

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

An der Victor-Gollancz-Volkshochschule und der Leo-Borchard-Musikschule sind viele Honorarkräfte beschäftigt.
An der Victor-Gollancz-Volkshochschule und der Leo-Borchard-Musikschule sind viele Honorarkräfte beschäftigt.
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Januar 2025

Als Folge eines Urteils des Bundessozialgerichts wurden die bisher üblichen Verträge mit Honorarkräften, insbesondere für den Unterricht an den Musikschulen, für unzulässig erklärt. Vielmehr wurden zukünftig feste sozialversicherungspflichtige Anstellungsverhältnisse gefordert. Dafür fehlen aber den Bezirken die zusätzlichen finanziellen Mittel. Diese Situation bringt die Musikschulen in Bedrängnis, weil unter diesen Voraussetzungen zahlreiche Honorarkräfte nicht mehr beschäftigt werden könnten.

René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher

CDU-Fraktion

Die Bedeutung der Berliner Musikschulen für die Bildung unserer Kinder kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Doch das Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts hat bundesweit Unsicherheit bei der Beschäftigung von Lehrern als Honorarkräften ausgelöst. Stadträtin Richter-Kotowski (CDU) versteht die Sorgen und Ängste der Betroffenen und setzt sich für eine Lösung ein. In Gesprächen und Sondersitzungen mit Bezirksämtern und Senatsverwaltungen betont sie seit Monaten die Dringlichkeit verlässlicher Regelungen. Trotz der rechtlich komplizierten Lage hält Steglitz-Zehlendorf unter ihrer Leitung den Betrieb aufrecht und sichert mit Honorarbeauftragungen bis Anfang 2026 Planungssicherheit für Lehrer und Schüler. Der Bundestag muss die maßgeblichen Gesetze anpassen, damit wir die Musikschulen auf Dauer erhalten können, die Koalition aus SPD, Grünen und FDP war dazu nicht in der Lage, wir hoffen auf eine bessere Regierung, um Lehrern und Schülern Sicherheit und Erfolg zu geben, einen ersten Ansatz für eine bundeseinheitliche Lösung gibt es bereits auf Initiative der CDU im Bundesrat.

Gabriele Grabowski

B‘90/Grünen-Fraktion

Das sogenannte „Herrenberg-Urteil“ 2022 zur Scheinselbständigkeit von Dozent*innen hat weitreichende Folgen auch für alle Berliner Musikschulen. Bis zum jetzigen Dezember 2024 gibt es vom Kultursenator – bzw. dem gesamten Senat – kein Konzept, mit dieser Situation umzugehen, die durch eine bevorstehende Prüfung in 2025 auch die Volkshochschulen betreffen wird. Eine komplette Festanstellung aller Kräfte würde entweder eine Verteuerung oder eine erhebliche Kürzung des Unterrichts bedeuten. Das träfe insbesondere Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien, für die die Musikschule oft die einzige Möglichkeit ist, eine musikalische Ausbildung zu erhalten. In anderen Städten, wie Emden, wurden bereits Maßnahmen ergriffen, um die Musikschulen zu retten. Als grüne Fraktion in Steglitz-Zehlendorf fordern wir, den Fortbestand unserer Musikschule und unserer VHS zu sichern. Die kulturelle Bildung unserer Kinder und Jugendlichen darf nicht unter der Planlosigkeit des Senats leiden, die Leo-Borchard-Musikschule und die Victor-Gollancz-Volkshochschule sollen auch weiterhin ein Ort der musikalischen Förderung und des kulturellen Austauschs bleiben.

Carsten Berger

SPD-Fraktion

Die Musikschulen sind zentral für die musische Bildung und Beteiligung. Durch sie können sich Menschen in Wohnortnähe musikalisch und kulturell ausprobieren, lernen und gefördert werden. In Steglitz-Zehlendorf ist die Musikschule eine feste und vielgeschätzte Institution. Die Honorarkräfte spielen dabei eine elementare Rolle für den Erhalt des vielfältigen Angebots. Das sog. „Herrenberg-Urteil“ stellt jedoch eine enorme finanzielle Herausforderung dar. Die Folgen sind im Zweifel höhere Gebühren, eine Einschränkung der Kurse und die Kündigung von Mitarbeitenden. Wir begrüßen das Handeln des Bezirks, die Beschäftigten abzusichern, solange kein einheitliches und dauerhaftes Vorgehen gefunden ist. Es muss jedoch schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden, welche die Wünsche derer berücksichtigt, die weiterhin selbstständig an den Musikschulen tätig sein wollen, ohne Menschen gegen ihren Willen in eine prekäre Beschäftigung oder Scheinselbstständigkeit zu zwingen. Gleichzeitig muss die Vielfalt des Angebots dauerhaft erhalten bleiben. Die Honorarkräfte brauchen eine Perspektive!

Ellinor Trenczek

FDP-Fraktion

Das Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts vom Juni 2022 hat die Welt der Honorarkräfte deutschlandweit auf den Kopf gestellt. Seitdem geht das Gespenst der Scheinselbstständigkeit umher. Aus Überzeugung selbständige Lehrkräfte, aber auch die Musikschule als deren Auftraggeber, sehen sich nach einer Prüfung unter Umständen hohen Forderungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gegenüber. Doch der Musikschulbetrieb muss reibungslos weitergehen! Das Bezirksamt hat eine pragmatische, wie auch mutige, Entscheidung getroffen. Wir Freie Demokraten (FDP) begrüßen es, dass die Verträge mit den Honorarkräften erneuert wurden. Das Lehrangebot unserer Musikschule ist damit auch 2025 vorerst gesichert. Allerdings sollte der Bezirk Vorsorge für eventuelle Forderungen der DRV treffen. Für die Zukunft fordern wir die Sicherung des vielfältigen Angebots unserer Musikschule, bezahlbare Unterrichtsgebühren sowie rechtssichere Vertragsverhältnisse für die Lehrkräfte. Dazu müssen jedoch endlich belastbare und für alle Beteiligten auf Dauer wirtschaftlich tragbare, sozialverträgliche Regeln zur Soloselbständigkeit geschaffen werden.

Katharina Concu

AfD 

Berlin hat kein Einnahmenproblem, Berlin hat ein Ausgabenproblem, dass bescheinigt erneut der Rechnungshof dem Senat. So lässt sich der CDU-SPD-Senat z. B. die Integrationspolitik eine Mrd. Euro im Jahr kosten. Während Kritiker, wie Wolfgang Büscher, Sprecher des ev. Hilfswerk Arche, sie als völlig gescheitert beschreibt: Man sei „am Ende“, das System sei „kollabiert“ und einen Aufnahmestopp für Asylbewerber fordert (Welt, 31.07.24), heißt es hier trotz Spargebots weiter wie bisher. Anderswo wird gespart! Auch bei Schülern! Diese hatten unter der Coronapolitik besonders gelitten. (Geben die RKI-Protokolle den Kritikern recht). Gleich zum Schuljahresbeginn streicht ihnen der Senat die Klassenfahrten – jetzt die Musiklehrer und noch mehr… Der Senat kippt dem Bezirk das Problem vor die Füße. Und gibt es unterstützende Demos seitens Linksgrün mit und für die Schüler und Lehrer? Nein, nur Klima und gegen-rechts sind im Angebot. Für uns, die AfD, ist das Angestelltenverhältnis für Musiklehrer nicht verhandelbar, ebenso wenig wie die Streichung der Klassenfahrten. Eher bleibt die Stelle für Gender-Beauftragte unbesetzt.

Peer Döhnert

Die Linke 

Die bisher nicht festangestellten Lehrkräfte an Musikschulen verdienen Rechtssicherheit, nachdem sie viel zu lange wegen unzureichender Bezahlung und fehlender Sozialversicherung geringgeschätzt wurden. Die Linke setzt sich seit Jahren für Festanstellungen ein, sofern die Kolleg*innen sich dies wünschen. Auch wenn Steglitz-Zehlendorf eine Übergangslösung bis Januar 2026 gefunden hat, führt die ungeklärte Situation dazu, dass Lehrkräfte kündigen oder sich nach Brandenburg bzw. auf andere Stellen bewerben. Dies schränkt die ohnehin zu geringen Kapazitäten an den Musikschulen weiter ein. Während wohlhabende Familien problemlos an private Schulen ausweichen können, haben Kinder ohne reiche Eltern das Nachsehen. Der schwarz-rote Senat muss sich daher jetzt bewegen und eine gute Lösung mit fairer Eingruppierung ermöglichen. Diese würde schätzungsweise 16 Millionen Euro kosten. Gemessen an anderen Ausgaben des Landes gut investiertes Geld: CDU und SPD haben in diesen Tagen absurderweise 12,5 Millionen Euro für ein American-Footballspiel in Berlin zugesagt. Das Geld wäre viel besser bei den Lehrkräften der Musikschulen angelegt!

Dennis Egginger-Gonzalez

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