Gazette Verbrauchermagazin

Schulwegsicherheit – Wann kommen wir endlich in die Umsetzung?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Januar 2025

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die SPD-Fraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

Schulwegsicherheit, was bedeutet das eigentlich? Ein hochemotionales Thema, das zuerst faktenbasiert betrachtet werden sollte und betrachtet wird hierbei die Zugangssituation von der nächstgelegenen ÖPNV-Haltestelle zur jeweiligen Schule. Auf dieser Grundlage wurde eine Bestandsaufnahme durchgeführt und ein Handlungskonzept für die Schulen des Bezirks erstellt. Das daraus abgeleitete dreistufige Verfahren („Kiss & Go-Zonen”, verkehrsbehördliche sowie bauliche Maßnahmen) befindet sich in der Umsetzung, was die hier gestellte Eingangsfrage grundlegend beantwortet. Soweit die Theorie. In der Praxis sehen wir zu Schulbeginn und Schulschluss andere Bilder vor den Schulen: Mit Autos zugeparkte Straßen, gefährliche Wendemanöver und immer wieder unschöne Szenen zwischen den Protagonisten. Das heißt für uns als CDU-Fraktion nicht nur die bezirkliche Zählgemeinschaftsvereinbarung zu beachten, in der wir ein Augenmerk auf die Umsetzung des Konzepts legen, sondern auch auf den pragmatischen Austausch mit der Elternschaft um ergänzende Ansätze zu finden, zum Beispiel den Einsatz von Elternlotsen.

Klaus Goerlitz

B‘90/Grünen-Fraktion

In unserem Bezirk gehen ca. 32.000 Kinder jeden Tag zur Schule. Leider verhindert der dichte Autoverkehr, dass sie die alltägliche Bewegung zu Fuß oder mit dem Rad genießen können. Für alle Schulen wurden Gutachten erstellt, wie die Schulwege sicherer gestaltet werden können. Diese werden nun nach und nach umgesetzt. So entstehen breitere Gehwege, Fahrradständer und Einbahnstraßen vor Schulen im Bezirk. Jährlich gibt der Bezirk dafür eine Million Euro aus eigenen Mitteln aus. Je mehr Eltern die eingerichteten Kiss&Go-Zonen in der Nähe der Schulen nutzen, um ihren Kindern hier ein sicheres Aussteigen aus dem Auto zu ermöglichen, desto übersichtlicher wird der Verkehr direkt vor den Schulen. Eltern, die an ihren Schulen gerne morgens oder nachmittags Schulstraßen einrichten wollen, bei denen die besonders oft als Schulwege genutzten Straßen direkt vor den Schulen für den Durchgangsverkehr gesperrt werden, werden durch das Bezirksamt unterstützt. Kurz gesagt: Kinder wollen sich bewegen und den Weg zu Ihrer Schule selbständig bewältigen können. Wir sorgen dafür, dass dies möglich wird.

Corinna Balkow

SPD-Fraktion

Seit Jahren liegen Konzepte für mehr Schulwegsicherheit an allen Schulen des Bezirks vor. Nur an der Umsetzung durch das Bezirksamt hapert es. Die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen lässt an den meisten Schulen auf sich warten. Der Bezirk muss die Schulwegsicherheit endlich priorisieren, um die Gesundheit und das Leben unserer Kinder zu schützen. Denn täglich begegnen Schülerinnen und Schüler gefährlichen Verkehrssituationen: fehlende Zebrastreifen, unübersichtliche Kreuzungen und rücksichtsloses Parken gefährden ihre Sicherheit. Eltern, Lehrkräfte und Kinder fordern seit Jahren Verbesserungen, doch es passiert noch viel zu wenig. Dabei erhöhen geschützte Schulwege nicht nur die Sicherheit unserer Kinder, sondern fördern auch ihre Selbstständigkeit und reduzieren den Autoverkehr. Es liegt vor allem in der Verantwortung des Bezirks, für eine sichere Umgebung zu sorgen. Investitionen in Tempo-30-Zonen, temporäre Schulstraßen und sichere Querungen sind nicht nur nötig, sondern längst überfällig. Kinder müssen sicher zur Schule kommen – deswegen muss das Bezirksamt endlich handeln!

Dr. Claudia Buß

Linksfraktion

Eltern an der Nelson-Mandela-Schule schleppen täglich 700 kg Bauschilder, um den Schulweg sicherer zu machen, an der Ludwig-Cauer-Schule gibt es Parkplätze statt eines sicheren Schulwegs. Trotz vorliegender Pläne für sichere Schulwege hat das Auto noch immer Vorfahrt. Zu den rechtlichen Problemen aufgrund der autogerechten Straßenverkehrsordnung gesellt sich die Sparwut des Berliner Senats u. a. bei der Verkehrssicherheit und dem Bau geschützter Radwege („Danke“ an SPD und CDU für nichts). Jedes Jahr werden auf Berlins Straßen 600 bis 800 Kinder Opfer von Verkehrsunfällen. Mitte September waren es bereits über 700! Diese Zahlen können durch die Verantwortlichen im Bezirk und Senat nicht länger ignoriert werden. Wir fordern geschützte Rad- und Fußwege für Kinder auf ihrem Schulweg! Überall dort, wo es möglich ist, sollten die Straßen an Schulen generell für den Autoverkehr gesperrt und zu dauerhaften Spielstraßen gemacht werden. Die Sicherheit der Kinder muss Vorrang haben vor der unerträglichen Leichtigkeit des Autoverkehrs!

Frederike-Sophie Gronde-Brunner

FDP-Fraktion

Das Thema Schulwegsicherheit beschäftigt die BVV seit Jahren. Der zuständige grüne Bezirksstadtrat kann die Lage nicht zufriedenstellend lösen. In unserem Bezirk sind Kinder weiterhin einer erheblichen Unfallgefahr ausgesetzt. Statistiken zeigen, dass täglich mehrere Kinder im Straßenverkehr verletzt werden. Oft ist die Verkehrssituation durch „Elterntaxis“ und mangelnde Sicherheitsmaßnahmen wie Zebrastreifen und Ampeln geprägt. Wir müssen an einigen Stellen, wo wir akute Gefahren identifizieren, die Sicherheit für die Kinder verbessern. Offensichtlich fehlt der politische Wille, für die Jüngsten unserer Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Dennoch bleibt vor allem die Prävention und Aufklärung ein zentrales Anliegen, um die Zahl der betroffenen Kinder zu reduzieren. Das gilt auch für den „Schullieferverkehr“ der Eltern. Den täglichen gefährlichen Situationen vor den Schulen Einhalt zu gebieten muss ein politisches Ziel sein. Überzeugungsarbeit seitens der Ordnungsbehörden, der Schulleitungen im Verbund mit den Elternvertretern muss Vorrang haben vor Verboten und Einschränkungen.

Dr. Felix Recke-Friedrich

AfD-Fraktion

Es ist erschütternd, wie wenig Priorität die Sicherheit unserer Kinder hat. In Charlottenburg-Wilmersdorf warten wir noch Jahre auf dringend notwendige Fußgängerüberwege – wie Stadtrat Schruoffeneger jüngst im Verkehrsausschuss auf Anfrage der AfD ausführte. Doch statt hier entschlossen zu handeln, steckt der Bezirk seine knappen Mittel in Ideologieprojekte wie „Aktionswochen gegen Rassismus“ oder die Unterbringung weiterer Asylbewerber. Was ist Ihnen wichtiger? Das Kinder- und Jugendparlament, Elternvertreter und die AfD sind sich einig. Der morgendliche Schulweg darf nicht von Angst begleitet werden. Deshalb muss hier umgehend investiert werden. Wir haben konkrete Lösungen angeboten. Unser Antrag zu mehr Schulwegsicherheit (Drucksache 0927/6) hätte die Maßnahmen vorangebracht. Doch unsere Initiative fand keine Mehrheit in der BVV. Die Mehrheit erklärten ihn für „durch Verwaltungshandeln erledigt“, weil das Bezirksamt in den kommenden Jahren(!) tätig werden möchte – leider kein Scherz. Sicherheit darf kein Luxus sein. Handeln wir jetzt – bevor es zu spät ist!

Martin C. T. Kohler

Titelbild

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