Erschienen in Wannsee Journal Juni/Juli 2017
Zu den wenigen Bezirken, die keine Jugendkunstschule haben, gehörte lange Zeit der Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Umso größer war die Freude, als im Mai 2016 endlich die Gründung mit der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages zwischen Bezirksamt und Senat durch Oberschulrätin Marion Friebel und die damaligen Bezirksstadträtinnen Cerstin Richter-Kotowski und Christa Markl-Vieto besiegelt werden konnte, für die neue Bezirks-Jugendkunstschule „YouKunst“ auf dem Steglitzer Albert-Schweitzer-Campus Am Eichgarten 14. 1958 war die Anlage ursprünglich als Jugendfreizeiteinrichtung eröffnet worden.
„Es ist unser Ziel, die Beste zu werden“, betonte Markl-Vieto damals. – Doch das braucht wohl seine Zeit, denn fast ein Jahr später findet noch immer kein Kunstbetrieb in den Räumen statt, die YouKunst liegt noch in den Wehen. Für die Handwerker bleibt einiges an Geburtshilfe zu tun, bis der zukünftige Kunst-Campus mit seinen Angeboten für Schülerinnen und Schüler seine Türen öffnen und seine neu geborene Talentschmiede präsentieren kann.
„Wir liegen in der Zeit und im Plan. Die Schadstoffsanierung ist abgeschlossen, die Container sind weg, jetzt läuft die Umbauphase“, erklärt Henning Harms zuversichtlich, der zusammen mit seiner Kollegin Bettina Tscheslog während der aktuellen Gründungsphase die Leitungsstelle der YouKunst innehat. Während er für die Oberschulen zuständig ist, betreut Bettina Tscheslog die Grundschulen. Die beiden Kunstpädagogen, die auch als erfahrene Schulberater immer dicht an der Materie und der Lehrerfortbildung sind, haben das Konzept dazu in vielen Planungsstunden nach dem Berliner Modell engagiert entwickelt und gezielt Fach-Angebote für die Werkstätten erstellt: Denn ein Großteil der über 50 Bezirksschulen besitzt deutliche Defizite in handwerklicher und technischer Ausstattung. Die werden hier zukünftig an zentraler Stelle in einer Art „Talentschuppen“ aufgefangen, in dem Schüler Räume und Ausstattung finden, die sie in ihrer Schule vermissen und die ihnen im Schulalltag an diesem Ausweichort bessere Möglichkeiten zur kreativen Entfaltung bieten werden. Zweckgebunden finanziell unterstützt wird das Projekt vom Senat und aus dem Haushaltsetat des Bezirks.
„Wichtig für einen dauerhaften Erfolg ist aber auch die gute Vernetzung, Kooperation und Zusammenarbeit mit den Schulen“, weiß Bettina Tscheslog, die – wie ihr Kollege – den politischen Auftrag, den sie aus dem Bezirksamt bekommen hat, sehr ernst nimmt: einen Ort der künstlerischen Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Dies zu realisieren, sind beide unterwegs, um viele Schulen mit diesem zukunftsweisenden bunten Angebot zu erreichen und dafür zu begeistern.
Genügend Raum werden die Schülerinnen und Schüler während der Schulzeit dann in sechs überwiegend barrierefreien Gebäudeteilen des Campus finden, die jeweils einem Themenbereich gewidmet sind: So werden in der Werkstatt für Plastik und Keramik Gruppen mittlerer Größe Grundausstattung mit Brennofen vorfinden und den anschließenden Innenhof bei Bedarf mit nutzen. In der Holzwerkstatt nebenan wartet eine Ausstattung für Arbeiten im Bereich Architektur/Design-Modellbau. Werkzeuge für die Bearbeitung von Holz, Kappa-Platten und Pappen liegen bereit. Aber auch für Bewegungsfreude wird gesorgt sein: Da ist die lichtdurchflutete 95-Quadratmeter-Halle mit Spielfeld, Geräteraum und Sportmatten, in dem Tanz und sportliche Bewegung auf dem Programm stehen werden. Ebenerdig gelangt man von ihr in den großzügigen rund 1000 Quadratmeter großen Garten, der als Freiluftatelier schon heute vielfältige Ideen zur künstlerischen Nutzung weckt. Dazukommen soll eine Werkstatt, in der Druck-, Textil-, Mappen- und Digitales Atelier sowie ein Foto-Studio untergebracht sind. Und dann ist da noch der rund 240 Quadratmeter große, multifunktional von der Ausstellung bis zur Theaterveranstaltung nutzbare Theatersaal, ausgestattet mit Bühne, Parkett, Beleuchtungs- und Medienanlage. Gemeinsame Projekte unter Beteiligung aller sechs Werkstätte umzusetzen und einmal vielleicht sogar Schüler verschiedener Schulen zusammenbringen, das dürfte das reizvolle Ziel dieses Projektes sein.
Während der Vormittag überwiegend für Schulen und Künstler reserviert sein wird, werden die Nachmittage dem Freizeitbereich vorbehalten sein, in dem Schulen ebenso anzutreffen und willkommen sind wie Kinder aus dem Umkreis des Campus.
Während der Ferien sind spannende Workshops für die Daheimgebliebenen geplant.
Auch wenn in den Räumen des YouKunst Campus derzeit nur die Handwerker kreativ sein können, bereits während der Übergangsphase hat sich im Projekt einiges getan: An u. a. Pestalozzi-, Nord- und Beethoven-Schule fanden – auch in den Willkommensklassen – bereits Kurse mit Honorarkräften zu Themen wie Picasso, Ornamentik und Wandmalerei statt, die viel Begeisterung weckten. Sie und weitere Honorarkräfte werden begleitend auch nach der Eröffnung am Eichgarten den Schülern künstlerisch und professionell zur Seite stehen.
Kooperativ einbezogen in ihre Projekte werden von der YouKunst außerdem renommierte Kunsteinrichtungen wie beispielsweise das Kunsthaus Dahlem, das Brücke-Museum, das Museum Berggruen und der Botanische Garten.
Dass dies – hoffentlich noch vor diesem Sommer – in den neuen Räumen des YouKunst Campus vervollkommnet und realisiert werden kann, nicht nur das wünschen sich Brigitte Tscheslog und Henning Harms: Um die neugeborene YouKunst auf sichere Füße zu stellen, erhoffen sie sich für die Schülerinnen und Schüler eine sichere Co-Finanzierung durch das Bezirksamt sowie die Weiterführung des so erfolgreichen Berliner Modells – und eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb ihres Netzwerks Schule.
Weitere Informationen unter www.youkunst.de
Jacqueline Lorenz
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