Hilfe zur Selbsthilfe von der Wiege bis zur Bahre
Mittelhof e. V. stärkt die lokale Gemeinschaft

Erschienen in Gazette Zehlendorf März 2025
Seit 77 Jahren gibt es den gemeinnützigen Verein Mittelhof, unter der Prämisse „im Geiste echter Freundschaft und Versöhnung und in nachbarschaftlicher Hilfe“, unterstützt von Quäkern, gegründet als erstes Nachbarschaftsheim Berlins in der damaligen amerikanischen Besatzungszone. Inzwischen ist diese zivilgesellschaftliche Organisation als Träger und Stadtteilzentrum zu einer festen Größe in Steglitz-Zehlendorf geworden, wenn es darum geht, für beinahe jeden Lebensbereich das passende Angebot zu finden. Hinter dem ehrenamtlichen Vorstand stehen rund 450 hauptamtliche und fast ebenso viele ehrenamtliche Mitarbeitende, die sich gemeinsam für Demokratie und Teilhabe einsetzen. Die Geschäftsstelle hat ihren Sitz in Zehlendorf in der Gründerzeit-Villa Mittelhof an der Königstraße 42. Unter der Doppel-Geschäftsführung von Markus Schönbauer und Simone Will arbeitet der Mittelhof bis heute nach den von demokratischem Denken geprägten Gründungsprinzipien, welche von den damaligen Initiatoren deutscher und US-amerikanischer Quäker ausging. Dass gerade die Sozialwissenschaftlerin Hertha Kraus, die wegen ihrer jüdischen Abstammung aus dem Nazi-Deutschland in die USA hatte emigrieren müssen, diese selbstlose Einrichtung in Deutschland dann als überzeugte Anhängerin der Quäker-Glaubensgemeinschaft befürwortete und mit ermöglichte, ist nicht nur für Markus Schönbauer Grund genug, den Mittelhof auch zukünftig ganz im Sinne von Demokratie und lokaler Gemeinschaft sowie sozialer Gleichberechtigung im Bezirk weiterzuentwickeln – als symbolisches Denkmal für eine Frau, die anstatt auf Groll gegen die Deutschen vielmehr auf Nächstenliebe setzte und darin einen Versuch sah, „eine neue Form der Verbindung zueinander zu schaffen“.

Historie
Seine ersten Vereins-Jahre verbrachte der Mittelhof in einem von Hermann Muthesius erbauten Haus in Nikolassee (Mittelhof), nach dem der Verein dann benannt wurde.
1950 dann kauften Quäker das Zehlendorfer Villengrundstück mit vom Krieg verschonten Haus an der Königstraße von einem Dahlemer Lederfabrikanten und schenkten es dem Verein, den sie zusätzlich eine Zeitlang noch sehr durchdacht finanziell unterstützten – ganz nach dem Motto, „Hilfe zur Selbsthilfe“ spenden zu wollen. So entwickelte sich der Verein bis 1956 Schritt für Schritt zur Unabhängigkeit. Als erstes Berliner Nachbarschaftsheim richtete sich der Mittelhof zu Beginn mit seinem Suppenküchen-Angebot für unterernährte Kinder, seiner Hilfe für erholungsbedürftige Mütter und mit Näh- und Schusterwerkstatt nicht nur an die Menschen in direkter Nachbarschaft, sondern auch an körperlich und seelisch Bedürftige aus anderen Bezirken, die später dann ihre eigenen Nachbarschaftseinrichtungen vor Ort etablierten.

Angebote und Treffpunkte für Jung und Alt
So kann sich der Mittelhof e. V. heute mit seiner an über 30 Standorten angebotenen sozial-kulturellen Arbeit und inzwischen Träger von 14 Kitas, auf ein engeres lokales Umfeld konzentrieren, in dem die Stadtteilarbeit eine wichtige Rolle spielt. Zum Verein gehören neben der Villa Mittelhof und dem Mehrgenerationenhaus Phoenix in Zehlendorf u. a. die Villa Folke Bernadotte und das Nachbarschaftshaus Lilienthal in Lichterfelde. Außerdem gibt es ein Familienzentrum in Lankwitz sowie Kooperationen mit Schulen und Kitas. Der Mittelhof finanziert sich aus Eigenmitteln, die durch Kurse und Raumvermietung erwirtschaftet werden, aber auch durch Spenden, Stiftungsgelder, aus der Betreuung in den Kitas und über Zuwendungen des Senats. „Wir verstehen uns als zivilgesellschaftlicher Partner des Staates“, bringt es Markus Schönbauer auf den Punkt und betont, dass man sich gerade in diesen Tagen in Deutschland dabei auf das wichtige Ziel der Quäker, Demokratie schaffen zu wollen, stärker rückbesinnen müsse. – Auf dem Weg zu Erlebbarkeit von Selbstwirksamkeit. Dabei müsse unbedingt der eigentliche Sinn von Gemeinnützigkeit gewahrt bleiben, der Gesellschaft in vollem Umfang direkt zugute kommen und transparent und nachvollziehbar sein. So soll auch der lokale Zehlendorfer Spender sichtbar und anerkannt spenden können.
In diesem Jahr feiert die Selbsthilfekontaktstelle im Mittelhof 40-jähriges Bestehen. In der Selbsthilfe – DAS sozialste Netzwerk überhaupt – unterstützen, informieren und stärken sich Betroffene selbst, praktizieren damit gelebte Demokratie und Solidarität. Allein im Mittelhof e. V. treffen sich über 80 Selbsthilfegruppen regelmäßig, von Parkinson über Depression bis Leben zwischen zwei Kulturen. Darüber hinaus werden etliche weitere Gruppen im Bezirk beraten und koordiniert. Ein breites Begegnungs-, Beratungs.- Kultur-, Kreativ-, Spiel- und Sportangebot hält der Mittelhof außerdem bereit.

Mit der Zeit gehen im großen „Haus für Alle“
Im offenen Nachbarschaftscafé der Villa Mittelhof erwartet neben guten Gesprächen auch Kaffee und Kuchen sowie leckerer Mittagstisch die Besucher. Gesundheits- und Umweltbewusstsein ist auch auf dem Teller in. So geht es in den Mittelhof-Kitas gesund und frisch gekocht zu: Sogar das Kinderhaus Athene an der Athene-Grundschule kommt derzeit noch in diesen Genuss. 480 Essen täglich kocht der Mittelhof-Caterer, doch der daran gebundene administrative Aufwand mit recht praxisferner Kontrolle und Nachweispflicht ist für den Mittelhof als eher kleinen Standort, welcher der idealen Schulessen-Vergabe entspricht, ungerechtfertigt groß, sodass derartige Essens-Projekte wenig Zukunft zu haben scheinen. Dabei behält der Verein mit seinem Catering stets diejenigen Einrichtungen für Kooperationen im Blick, die soziales Verständnis mitbringen – wie „1Ha Zukunft“ in Ludwigsfelde, Bildungsträger für das Verstehen, Gestalten und Erleben von klimagerechter Ernährung, oder die Domäne Dahlem mit ihrem Programm „Vom Acker auf den Teller“.
Aktuell hat sich im Garten des Stadtteilzentrum Villa Mittelhof einiges getan: Das sogenannte Bahnwärterhäuschen, vor 30 Jahren Projektstätte für den „Werkstattknast“, ist frisch saniert und bietet hellen Aktionsraum. Bei den Renovierungsarbeiten kamen unter der alten Tapete noch etliche aussagekräftige Arbeiten aus dieser Projektzeit ans Licht. Handlungsbedarf auf Spendenbasis besteht indessen weiterhin für den Spielplatz, damit er überholt und modernisiert werden kann. Zwar sind bereits über 20.000 Euro zusammengekommen, doch jeder Euro mehr bedeutet ein weiteres Kinderlachen.

Und wer die Villa Mittelhof nun kennenlernen möchte, kann das entspannt bei der beliebten „Die schöne Villa-Party“ am 28. März von 19.30-23 Uhr. Gute Laune bei „Let´s Dance“ und 70er-Jahre-Music ist garantiert. Näheres unter Tel. 030-80 19 75 39.
Das umfangreiche Mittelhof-Programm mit allen Angeboten ist in der Villa Mittelhof, in den Stadtteilzentren und beim Bezirksamt erhältlich. Ehrenamtliches Engagement und gute Ideen sind im Mittelhof e. V. stets willkommen.
Angebote unter www.mittelhof.org/angebote/
Informationen und Kontakt unter www.mittelhof.org
Jacqueline Lorenz
Spendenkonto
Mittelhof e. V.
SozialBank
IBAN: DE25 3702 0500 0003 1128 00