Gazette Verbrauchermagazin

A 100 – Wie schützt der Bezirk die Wohnkieze?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Abrissarbeiten der A100-Brücke über der Ringbahn erfolgen bei Tag und Nacht.
Abrissarbeiten der A100-Brücke über der Ringbahn erfolgen bei Tag und Nacht.
Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Mai 2025

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die CDU-Fraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

Die Sperrungen der Ringbahn- und der Westendbrücke im Zuge ihres Abrisses und Neubaus sind in Kombination mit der Unterbrechung des S-Bahnrings die größte Verkehrsherausforderung unserer Zeit. Als CDU-Fraktion ist es daher unsere Aufgabe im Bezirk, die Menschen in den durch Schleichverkehre betroffenen Kiezen zu schützen. Im engen Austausch mit dem Bezirksamt konnten zunächst Durchfahrverbote für die am stärksten betroffenen Nebenstraßen im Zuge der Gefahrenabwehr angeordnet werden. Seitdem findet eine stetige Überprüfung der Maßnahmen statt, um kurzfristig auf neue Verkehrsströme reagieren zu können und um die Wirksamkeit bestehender Maßnahmen zu kontrollieren. Aus dem bezirklichen Verkehrsausschuss haben wir uns deshalb für ein Verkehrskonzept eingesetzt, das auf Einbahnstraßenregelungen setzt und die Nachbarschaft rund um die Soorstraße bis in die Alt-Westender Alleen als Ganzes betrachtet. Auch wenn die bezirkliche Zuständigkeit „nur“ auf den Nebenstraßen liegt, fordern wir gemeinsame Lösungen aller beteiligter Akteure, um im Sinne der Anwohner tätig zu werden.

Klaus Goerlitz

B‘90/Grünen-Fraktion

Nach der spontanen Sperrung der Ringbahnbrücke suchte sich der Auto- und LKW-Verkehr neue Wege durch die Kieze. Um die Anwohner*innen zu schützen, hat der grüne Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger Straßen für den Durchgangsverkehr gesperrt oder als Einbahnstraßen ausgezeichnet. Dies nützt den Anwohnenden, den Fußgänger*innen und den Radfahrenden. Um die Kiezbewohner*innen vor großen LKWs zu schützen sowie die Straßen zu entlasten, kann die Einrichtung von Logistik-Hubs helfen, in denen die Güter auf Lastenfahrräder umgeladen werden. Für alle anderen LKWs muss es eine großflächige Umfahrung geben, die auch wirksam kontrolliert wird. Der bei einer gleichfalls durchgeführten Sperrung der Ringbahn nötige Schienenersatzverkehr muss ausreichend schnell und sicher bereitgestellt werden. Dies mildert für die angrenzenden Kieze die Belastung, soweit es für den Bezirk möglich ist. Mittelfristig sind bevorzugt der ÖPNV und die Radschnellverbindungen auszubauen, damit weniger Menschen Autos nutzen. Weiterhin gilt für uns, dass die Sanierung vorhandener Infrastruktur die Chance bietet, über eine stadtverträglichere Gestaltung nachzudenken.

Corinna Balkow

SPD-Fraktion

Die Ringbahnbrücke ist warnendes Beispiel für eine dringende Reform der Sicherungs- und Sanierungspflicht der Verkehrsinfrastruktur, inkl. Finanzierung. Für die SPD war es daher wichtig, mit der CDU / CSU Fondslösungen durchzusetzen, mit denen eine sichere Verkehrsinfrastruktur unabhängig von der jeweiligen Haushaltslage gewährleistet wird. Die Realisierung ist Pflichtaufgabe der Infrastrukturträger, wie der Autobahn GmbH mit der Deges beim Funkturmdreieck. Der Bezirk hat dagegen die Möglichkeit, den Ausweichverkehr im Nebenstraßennetz der Wohngebiete etwas zu begrenzen, wie z. B. durch Diagonalsperren, Einbahnstraßenreglungen und Kissen. Insbesondere die Sicherung der Schulwege ist an diese neue Situation anzupassen, denn es besteht die Gefahr, dass Ampelschaltungen zuungunsten der Fußgänger „optimiert“ werden. Außerdem bedeutet die „neue“ Umleitung des Lkw-Mehrverkehrs für die unsanierten Straßen mit dem darunterliegenden Versorgungsnetz akute Gefahr zu kollabieren. Deshalb fordert die SPD vom Senat ein Fahrverbot für Lkws über 7,5 T im Charlottenburger Innenstadtgebiet, welches durch Logistikzentren und Routenoptimierungen unterstützt werden muss.

Dr. Jürgen Murach

Linksfraktion

Automassen drängen sich durch die Kieze Westend, Klausenerplatz, entlang der Kaiser-Friedrich-Straße und so weiter. Stau, Lärm, schlechte Luft – für Anwohner:innen eine starke Belastung. Die durch das Bezirksamt eingerichteten Durchfahrverbote sind richtig, schützen aber nicht umfassend, da Autofahrer:innen Verbotsschilder ignorieren und die Kontrolle fehlt. Als Linke fordern wir von Bezirk, Senat und Autobahn GmbH sofortige Einwohnerversammlungen in den betroffenen Kiezen. Die Anwohner:innen wissen, was vor Ort nicht funktioniert und müssen einbezogen werden! Zugleich haben wir die Forderung eingebracht, vom Senat Pop-up-Busspuren einzufordern. Doch das haben alle Fraktionen abgelehnt. Damit ziehen sich CDU und Grüne – und damit das Bezirksamt – mal wieder aus der Affäre. Der Schienenersatzverkehr der Ringbahn wird wegen Stau umgeleitet und steht nun, Überraschung, wie die regulären Buslinien im Stau. Das ist extrem unsozial und trifft vor allem die Menschen, die ohnehin nur eingeschränkt mobil sind. Wir fordern Investitionen in eine echte Verkehrswende!

Frederike-Sophie Gronde-Brunner

FDP-Fraktion

Die Sperrung der A100-Brücke droht die umliegenden Kieze im Verkehr ersticken zu lassen. Einbahnstraßen wie in der Soorstraße sind reine Symptombekämpfung. Für die FDP Berlin ist klar: Der Bezirk muss zügig handeln, statt sich hinter Zuständigkeitsfragen zu verstecken.

Wir fordern ein Eilverfahren, um den überregionalen Transitverkehr aus Wohngebieten herauszuhalten. Für Pendler braucht es ein attraktives ÖPNV-Angebot – mit Park&Ride-Zonen am Olympiastadion, an der Waldbühne und in Dreilinden.

Langfristig muss der Bund den städtebaulichen Flickenteppich entlang der A100 auflösen. Die FDP fordert dafür eine Sonderbaurechtszone entlang der Trasse – für kluge, moderne Stadtentwicklung statt endloser Blockade.

Verantwortungsvolle Politik heißt für uns: pragmatische Lösungen statt Verwaltungstaktieren – im Interesse der Menschen vor Ort.

Dr. Felix Recke-Friedrich

AfD-Fraktion

Das Chaos ist perfekt. Laut Berichten aus dem Abgeordnetenhaus gab Verkehrsstadtrat Schruoffeneger im dortigen Ausschuss zu, bereits seit Amtsantritt von den Mängeln der Ringbahnbrücke gewusst zu haben. Leider folgten diesem Wissen keine Maßnahmen. Jetzt müssen die Anwohner geschützt werden. Einiges wurde bereits in Angriff genommen, anderes muss noch veranlasst werden: Sperrung der Wohngebiete für den Schwerlastverkehr – nicht nur für die angrenzenden Kieze, sondern z. B. auch für die Preußenallee, die jetzt vermehrt als Ausweichroute dient. Im Gegenzug sollte auf der westlichsten Fahrbahn der A100 eine überbreite Spur je Fahrtrichtung eingerichtet werden, die wochentags Fahrzeugen über 3,5 Tonnen vorbehalten ist. Beim Neubau von Ringbahn- und Westendbrücke ist eine Verbesserung des Schallschutzes in Form einer „Einhausung“ zu prüfen. Ein solches Debakel muss zukünftig verhindert werden. Deshalb plädieren wir für die Verankerung der Politikerhaftung, damit Probleme nicht ausgesessen und an den Nachfolger übergeben werden.

Martin C. T. Kohler

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