Frauen in Steglitz-Zehlendorf
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf März 2025
Seit 2019 ist im Land Berlin der internationale Frauentag am 8. März ein gesetzlicher Feiertag. In diesem Jahr steht der Weltfrauentag unter dem Motto: Für alle Frauen und Mädchen: Rechte. Gleichheit. Ermächtigung. Was aber hat der Feiertag für eine konkrete Auswirkung auf die Lebenssituation der Frauen und Mädchen in Berlin und im Bezirk? Welche Vorstellungen und Zielsetzungen haben die Fraktionen und die fraktionslosen Vertreter in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf zur Frauenpolitik? Dazu nehmen die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter nachstehend Stellung.
René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher
CDU-Fraktion
140.000 Frauen leben in Steglitz-Zehlendorf. Für diese Frauen sind, bei aller Unterschiedlichkeit der Struktur der Bezirke, die alltäglichen Probleme annähernd gleich. Wir wenden uns gegen die Mehrfachdiskriminierung aller Frauen und wollen die Frauenarmut konsequent bekämpfen. Ein zentrales Ziel ist die Entgeltgleichheit bei gleicher und gleichwertiger Arbeit. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss auch in Steglitz-Zehlendorf durch flexible Arbeitszeitmodelle verbessert werden. Wir wollen die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Alleinerziehenden deutlich verbessern. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein wichtiger Schwerpunkt, wobei die Istanbul-Konvention konsequent umgesetzt werden muss. Die aktuellen Vorkommnisse auch in unserem Bezirk mahnen uns zur Eile. Der Schutz von Frauen und Mädchen in Einrichtungen der Eingliederungshilfe vor Gewalt und Missbrauch soll durch eine konsequente Umsetzung des Wohnteilhabegesetzes gewährleistet werden. Wir wollen die berufliche Weiterentwicklung von Frauen fördern und setzen uns für die Gleichwertigkeit von akademischer und nicht-akademischer Bildung ein.
Karen Wirrwitz
B‘90/Grünen-Fraktion
Die Diskussion über Gendergerechtigkeit ist breit gefächert; von der Frage der Frauenquote in Unternehmen oder Parteien bis zum erhöhten Armutsrisiko für Frauen aller Altersgruppen und der ungleichen Belohnung für die gleiche Arbeit. Und obwohl die Anzahl der weiblichen Studierenden in MINT-Fächergruppen stetig wächst (2021 lag ihr Anteil bei 32 %), fallen 68 % der Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen von Frauen auf 20 Berufe, – darunter nicht ein naturwissenschaftlich-technischer! Junge Frauen entscheiden sich häufig noch immer für „typisch weibliche“ Berufsfelder. Frauenanteil in MINT-Berufen? 18 % Ingenieurinnen. 15 % im IT-Bereich. Eine schöne Aktion setzt schon bei Mädchen (und Jungen) an: Die „Girls’Days“ – diesmal am 3. April – sind Aktionstage zur Berufsorientierung, die einmal im Jahr stattfinden und positive Rollenmodelle präsentieren: Mädchen können Berufe kennenlernen, in denen meist Männer arbeiten. In Steglitz-Zehlendorf bietet zum Beispiel der Werkhof Lankwitz zwei Plätze an: Hier können Mädchen das Tischlern und Malern ausprobieren. Wir möchten Unternehmen im Bezirk ermutigen, beim Girls’Day mitzumachen: Die Teilnehmerinnen können sich über MINT-Berufe informieren und sind vielleicht zukünftig Auszubildende im Betrieb.
Dr. Kostas Kosmas
SPD-Fraktion
Frauen in Steglitz-Zehlendorf: Künftig erhalten Frauen in unserem Bezirk eine starke Stimme! Steglitz-Zehlendorf bekommt seinen ersten Frauenbeirat. Die Auswahl der Frauen und Initiativen, die das Gremium bilden sollen, ist abgeschlossen. Damit entsteht eine neue Interessenvertretung für Frauen im Bezirk. Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung hatte die Einrichtung des Beirats angestoßen, um die Gleichstellung voranzubringen. Der Beirat ist unabhängig und vertritt die Anliegen von Frauen, die in Steglitz-Zehlendorf wohnen oder arbeiten. Die Mitglieder bringen vielfältige Erfahrungen ein – Frauen jeden Alters, jeder Herkunft und Lebenssituation sind vertreten. Dieses Gremium schafft Raum für Austausch und Mitgestaltung. Es stärkt die Sichtbarkeit der Lebensrealitäten von Frauen im Bezirk und gibt ihnen eine starke Stimme in Politik und Verwaltung.
Carolyn Macmillan
FDP-Fraktion
Betty Katz, Maria Rimkus, Hildegard Hamm-Brücher, Nora Schimming, Anna Muthesius, Clara Immerwahr, Elise Taube, Emma Klara Döltz, Elisabeth Schmitz, Dora Diamant, Helga Cazas, Lilly Wust, Eleanor Lansing Dulles oder Hilde Weström – dies sind nur einige der vielen Frauen, die in Steglitz-Zehlendorf ihre Spuren hinterlassen haben. Zu allen Zeiten gab es starke Frauen, die sich trotz enormer Widerstände auf unterschiedlichen Ebenen für eine freiheitliche Gesellschaft engagiert haben. Wir Freie Demokraten (FDP) setzen uns dafür ein, dass das vielfältige, persönliche Engagement von Frauen in unserem Bezirk noch sichtbarer wird: als Zeichen der Anerkennung und des Respekts für die Leistungen dieser Frauen, die bis ins Jahr 2025 in der Öffentlichkeit – anders als viele ihrer männlichen Mitstreiter – wenig Berücksichtigung gefunden haben. In Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Dies muss auch für die Erinnerungskultur gelten. Gerade sie sensibilisiert, regt zum Nachdenken an und kann den Wert der Gleichberechtigung anhand persönlicher Schicksale im Alltag direkt vermitteln.
Katharina Concu
AfD
Frauen im Bezirk: Wie geht es dem Mädchen (14) und ihrer Mutter, welches in einer Sommernacht 2023 Opfer einer Gruppenvergewaltigung am Schlachtensee wurde? Ein Blick in die Gerichtsakte macht deutlich, wie schwer ein solcher Übergriff wirkt. Wie geht es der Frau (63), die im Februar 2024 in der U3 am U-Bhf. Krumme Lanke von einem 33-jährigen Mann vergewaltigt wurde? Wie verarbeitet sie und ihre Familie diesen Einschnitt? Wie geht es den vier Kindern ohne ihre Mutter? Die 36-jährige suchte Schutz in Zehlendorf. Die Bedrohungslage war bekannt, Warnungen wurden ausgesprochen. Im August 2024 wurde sie nahe S-Bhf. Zehlendorf am hellichten Tage von ihrem Ex-Mann brutal niedergestochen. Wie geht es der Mutter des 21-jährigen jungen Mannes, der im Dezember 2024 gegen 20.30 Uhr im Park an der John F. Kennedy Schule brutal niedergestochen wurde – Stichverletzungen in Rücken, Brust und Gesicht. Eine Not-OP rettet ihn, fortan querschnittsgelähmt. Von Herzen wünsche ich allen Frauen die Kraft, ihr Trauma zu überwinden, und hoffe, dass sie Menschen an ihrer Seite haben, die Halt und Trost schenken. Ich denke an sie.
Peer Lars Döhnert
Die Linke
Die Linke ist eine feministische Partei, die sich aktiv für die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Stellung von Frauen einsetzt. Wir unterstützen Initiativen, die auf Gleichberechtigung und Selbstbestimmung abzielen. Eines unserer zentralen Anliegen ist die Bekämpfung der systematischen Verlagerung unbezahlter Haus- und Sorgearbeit auf Frauen, die häufig zu Altersarmut führt. Wir wollen gleiche Chancen im Erwerbsleben schaffen, indem wir u. a. den Zugang von Frauen (auch Migrantinnen) zu bezahlter Arbeit verbessern und Arbeitsbedingungen sowie Löhne anpassen. Zudem setzen wir uns für wirksame Schutzmaßnahmen und Präventionsprogramme gegen Gewalt an Frauen ein. Auch Frauengesundheit steht bei uns im Fokus (so sind Frauen bspw. in der medizinischen Forschung oft unterrepräsentiert). Die Arbeit der Frauenbeauftragten im Bezirk muss besser finanziert werden; daher fordern wir eine Erhöhung des Budgets für Öffentlichkeitsarbeit und frauenspezifische Angebote. Die Linke steht für eine feministische Politik, die Geschlechtergerechtigkeit auf allen Ebenen fördert und konkrete Verbesserungen im Alltag von Frauen bewirkt.
Dennis Egginger-Gonzalez