Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Januar 2017
Die Einsparungen in den Senats- und Bezirksverwaltungen Berlins haben in den letzten 25 Jahren nicht nur personelle Engpässe sowie einen Investitions- und Sanierungsstau zur Folge gehabt, sondern auch die Notwendigkeit einer umfassenden, strukturellen und technischen Modernisierung der Verwaltungsarbeit offenbart. Nachfolgend formulieren die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf ihre Vorstellungen und Erwartungen zu diesem Themenkomplex.
Im Wahlkampf haben wir die Verbesserung der Personalsituation in der Bezirksverwaltung angekündigt, diese nehmen wir nun in Angriff. Die Gründe für die teils mangelhafte Stellenbesetzung im Bezirksamt sind vor allem die von Sparzwängen geprägte Personalpolitik des Senats der letzten Jahre und die teils zu lange Dauer von Stellenbesetzungsverfahren. Dadurch ist die Belastung der Mitarbeiter in der Bezirksverwaltung mittlerweile zu hoch. Wir werden alles daran setzen, die gut ausgebildeten Mitarbeiter im Bezirk zu halten und zu motivieren sowie freie Stellen schnell mit fachkundigem Personal zu besetzen. Besonders wichtig ist der IT-Bereich. Hier werden in den kommenden Jahren durch das E-Government-Gesetz große Veränderungen auf die Verwaltung zukommen. Daher ist eine funktionierende IT-Technik und die damit verbundene Arbeitserleichterung für Bürger und Verwaltung in unserem Bezirk ein wichtiges Ziel.
All diese Maßnahmen kommen den Bürgerinnen und Bürgern des Bezirks zugute und werden dazu beitragen, die Zufriedenheit mit dem Bezirksamt zu erhöhen.
Torsten Hippe
Wir brauchen eine gute Verwaltung, weil wir unseren Bezirk sozial gestalten und den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden wollen. Ziel der Verwaltungsmodernisierung ist es deshalb, die Arbeit zu optimieren, um lange Wartezeiten in den Bürgerämtern, überlastete Mitarbeiter und unübersichtliche Verfahren zu vermeiden, mehr Kundenfreundlichkeit und Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Dafür müssen Verwaltungsabläufe vereinfacht und mit Hilfe der Informationstechnik beschleunigt werden. Die Onlineantragstellung und die IT-gestützte Bearbeitung soll daher die Regel sein und die Erreichbarkeit der Behörden effektiv organisiert werden. Konkret unterstützen wir im Bezirk ein Pilotprojekt zur Einführung des E-Government (EGovGBln), damit Personal- und Finanzmittel gezielt und schneller nach Steglitz-Zehlendorf gelangen. Damit die Verwaltung wieder ein attraktiver Arbeitgeber werden kann, wollen wir die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und die Vergütungen verbessern, Einstellungsverfahren beschleunigen und das Personal in ausgewählten Bereichen gezielt verstärken.
Wir haben viel vor – und wir können das!
Volker Semler
Aus bündnisgrüner Sicht soll Verwaltung engagierte Beschäftigte haben, flexibel reagieren können und gut ausgestattet sein. Denn die Verwaltung im Bezirk ist und bleibt der erste Ansprechpartner für die Bürger*innen. Um diese Ansprüche umzusetzen, wollen wir die Verwaltung stärken: Mit nachhaltiger Personalentwicklung, moderner Technik und einer Arbeitsorganisation, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht. Ein wichtiger erster Schritt ist eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung der Bezirksverwaltung durch den neuen Senat. Wir setzen uns für mehr Auszubildende ein, aber auch für die Einstellung engagierter Quereinsteiger. Dabei setzen wir auf einheitliche Stellenbewertungen mit den anderen Bezirken. Für die Menschen, die in der Verwaltung arbeiten, sollen flexible Arbeitszeitmodelle gefunden werden. Damit steigern wir die Attraktivität des öffentlichen Dienstes und die Motivation und das Engagement der Beschäftigten. Last but not least ist uns wichtig, dass die Menschen durch eine moderne IT-Technik unterstützt werden. Einige PCs stammen tatsächlich noch aus dem letzten Jahrhundert! Die flächendeckende Einführung der E-Akte ist unser Ziel.
Rena Peterson-Quander
Heute steht die Informationstechnologie (IT) in jeder Organisation im Mittelpunkt. Nur sie ermöglicht die Produktivität der Mitarbeiter, hier liegen die Ressourcen. Im Bezirksamt ist das nicht der Fall: Veraltete Technik beherrscht den Arbeitsalltag. Nehmen wir an, dass nur die Hälfte der über 2.000 Mitarbeiter täglich eine Stunde durch Störungen der EDV und IT untätig sind: der Drucker geht nicht, das System hängt, die Datei lässt sich nicht öffnen, das Netz ist weg, es geht viel zu langsam, der Drucker geht immer noch nicht. Setzen wir 50 Euro pro Arbeitsstunde an, macht das bei 1.000 Mitarbeitern 50.000 Euro am Tag, mehr als eine Million Euro im Monat, 12,5 Millionen Euro im Jahr. Gehalt das bezahlt wird, ohne Gegenleistung für den Bürger. Schlimmer noch, die Frustration der Mitarbeiter steigt, die Leistungsbereitschaft nimmt ab. Die IT muss daher als Stabstelle direkt der Bezirksbürgermeisterin zugeordnet werden. Sie hat oberste Priorität. Gleichzeitig wird die Entwicklung des Betriebsklimas, des Krankenstands, der Grad der Stellenbesetzung erfasst und intern veröffentlicht. Sich verbessernde Werte werden sich positiv auf die Motivation der Mitarbeiter auswirken.
Peer Lars Döhnert
Die Modernisierung der Verwaltung ist eine Daueraufgabe. Sie hat zum Ziel: 1. nicht monatelang auf einen Termin warten zu müssen, 2. auf die demografische Entwicklung des Personals zu reagieren (in den nächsten fünf Jahren geht ein Drittel in Rente), 3. das Arbeiten in der Verwaltung attraktiver zu machen, 4. Möglichkeiten moderner Technik zu nutzen, 5. finanzielle Mittel effizienter einzusetzen, 5. Standortvorteile für Steglitz-Zehlendorf zu schaffen und 6. Belastungen durch Behördengänge für Bürger und Gewerbetreibende zu reduzieren.
Die FDP hat daher einen Antrag im Dezember 2016 in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht, Steglitz-Zehlendorf zu einem Pilotbezirk für elektronische Bürgerdienstleistungen zu machen, da der Senat ein entsprechendes Projekt beschlossen hat. Unser Bezirk hat gute Chancen ausgewählt zu werden. Der klassische Gang zum Bürgeramt sollte zur Ausnahme werden, denn das Einsparpotential ist enorm, alleine durch digitale „An-, Ab- und Ummeldungen des Wohnsitzes“ können im Jahr in Berlin bis zu 100.000 Bürgeramtstermine eingespart werden.
Kay Ehrhardt
Das Rückgrat der Berliner Verwaltung sind ihre Mitarbeiter_innen. Bevor die Verwaltung überhaupt modernisiert werden kann, müssen zunächst die vielen offenen Stellen in der Bezirks- und Landesverwaltung qualifiziert besetzt werden. Wartezeiten in Bürgerämtern sind lästig, in Jugendämtern sind sie unter Umständen sogar kindeswohlgefährdend!
Die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes muss unbedingt gesteigert werden, um die dringend benötigten Auszubildenden und Fachkräfte zu gewinnen. Über das Service-Portal Berlin und die Service-App Berlin müssen Verwaltungsdienstleistungen online erledigt werden können, z. B. die Anmeldung im Bürgeramt. Auch eine „Statusverfolgung“ eines Anliegens - ähnlich wie beim Versenden eines Pakets bei der Post - muss möglich sein.
Die LINKE. setzt sich z. B. dafür ein, dass bei der Beantragung eines Personaldokuments per SMS oder E-Mail mitgeteilt wird, wann das Dokument im Bürgeramt abgeholt werden kann. Das spart unnötige Wege für die Bürger_innen und zusätzlichen Aufwand im Bezirksamt ein. Die Verwaltung muss für die Menschen da sein, ob vor Ort im Rathaus, telefonisch oder digital per E-Mail!
Gerald Bader
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