Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal April/Mai 2017
Ob man mit dem Schiff auf der Havel schippert oder im Auto auf der Havelchaussee fährt – der 55 Meter hohe Grunewaldturm überragt die Baumwipfel und ist nicht zu übersehen. Aber auch vom Turm selbst ist die Aussicht phänomenal. Weit über Wald und Wasser hinweg kann man die Augen in 36 Metern Höhe von der Aussichtsplattform aus schweifen lassen.
Begonnen wurde der Bau des Turms im Grunewald – genauer auf dem höchsten Punkt des 78,5 Meter hohen Karlsbergs – im Jahr 1897. Der Beschluss des Landkreises Teltow fiel aufgrund des 100-jährigen Geburtstages von Kaiser Wilhelm I. – bis 1871 preußischer König Wilhelm I. Dieser war allerdings 1888 verstorben und erlebte den Turmbau nicht mehr. Sein Sohn Wilhelm II. genehmigte den Entwurf des Architekten Franz Schwechten. Von ihm stammen auch die Entwürfe für die Schultheiss-Brauerei an der Schönhauser Allee und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Zoo. Nach der Rodung des künftigen Bauplatzes konnte man im Sommer 1897 mit dem Bau beginnen. Im März 1899 war der Turm fertig gebaut, am 9. Juni des gleichen Jahres feierte man die Einweihung der neuen Attraktion im Grunewald.
Der Turm im Stil der märkischen Backsteingotik ist mit Türmchen, Giebelchen und Spitzbogenfenstern verziert. Zwei Wappen schmücken ihn – zum einen der rote Adler Brandenburgs und der schwarze preußische Adler. Die Inschriften „Koenig Wilhelm I. zum Gedaechtniss“ – womit man sich auf Wilhelm I. als preußischen König bezog – und „Der Kreis Teltow baute mich 1897“ erinnern an den Geehrten und die Initiatoren des Turms. Die Turmspitze befindet sich 86 Meter über dem Wasserspiegel der Havel. Über dem Podest, in dem ein Restaurant untergebracht ist, ist die Ehrenhalle. In ihr ist ein großes Marmorstandbild von Kaiser Wilhelm I. zu sehen. An den Wänden wurden eiserne Reliefplatten befestigt mit den Portraits der Feldherren Roon und Moltke, des „Eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck und Prinz Friedrich Karl, zu dessen Ehren der Berg „Karlsberg“ heißt. Die aufwändigen Mosaike an den Decken wurden von August Oetken entworfen. Der Name des Turms war anfangs Kaiser-Wilhelm-Turm, im Volksmund auch Kaiserturm oder Wilhelmturm. Seit dem 15. September 1948 wird er offiziell als Grunewaldturm bezeichnet. Der Grunewaldturm steht unter Denkmalschutz.
Im Oktober 2007 musste der Turm für Besucher gesperrt werden, der Grund waren marode Treppenstufen. Im Zuge der Sanierung kamen immer mehr Bauschäden ans Tageslicht, so dass sich die Arbeiten bis 2011 hinzogen. Seitdem kann der Grunewaldturm wieder besucht werden und allen, die 3,- Euro Eintritt entrichten und die 204 Stufen bis zur Aussichtsplattform tapfer erklimmen, können den wunderbaren Ausblick über Fluss und Wald sowie den Anblick der Silhouette der Stadt genießen. Geöffnet ist der Turm an der Havelchaussee 61, 14193 Berlin, täglich ab 10 Uhr.
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