Gazette Verbrauchermagazin

Entwicklung und Pflege des Grunewald-Seengebietes

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Schlachtensee
Schlachtensee
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Mai 2018

Seit längerer Zeit wird das Thema der Entwicklung und Pflege des Grunewald Seengebietes zwischen Schlachtensee und Grunewaldsee sowie die Erarbeitung von Konzepten und Lösungsansätzen hierzu in der Bezirksverordnetenversammlung diskutiert. Über die Notwendigkeit des Projekts ist man sich im Grundsatz einig. Allerdings ist die weitere Herangehensweise in dieser Angelegenheit zwischen den Fraktionen strittig. In den folgenden Beiträgen stellen die Fraktionen in der BVV Steglitz-Zehlendorf ihre unterschiedlichen Sichtweisen dar.

CDU-Fraktion

Die Bewahrung des ökologischen Wertes des Gebietes zwischen Schlachtensee und Grunewaldsee ist Voraussetzung dafür, dass auch in Zukunft unterschiedliche Nutzergruppen, Fußgänger, Radfahrer, Jogger, Badende, Hundehalter, Familien, Jugendliche, Senioren usw. diese Seen genießen können. Die Beachtung von Nutzungsregelungen, gegenseitige Rücksichtnahme und Dialog ist dabei notwendig und entscheidend. Auch den Anwohnern steht zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten ein Recht auf Erholung zu. Die CDU-Fraktion hat daher in der BVV die Drucksache 0471/V zur Entwicklung und Pflege dieses Gebietes durch die Einrichtung von Workshops unter Beteiligung aller maßgeblichen Nutzergruppen unterstützt. Bereits in der Vergangenheit hat sich die CDU-Fraktion dafür stark gemacht, die Nutzung des Seengebietes auf eine breite Basis zu stellen. Die Rechte des Einzelnen enden da, wo die Belange anderer betroffen sind. Aus diesem Grund hat die BVV auf Initiative der CDU-Fraktion beschlossen, dass Mitarbeiter des Ordnungsamts mit Fahrrädern täglich Patrouillen-Fahrten durchführen - und dabei sämtliche Ordnungswidrigkeiten, insbesondere Grillen, Vermüllen, fehlerhaftes Führen von Hunden sowie das laute Musik hören ahnden sollen (Ds. 204/IV).

Jens Kronhagel

SPD-Fraktion

Spaziergänge, Sport und Spiel – umsonst und draußen. Muße genießen und Muskeln trainieren. An den Grunewaldseen ist beides möglich: Naturschutz u n d Naherholung. Wer will, dass das künftig so bleibt, muss sich schleunigst um die Seengebiete zu kümmern. Wir wollen das und haben deshalb schon 2016 gefordert, einen BVV-Sonderausschuss einzusetzen. Weil es Aufgabe der gewählten Bezirksverordneten ist, konkrete Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung dieser besonderen Seenlandschaft zu erarbeiten und die sehr unterschiedlichen Nutzungsinteressen in eine gute Balance zu bringen. FDP und Linke ziehen gemeinsam mit uns an diesem Strang. Aber CDU und Grüne bremsen uns leider seit über einem Jahr aus. Die Zählgemeinschaft hat ihre Energie vor allem darauf verwandt, den Sonderausschuss zu verhindern. Weil sie die Mehrarbeit scheut? Weil es fraglich ist, ob die Ergebnisse am Schluss allen schmecken? Mag ja sein. Aber deshalb diese Aufgabe gar nicht erst anzupacken wäre ein Armutszeugnis für die BVV und eine Entmutigung für alle, die sich dafür einsetzen, dass die Seen im Südwesten nicht vor die Hunde gehen.

Ulrike Wöhning

B‘90/Grünen-Fraktion

Der Weg ist frei für die Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit bei der Neugestaltung des genauso beliebten, wie „umkämpften“ Naherholungsgebietes. Nachdem wir schon seit 2014 verstärkt auf die Problematik der Übernutzung an den Seen hinweisen, hat unser Bezirksparlament auf Antrag der „Grünen Fraktion“ entschieden, dass das Bezirksamt mit Nutzervertretern und Sachverständigen sowie den zuständigen Ämtern und Landeseigenen Betrieben, Workshops zur Konzepterarbeitung durchführen wird. So wird gewährleistet, dass alle Nutzungsinteressen in eine Natur- und menschenfreundliche Balance gebracht werden. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Verbesserung der Infrastruktur (Wegesystem, Badestellen, Toiletten), der Nutzerinformationen, sowie auf der Minimierung von Nutzungskonflikten und der Sicherung des Naturschutzes. Das Grünflächenamt sowie der Naturschutz, unter politischer Leitung unserer Stadträtin Maren Schellenberg, werden Sie dazu gerne einladen. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen liebe Bürgerinnen und Bürger, für einen entspannten Aufenthalt an den Seen zusammenarbeiten zu können.

Hajö Henning

AfD-Fraktion

Nun ist es entschieden: zur touristischen Erschließung des Seengebiets Grunewald sollen die verschiedenen Interessengruppen in einem Workshop zusammenfinden. Ursprünglich wollten SPD, FDP und Linke dafür einen Sonderausschuss einsetzen. Der ist aber von CDU, Grünen und AfD abgelehnt worden, weil er sehr formell arbeitet und für die Zusammenführung von Ideen eine denkbar schlechte Arbeitsform ist. Der AfD ist es wichtig, dieses Thema typisch berlinerisch anzugehen: „Mit Herz und Schnauze“ – mit und ohne Hund. Leben und leben lassen! Ein umfassendes Konzept soll erarbeitet werden, das Wanderer, Radfahrer, Badegäste, Wassersportler, Pferdefreunde und Hundebesitzer einbezieht und allen ihren Freiraum zur verdienten Erholung bietet. In dieses Konzept ist auch die Halbinsel Wannsee einzubeziehen: Der Fernsehturm auf dem Schäferberg kann als Aussichtspunkt dienen. Rad- und Wanderwege am Ufer erschließen die Gegend. Dies wäre eine sehr sinnvolle Verlängerung von der Glienicker Brücke am Nordufer des Griebnitzsees bis zum Stölpchensee.

Peer Döhnert

FDP-Fraktion

Kaum beginnt die Saison an den Seen im Bezirk, sind die bekannten Probleme in unterschiedlicher Intensität wieder da. Dank der Zählgemeinschaft ist ein Jahr ungenutzt ins Land gegangen. FDP und SPD hatten sich schon kurz nach Beginn der Wahlperiode für einen Sonderausschuss der BVV stark gemacht, der die Probleme insbesondere rund um den Schlachtensee, wie Jugendliche, die nachts grillen und Musik hören, Hunde, die immer noch unangeleint mit an die Seen genommen werden, und Fahrradfahrer wie Jogger, die nicht ausreichend Rücksicht auf die Spaziergänger nehmen, angehen sollte. Dies ist von CDU und Grüne abgelehnt worden. Stattdessen sollen es nun Workshops, getreu dem Spruch „wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis“ richten, bei denen die gewählten Vertreter aus dem Bezirk Teilnehmer unter vielen sind. Selbst wenn zu den Workshops bald erste Einladungen ergehen, werden diese nicht vor dem Ende der Saison Ideen und Vorschlägen erarbeitet haben, die dann auch noch der Umsetzung bedürfen. Die FDP wird sich in den Workshops dafür einsetzen, dass ein Ausgleich zwischen allen Interessen gefunden wird.

Rolf Breidenbach

Linksfraktion

Das Grunewald-Seengebiet ist ein wichtiges Naherholungsgebiet, das zudem Chancen für den Tourismus bietet. Zwischen Anwohner*innen, Ruhesuchenden, Sportler*innen, Gewerbetreibenden, Jugendlichen und anderen Nutzer*innen ist in den letzten Jahren nicht immer ein Interessensausgleich gelungen. Rund um die Seen bestehen Konflikte, die moderiert und geklärt werden müssen. Nur so kann es zu guten Lösungen kommen, die zugleich dem Schutzraum von Wildtieren und der ökologischen Bedeutung des Gebietes Rechnung tragen. Die Linksfraktion Steglitz-Zehlendorf hat deswegen den Antrag der SPD-Fraktion für einen Sonderausschuss „Entwicklung und Pflege des Grunewald-Seengebiets“ unterstützt. Bürger*innen, Expert*innen und Politik hätten so gemeinsam nach guten Ideen suchen können. Die schwarz-grüne Bezirksregierung hat dieses Ansinnen abgelehnt. Stattdessen werden nun Workshops des Bezirksamtes geplant und so sprichwörtlich das Pferd von hinten aufgezäumt. Dabei liegt es in der Verantwortung der Bezirksverordnetenversammlung, ein Gesamtkonzept zu entwickeln und Verwaltungshandeln anzuregen. Die Linksfraktion steht dafür weiterhin bereit.

Hans-Walter Krause

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