Gazette Verbrauchermagazin

Faire Miete statt fetter Rendite – was muss das Bezirksamt gegen Wuchermieten unternehmen?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Februar 2025

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die Linksfraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

Wohnraum ist für jeden Menschen ein Grundbedürfnis und bezahlbar soll er auch sein. Rendite ist nicht per se zu verurteilen, solange sie im gesetzlichen Rahmen erwirtschaftet wurde. Ein Mangelmarkt verlockt schnell mal schwarze Schafe, ein schnelles Geschäft mit dem knappen Gut Wohnraum zu versuchen. Umso wichtiger ist es, die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen. Mietwucher ist gemäß § 5 Wirtschaftsstrafgesetz eine Ordnungswidrigkeit. Gleichzeitig ist es mit der derzeitigen rechtlichen Regelung in § 5 Absatz 2 nicht ganz einfach, eine solche Unangemessenheit der Höhe entsprechend des Gesetzes in einer Einheitsgemeinde wie Berlin nachzuweisen. Deshalb begrüßt die CDU-Fraktion, dass Bezirke und Senat gemeinsam Präzedenzfälle nutzen wollen, um hier eine Rechtsprechung der Gerichte zu erreichen, die einerseits Mieterrechte stärkt oder andererseits Verbesserungsnotwendigkeiten des Gesetzes offenlegt. Denn eines ist für uns als CDU-Fraktion klar: Miete muss erschwinglich sein, damit jeder ein Dach über dem Kopf finden kann.

Hans-Joachim Fenske

B‘90/Grünen-Fraktion

Wuchermieten stellen nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz eine Ordnungswidrigkeit dar, die vorliegt, wenn eine Miete infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Wohnräumen die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt. Jedoch hat die Rechtsprechung die Hürden so hoch gesetzt, dass der Mietwucher-Paragraph kaum noch angewendet werden kann. Deshalb plädieren wir für eine Gesetzreform, um wieder eine praktikable Anwendung zu ermöglichen, die bisher vom Bundesjustizministerium unter Buschmann (FDP) blockiert wurde. Umso konsequenter muss das Bezirksamt gegen den Verlust von preiswertem Wohnraum vorgehen. Um die Mietpreisbremse und das Zweckentfremdungsrecht zu umgehen, werden immer mehr Mietwohnungen in möblierte Wohnungen mit einem befristeten Mietvertrag zu Preisen von bis 50 €/qm umgewandelt. Als Grüne Fraktion haben wir uns dafür eingesetzt, dass dieser Praxis ein Riegel vorgeschoben wurde.

Jun Chen

SPD-Fraktion

Was muss gegen Mietwucher getan werden? Die Verfolgung von Mietpreisüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz ist allein die Aufgabe der Bezirksämter. Dabei ist es auch Aufgabe der Bezirke, beim Einsatz des zur Verfügung stehenden Personals die richtigen Prioritäten zu setzen. Dies hat z. B. das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg durch die Schaffung einer Stelle allein für die Verfolgung der Mietpreisüberhöhung bereits getan. Wir fordern vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf es dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gleichzutun. Bei der Aufstellung der Bezirkshaushalte ist daher die personelle Absicherung der Verfolgung der Mietpreisüberhöhungen durch die Bezirke zu sichern, eingeschlossen die Absicherung der möglichen Prozesskosten im Einzelfall. Nur so ist Mietwucher wirksam zu bekämpfen. Aber helfen Sie mit! Es ist allen betroffenen Mieterinnen und Mietern unbenommen und sogar angeraten, Mietpreisüberhöhungen bei ihrem zuständigen Bezirksamt und Mietwucher z. B. bei der Internetwache der Polizei einfach online anzuzeigen.

Claudia Spielberg und Nico Kaufmann

Linksfraktion

Während viele Menschen aussichtslos nach bezahlbarem Wohnraum suchen, stopfen sich einige Vermieter:innen die Taschen voll. Seit 2012 sind die Mieten um 132 % gestiegen, obwohl sog. „Wuchermieten“ nach § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes rechtswidrig sind. Es drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro und Strafverfolgung. Senat und Bezirksamt unternehmen nichts gegen überhöhte Mieten. Die Linksfraktion im Bundestag erledigte ihre Hausaufgaben und richtete einen Mietwucher-Rechner ein. Das Ergebnis: In 9 von 10 Verdachtsfällen im Bezirk liegt die Miete mindestens 20 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete, in 5 von 10 sogar 50 % darüber.

Andere Bezirke handeln: In Friedrichshain-Kreuzberg wurde eine Stelle zur Verfolgung von Mietwucher geschaffen, um gegen die illegale Abzocke vorzugehen. Auch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf steht in der Pflicht, Mieter*innen zu informieren und beraten, Meldungen nachzugehen und dreiste Vermieter*innen mit einem Bußgeld zu belegen oder in schweren Fällen der Staatsanwaltschaft zu melden. Zu viel gezahlte Miete muss zurückgefordert werden!

Annetta Juckel

FDP-Fraktion

Um das Thema „Wuchermieten“ zu beleuchten, gibt es verschiedene Maßnahmen. Zunächst gibt es rechtliche Aspekte. Hier hilft ein Blick in das Wirtschaftsstrafgesetz: Gemäß § 5 WiStG könnten Mieten, die 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete sind, als Wucher gelten. Für die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen ist das Bezirksamt, regelmäßig der Fachbereich Wohnen, zuständig. Weitere beliebte Maßnahmen, um hohe Mieten einzuschränken, sind Mietobergrenzen, Milieuschutzgebiete und Vorkaufsrechte. Jedoch verhindern diese gleichzeitig Modernisierungen und Renovierungen oder auch energetische Sanierungen. Auch die Förderung von Wohnraum ist ein Weg. Jedoch ist hier dringend eine Reform erforderlich, gibt es doch durch Fehlbelegung und das Auslaufen der Bindefristen zu wenig geförderten Wohnraum. Was kann das Bezirksamt also tun? Konsequent gegen Mietpreisüberhöhungen vorgehen, den Milieuschutz auf die Regelungsinhalte des BauGB zurückführen – und Neubauvorhaben auf öffentlichen Grundstücken den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften vorbehalten.

Johannes Heyne

AfD-Fraktion

Immer die gleichen Fragen von linksgrünen Genossen, weil sie das Grundproblem nicht verstehen. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. In einfacher Sprache erklärt: Ganz doll große Nachfrage und winzig kleines Angebot ergibt einen unverschämt hohen Preis. Wenn die Grenzen für alle Menschen dieser Welt aufgemacht und aber keine Wohnungen gebaut werden, passiert genau was? Richtig! Und dabei gibt es eine ziemlich einfache Lösung. Wenn aber dann noch Grüne und CDU im Bezirk Wohnbauprojekte dadurch verlangsamen, dass erstmal geprüft werden muss, ob ein Zitronenlurch einmal im Jahr auf infrage kommendem Baugrund ansässig sein könnte, wird es ganz schwer. Unsere Fraktion, die ja für einfache und praktikable Lösungen bekannt ist, fordert: Bauen für hier schon länger Lebende! Hilfe bei der Remigration für ausreisepflichtige Personen! Das Wuchermietenproblem erledigt sich dann wie von Geisterhand. Für das Vorgehen gegen möglicherweise verbleibende Wuchermieten gibt es ein reiches Sammelsurium an gesetzlichen Möglichkeiten. Linksgrüne Genossen könnten natürlich auch „Wuchermietenverbotszonen“ einrichten. Das hilft bestimmt wie bei Messern und Böllern!

Gregor Kadow

Titelbild

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