Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Januar 2018
Die ehemals militärisch und gewerblich genutzten Flächen in Lichterfelde Süd sollen in den nächsten Jahren zu einem neuen Stadtquartier entwickelt werden. Nach ersten Überlegungen in den 1990er-Jahren und ersten Entwürfen ab 2012 wurde 2015 ein Bebauungsplanverfahren vom Bezirksamt eingeleitet. Die Bezirksverordnetenversammlung befasst sich seitdem intensiv mit diesem umfangreichen Planverfahren. Nachstehend legen die Fraktionen in der BVV Steglitz-Zehlendorf ihre unterschiedlichen Vorstellungen zur Entwicklung in Lichterfelde Süd dar.
Wir wollen ein lichterfeldetypisches Wohngebiet, das keinesfalls die Fortsetzung der Thermometer-Siedlung bildet. Dem „sozialen Brennpunkt“ muss ein Viertel mit einer guten Bevölkerungsstruktur - dazu gehören preiswerte Wohnungen ebenso wie Reihenhäuser für junge Familien - entgegengesetzt werden. Die vorgefundene Landschaft muss miteinbezogen werden und allen Einwohnern zur Erholung zur Verfügung stehen. Die zusätzlichen Verkehrsströme müssen bewältigt werden, wir gehen nicht von einer Autoarmut des Gebietes, wie andere Fraktionen aus, sondern legen eine für den Stadtrand realistische Betrachtung des Autoverkehrs zu Grunde. Besonders werden wir darauf achten, dass keine seelenlose Finanzinvestoren-Architektur etabliert wird, sondern optisch ansprechende Gebäude entstehen. Die hohe Wohnqualität unseres Bezirkes soll auch in diesem Stadtteil erlebbar sein. Eine Durchgrünung des Viertels, das eine Brücke zwischen Stadtgrenze und Thermometer-Siedlung bilden muss, ist für uns sehr wichtig. Das Ergebnis der Planung darf kein Fremdkörper in Lichterfelde sein, sondern muss sich harmonisch einfügen.
Torsten Hippe
Im Oktober 2012 kaufte die Groth Gruppe „Parks-Range“ für durchschn. ca. 10,00 Euro/qm, der heute mind. 300,00 Euro/qm als Bauland kostet. Von 96 ha sollen eine mit 57 ha zusammenhängende, naturnahe Parklandschaft und 39 ha für 5 Wohnquartiere, Gemeinbedarfsflächen und Mischnutzungen für ca. 2.500-2.800 Wohnungen, davon ca. 450 Reihenhäuser nebst Infrastruktur eines neuen Stadtteils gebaut werden. Für 57 ha der zu ca. ¼ bewirtschafteten „Weidelandschaft“, beabsichtigen die GRÜNEN ein nur bei Tageslicht zugängliches „Freiluftmuseum“ zum Schutz von Flora und Fauna. Menschen sollen das umzäunte Projekt nur durch 4 - 5 kontrollierte Zugänge betreten dürfen. Die eigentlich „störenden“ Menschen sollen von „Rangern“ betreut werden. Der BVV-Beschluss, der eine ungehinderte Durchwegung für die Bürger verlangt, wird vom Umweltamt (GRÜNEN Stadträtin M. Schellenberg) ignoriert. Das Gelände hätte längst nach §§ 35 ff NatSchG-Bln als Wald für die Öffentlichkeit geöffnet werden müssen. Ob dies eine Taktik ist, um den B-Plan ohne Klage passieren zu lassen, ist offen. Das Projekt gründet auf einer Ideologie, wonach Natur schützenswert und Menschen naturzerstörerisch sind. Daher sollen die Menschen von den potentiellen Frei- und Erholungsflächen ausgesperrt werden. – Nicht mit uns! Es kommt auf einen integrierenden und nicht ausgrenzenden Ansatz an.
Volker Semler
Berlin braucht Platz: Platz für seine Menschen. Auch in Steglitz-Zehlendorf leben immer mehr Menschen. Sie brauchen Wohnraum, der bezahlbar ist - etwa über Genossenschaften, die günstige Mieten langfristig sichern können! Menschen brauchen Natur. Unser Bezirk bietet viel Natur, die wir erhalten müssen. Dafür stehen wir Grünen: für einen Bezirk, in dem wir gut miteinander leben können – und mit der Natur! Dafür wollen wir auch in Lichterfelde Süd sorgen, wo eines der größten Neubau-Quartiere Berlins entsteht. Und wo in den vergangenen Jahrzehnten viele seltene Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum gefunden haben. Unser neues Stadtquartier braucht einen guten Schulstandort, der auch außerhalb der Unterrichtszeiten zur Nutzung einlädt; es braucht eine gute Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten, Begegnungsorte, Naherholungsgebiete – und den Erhalt der seltenen Natur- und Weidelandschaft, die weit über unsere Stadt hinaus für ihre Einzigartigkeit bekannt ist. Wir Grünen kämpfen für eine Stadterweiterung, die sozial- und umweltverträglich ist - damit unser Bezirk lebenswert bleibt: Heimat für alle mit Grün und mit Charme!
Doris Manzke-Stoltenberg
„Mit Eigenheimen lässt sich kein Geld verdienen“, raunte ein SPD-Immobilienlobbyist in der Pause einer Ausschusssitzung. Klar: Keine Hausverwaltung, keine Mitglieder für den Mieterverein, keine Kunden für die Sozialindustrie und kein SPD-Wählerpotenzial. Das Neubauviertel vom SPD-Großspender, der Groth-Gruppe, sah eine gute Durchmischung vor: „ein moderner Wohnungsmix aus Doppel- und Reihenhäusern sowie Geschosswohnungsbau“. Doch auf Druck der SPD wird die Zahl der Eigenheime immer geringer. Die SPD bemüht sich intensiv davon abzulenken und fordert Seniorenspielplätze, Parkbänke und Beleuchtungen für Lichterfelde Süd. Wohlwissend, dass diese nicht finanziert werden können. Der Bezirk kann nicht einmal seinen Bestand pflegen. Die Bürger wissen sehr wohl, was um sie herum geschieht: Die grenzenlose Aufnahme von überwiegenden Wirtschaftsflüchtlingen und der Abschiebestopp des Senats führen u.a. zum Kampf auf dem Wohnungsmarkt und dem Kampf auf dem Arbeitsmarkt durch Billigkonkurrenz. Zahlreiche Bürger wehren sich und organisieren sich. Doch aufgepasst: die Sozialdemokraten setzten sich hier gerne an die Spitze und lullen die Leute ein.
Peer Döhnert
Die Arbeiten am Bebauungsplan für das Gelände Parks Range gehen in eine entscheidende Phase. Die Vorentscheidungen für ein von allen akzeptiertes neues Wohnquartier in Lichterfelde Süd müssen jetzt getroffen werden. Die FDP sieht noch Handlungsbedarf. Das letzte Wort zum Schulstandort ist für uns noch nicht gesprochen. Derzeit soll das Schulgelände unmittelbar neben der S-Bahn Trasse liegen, ein Unterricht bei geöffneten Fenstern ist da kaum möglich. Auch zur Unterbringung eines Nahversorgers haben wir noch Gesprächsbedarf. Die FDP hält es für erforderlich, den Anteil der Einfamilien- und Reihenhäuser zu erhöhen. Wir setzen uns für einen ausgewogenen Mix aus bezahlbaren Mietwohnungen und anderen Wohnformen ein. Einen entsprechenden Antrag haben wir in die BVV eingebracht. Größtes Problem bleibt weiterhin die Verkehrserschließung. Die Zählgemeinschaft hat den Wunsch nach einem weiteren Verkehrsgutachten blockiert. Sie meint wohl, mit der Optimierung von ein paar Ampelschaltungen sei das alles zu lösen, so auch ein Gutachten, dessen Ausgangszahlen schon überholt sind. Auch die vorgeschlagene Anbindung mit Bussen bedarf der Verbesserung. In den weiteren Beratungen wird die FDP die geschilderten Punkte weiter verfolgen.
Rolf Breidenbach
Die Weidelandschaft in Lichterfelde Süd hat enormen naturschutzfachlichen Wert! Der Sachverständigenbeirat für Naturschutz und Landschaftspflege hat mehrfach darauf hingewiesen und schon 2010 empfohlen, „… Weidelandschaft und die Waldflächen als Landschaftsschutzgebiet zu sichern…“ In einem vom Bezirk bestellten Gutachten wurde 2012 klargemacht, dass im Sinne von Natur- und Artenschutz nur 16 ha bebaut werden dürfen und weitere 11 ha bedingt.
Diese Fachkompetenz wird von Schwarz-Grün ignoriert. Laut „Masterplan“ des Bezirksamtes soll die Groth-Gruppe 2018 mit dem Bau von über 2500 Wohnungen beginnen. Unter Federführung der Zählgemeinschaft wurde Groth ermächtigt, sich über alle Gutachten hinwegzusetzen. Die Konsequenz wird ein gravierender Umweltfrevel sein. Der „Masterplan“ sieht auch vor, neben der Bahntrasse eine neue Schule zu errichten, obwohl gerade dieser Standort wegen des Lärms völlig ungeeignet ist. Die stets wiederholte Forderung nach guter Bildung wird hier dem Profitinteresse des Investors untergeordnet. Das Grundgesetz scheint für Groth, CDU und Grüne nicht zu gelten. Dort heißt es: Eigentum verpflichtet.
Eberhard Speckmann
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