Nachverdichtung im Bezirk
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Februar 2025
Seit Jahren hat sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt aufgrund des mangelnden Angebots zunehmend verschärft. Dieser Entwicklung will man durch den Neubau von Wohnungen entgegenwirken. Dabei wurde aber auch deutlich, dass die Schaffung von Wohnraum nicht allein mit der Entwicklung von Neubaugebieten in der Stadt bewerkstelligt werden kann. Deshalb gibt es mittlerweile zunehmend auch Vorhaben von Nachverdichtungen in bestehenden Quartieren. Diese Vorhaben stoßen aber in der Öffentlichkeit und in der Steglitz-Zehlendorfer Bezirkspolitik nicht immer nur auf Zustimmung.
René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher
CDU-Fraktion
Auch in unserem Bezirk fehlen Wohnungen. Die CDU setzt sich zuvörderst für den Wohnungsbau durch Auffüllung von Baulücken und Dachgeschossausbau ein, da dies zu keiner Beeinträchtigungen für die Lebensqualität der Anwohner und die Qualität des Bezirks führt. Für Neubau auf Freiflächen, die zur Bebauung schon jetzt rechtlich geeignet sind, setzen wir uns mit Augenmaß für das Ausmaß der Bebauung sein, die Errichtung von weiteren Groß- oder Hochhaussiedlungen lehnen wir ab, da diese weder bewohner-, noch stadtverträglich sind. Neubau in bestehenden Wohngebieten (Nachverdichtung) prüfen wir im Einzelfall und befürworten wir nur dann, wenn den derzeitigen Bewohnern und der Qualität des Bezirks kein wesentlicher Nachteil droht. Maßstab dabei ist, dass wir nur das befürworten, was wir auch befürworten würden, wenn wir das jeweilige Baugebiet selbst bewohnen würden. Auch in Ansehung fehlender Wohnungen gilt, dass wir nicht etwas Einmaliges, nämlich die Lebensqualität des Bezirks Steglitz-Zehlendorf in Berlin, zerstören wollen, um damit etwas zu schaffen, was überall geschaffen werden kann, auch auf Erweiterungsflächen jenseits der Stadtgrenze.
Torsten Hippe
B‘90/Grünen-Fraktion
In Berlin fehlt dringend benötigter Wohnraum. Nachverdichtung und Neubau sind zentrale Instrumente, doch Neubau allein reicht nicht aus – er muss klimaresilient sein, Biotope schützen und Hitzeinseln vermeiden. Bereits versiegelte Flächen sollten priorisiert bebaut, Dachbegrünung und Grünflächen für Abkühlung genutzt werden. Ein Beispiel ist Düppel Süd, wo 200 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, Aufstockungen und Anbauten entstehen. Abstandsflächen, Grünflächen und ein Mobilitätskonzept müssen die Lebensqualität sichern. Auch an der Kilstetter Straße mindern Dachbegrünung und Grünflächenschutz die Auswirkungen neuer Gebäude. Während die CDU im Land Mietenregulierungen blockiert, Bezirke entmündigt und Bauregeln deregulieren will – zulasten von Begrünung und Dämmung – blockiert sie im Bezirk Wohnungsbau mit genau diesen Argumenten: zu teuer, zu heiß, zu unnötig. Gebaut wird am Ende: nichts. Wir Grüne setzen auf klimagerechte Lösungen, die Wohnraum schaffen, die Klimakrise berücksichtigen und allen gerecht werden. Blockaden helfen niemandem – weder den Mieter*innen noch der Stadt.
Alexander Kräß
SPD-Fraktion
Wohnraum ist knapp und teuer in Berlin; die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Die Nachverdichtung durch das Hinzufügen von Etagen oder die Umwandlung ungenutzter Räume in bestehenden Gebäuden kann einen Ausweg bieten. Rares Bauland wird optimal genutzt, die Flächenversiegelung reduziert. Eine höhere Bevölkerungsdichte sorgt dafür, dass die Infrastruktur effizienter genutzt und ausgebaut werden kann. Ökologische, nachhaltige Bauweisen und Materialien minimieren die Umweltbelastung. Die Interessen und Bedürfnisse der Bestandsmieterinnen und -mieter müssen dabei jedoch unbedingt berücksichtigt werden, um Konflikte zu vermeiden. Größtmögliche Transparenz und die frühzeitige Einbindung der Betroffenen in die Planungsprozesse ist unentbehrlich. So können Bedenken ausgeräumt, Vertrauen aufgebaut und ein respektvoller Umgang geschaffen werden. Aus Sicht der SPD stellt die Nachverdichtung eine vielversprechende Möglichkeit dar, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen – unter der Voraussetzung, dass die Interessen der bisherigen Mieterinnen und Mieter, der Naturschutz und die städtebauliche Integration in Einklang gebracht werden.
Volker Semler
FDP-Fraktion
Wenn es um Verdichtung von Wohngebieten geht, heißt es oft: „Bei uns ist kein Platz!“. Das erinnert an die Weihnachtsgeschichte mit der Herbergssuche, wenn der Wirt sagt: „Da geht nur fort, ihr kommt nicht rein!“ Berlin braucht dringend Wohnungen für Familien, Studenten, Auszubildende, Senioren und Menschen mit Beeinträchtigungen. Der Vorteil der Verdichtung ist aus Sicht der Freien Demokraten (FDP), dass nicht zusätzliche Grundstücke erschlossen werden müssen und Infrastruktur vorhanden ist (die ggfs. erweitert werden muss). Genossenschaften und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften wollen investieren, ohne dass ein Grundstück erworben werden muss – das ist gut für günstige Mieten. Wo es die Statik zulässt, sollte aufgestockt werden. Wo Platz und Bauordnung es erlauben, sollten Neubauten dazukommen. Bitte barrierefrei – wo möglich – denn es gibt auch Mieter, die aus ihren Wohnungen nicht mehr rauskommen ohne großen Aufwand. Unfall oder Krankheit kann jeden ereilen. Dann sind Lösungen gut, bei denen WGs entstehen – nicht nur für Junge, auch für Alte und Menschen mit Handicap. Das hat auch den Vorteil, es beugt Einsamkeit vor.
Mathia Specht-Habbel
AfD
Seit über zehn Jahren ist der Wohnungsmangel bekannt, mittlerweile ist die Lage katastrophal. Der Verdrängungskampf um Wohnraum tobt – ein Geschäft zulasten der unteren und mittleren Einkommensschichten, junger Menschen und Berufsstarter. Diese Entwicklung ist politisch gewollt und wird vom CDU-SPD-Senat weiter forciert. Allein der Einzug des Duldungsstatus von 50.000 abgelehnten Asylbewerbern könnten in Berlin auf einen Schlag rund 10.000 Wohneinheiten freigemacht werden. Zum Vergleich: Der Bau von 2.500 Einheiten in Lichterfelde-Süd dauert von der Planung bis zur Fertigstellung 25 Jahre. 25 Jahre für 2.500 Einheiten! Wer 2010 geboren wurde, könnte mit 25 Jahren erstmals einziehen. Nachverdichtung durch Aufstockung oder das Schließen von Baulücken durch Kriegsschäden ist sinnvoll – in der Kilstetter Straße aber nicht. Sie löst das Problem nicht, sondern schafft weitere Verdrossenheit. Eine Korrektur der politischen Fehlentscheidungen ist nicht in Sicht. Zeit für einen Politikwechsel: Man darf AfD wählen – mit gutem Gewissen. Immer mehr Bürger tun das, viele Jüngere sind darunter. Trauen Sie sich das auch und 2025 wird besser.
Peer Lars Döhnert
Die Linke
Die Linke erliegt nicht wie CDU, Grüne, SPD, FDP und AfD dem Irrglauben, dass jeder Neubau einer Wohnung wertvoll für die Mieter*innen in Berlin ist. Es kommt darauf an, was und wie gebaut wird. In Steglitz-Zehlendorf werden (politisch gewollt und gefördert!) vor allem Luxuswohnungen gebaut, die sich Menschen mit normalen Einkommen nicht leisten können (siehe z. B. Lichterfelde Süd). Die Linke hingegen will städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften bei Bauvorhaben den Vorrang einräumen und ausnahmslos das Maximum an Sozialwohnungen verlangen. Dem reinen Verwertungsinteressen von Investor*innen treten wir auch bei Nachverdichtungen entschieden entgegen! Grundsätzlich sind Nachverdichtung im Bestand und die Überbauung bereits versiegelter Flächen dem Neubau auf Freiflächen allein aus Gründen des Klima- und Hitzeschutzes vorzuziehen. Die weitere Verdichtung bereits eng bebauter Quartiere lehnen wir ab. Grünzonen und Kaltluftschneisen sind für ein gesundes Leben gerade in verdichteten Wohnquartieren unverzichtbar. Die Interessen der Menschen, die bereits in diesen Quartieren leben, müssen berücksichtigt werden.
Dennis Egginger-Gonzalez
Weitere Informationen zur BVV und den Sitzungsterminen finden Sie unter www.berlin.de/-ii23015